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Eine andere Welt wird nur möglich, wenn sich möglichst viele Menschen zusammenschließen und persönlich dafür einsetzen. Eine andere Welt wird nur möglich, wenn sich möglichst viele Menschen zusammenschließen und persönlich dafür einsetzen.

10 Schritte für die Welt

Schwerpunkt

Die gegenwärtige Krise ist auch eine Krise des gegenwärtigen Modells der Globalisierung. Jetzt bestünde die Chance, das Ruder herumzureißen.

Wachsende Ungleichheit und Instabilität, Hunger, Migration und Klimawandel zeigen, dass sich liberalisierte Finanzmärkte und Freihandel nicht bewährt haben. Welche Bereiche bedürfen dringend der politischen Umsteuerung?

1. Demokratische Banken

Die Umwandlung der Finanzmärkte von einem dem Gemeinwohl dienenden Sektor hin zu einer gewinnorientierten globalisierten Industrie war eine Fehlentwicklung: Sie hat nicht Effizienz und Massenwohlstand gebracht, sondern Instabilität, Ungleichheit und sogar Hunger, weil Fonds mit Nahrungsmittel- und Energiepreisen spekulieren. Geld muss wieder zu einem öffentlichen Gut werden und Banken sollten auf ihre Kernfunktion reduziert werden: die Umwandlung von Spar- in Kreditgeld. »Demokratische Banken«, die verfassungsmäßige Ziele verfolgen, von der Regierung unabhängig sind und von der Bevölkerung kontrolliert werden, könnten diesen Auftrag erfüllen.

2. Finanztransaktionen besteuern

Derzeit laufen sämtliche Finanztransaktionen über nur drei (!) private Clearingstellen in Belgien und Luxemburg. Um grenzüberschreitende Kapitaltransaktion zu besteuern, bräuchten die Clearingstellen lediglich die Steuer auf die schon jetzt bei jeder Transaktion abgebuchte Gebühr draufschlagen.

3. Steueroasen trocken legen

Da alle Banken bei Clearingstellen Konten einrichten müssen, wäre es leicht, Steueroasen trocken zu legen, indem Geldinstitute, die auf Steueroasen sitzen, kein Konto bei den Clearing-Banken mehr erhalten. Aus beiden Gründen - Transaktionssteuer und Kontovergabe - wäre es sinnvoll, den grenzüberschreitenden Kapitalverkehr unter öffentliche Kontrolle zu bringen.

4. Weltreservewährung statt Dollar

Die Rolle des US-Dollars als Weltleitwährung nützt den USA und schadet allen anderen. Die USA können sich auf Kosten aller anderen verschulden und Öl in der eigenen Währung kaufen. Eine faire Alternative wäre, dass eine Weltreserve- oder Handelswährung geschaffen wird, zu der alle Landeswährungen kontrolliert auf- und abwerten, je nach ihrer realwirtschaftlichen Entwicklung. Das ergäbe Planungssicherheit und globale Stabilität. Während sich die politischen Eliten der EU über diese Idee von John Maynard Keynes in Stillschweigen üben, macht sich die UN-Expertenkommission zur Lösung der Finanzkrise dafür stark.

5. Fairer Handel statt Freihandel

Kein Land ist historisch durch Freihandel groß geworden. Alle heutigen Handelsmächte haben sich in ihrer Entwicklungsphase »protektionistisch« verhalten. Jetzt verlangen sie von den noch nicht konkurrenzfähigen armen Ländern die Öffnung ihrer Grenzen. Doch zwischen Starken und Schwachen steht von vornherein fest, wer gewinnt und wer verliert. Das ist ein wichtiger Grund dafür, warum in den 1990er-Jahren in fast 60 Ländern das Pro-Kopf-Einkommen gesunken ist. Diejenigen Länder, die sich nicht an die Freihandelsdoktrin der WTO oder des IWF gehalten haben, wie die südostasiatischen Tigerstaaten oder China, sind die einzigen, die in den Vorjahren ein wenig zu den reichen Ländern aufschließen konnten. So, wie diese Länder sollten alle Länder sich mit der Geschwindigkeit öffnen dürfen, wie es ihrer Entwicklung am zuträglichsten ist.

6. UNCTAD statt WTO

Auf Druck der Industrieländer wurde 1995 die WTO außerhalb der UNO gegründet, um keine Rücksicht auf Menschenrechte, Umweltschutz, Ernährungssicherheit, Gesundheitsvorsorge, Arbeitsrechte oder kulturelle Vielfalt nehmen zu müssen. Heute werfen immer mehr UN-Organisationen den WTO-Regeln Menschenrechtswidrigkeit vor. Es wäre gerechter, die Handelsregeln in der UNO mit den schon bestehenden Abkommen abzustimmen. Dort gibt es schon seit 1964 eine Organisation, welche die Erstellung gerechterer Handelsregeln vornehmen könnte: die Organisation der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung UNCTAD, die Handel nur als Mittel sieht für das wichtigere Ziel der Entwicklung. Die UNCTAD wurde auf Initiative der armen Länder eingerichtet, die jedoch nicht über so viel Macht verfügen wie die Industrieländer.

7. Technologietransfer

Der globale Patentschutz nützt vorwiegend westlichen Konzernen. Auch hier verlangen die reichen Länder von den armen etwas, das sie in der eigenen Geschichte nicht praktiziert haben: den rechtlichen Schutz geistigen Eigentums. Wenn die Reichen von den Armen »Schutzgeld« für ihre Technologien verlangen, verlangsamen sie dadurch den Technologietransfer. Besonders schädlich ist der Schutz geistigen Eigentums bei Medikamenten. Das führt dazu, dass arme Menschen an heilbaren Krankheiten sterben, weil sie sich die vorhandenen Medikamente nicht leisten können. Das WTO-Abkommen, das den Schutz geistiger Eigentumsrechte regelt (TRIPS) sollte ersatzlos gestrichen werden. Stattdessen sollte in der UNO ein Fonds eingerichtet werden, der Patente ankauft und globale Forschungskooperationen in Auftrag gibt, um den Wissenstransfer von Nord nach Süd zu beschleunigen.

8. GAPS statt GATS

Eine weitere Möglichkeit, Technologie von den reichen in die armen Länder zu transferieren, wäre, dass öffentliche Betriebe wie Stadtwerke, Energieversorger, Bahnen oder Universitäten internationale Kooperationsabteilungen einrichten, die das in den reichen Ländern entwickelte Wissen an ärmere weitergeben. Ein »General Agreement on Public Services GAPS« könnte an die Stelle des WTO-Dienstleistungsabkommens GATS treten, das öffentliche Dienste durch Liberalisierung gefährdet.

9. Globale Vermögenssteuer

Dieser Technologietransfer muss finanziert werden. Das könnte über eine Vermögensabgabe auf die globalen Dollar-Millionäre alias »HNWI« (High Net Worth Individuals) erfolgen, deren Reichtümer sich 2008 auf 33 Billionen US-Dollar aufgetürmt haben. Zwei Prozent Steuer würden jährlich 640 Mrd. US-Dollar einspielen. Für die Versorgung aller Menschen mit sauberem Trinkwasser, Grundschulzugang oder Basisgesundheitsversorgung sind nur jeweils wenige Mrd. US-Dollar nötig.

10. Rechte für Menschen

Derzeit genießen transnationale Konzerne immer mehr Rechte, auch direkte Klagerechte gegen Staaten. So klagen z. B. Siemens gegen Argentinien oder ExxonMobile gegen Venezuela. Durch diese Klagerechte wurden Umweltschutzgesetze ausgehebelt, Mrd. US-Dollar Steuergeld von armen Ländern flossen in die Kassen der Konzerne. Umgekehrt gibt es keine globale Instanz, vor der betroffene Menschen, Gewerkschaften oder Gemeinden klagen können, wenn globale Konzerne ihren Lebensraum zerstören, die Gesundheit gefährden oder Arbeits- oder Menschenrechte verletzen. Diese Rechtsasymmetrie muss ausgeglichen werden. Globalisierung darf nicht nur Freiheiten und Rechte für die Global Players bedeuten, sie muss auch Pflichten bringen.
Um diese Forderungen durchzusetzen, braucht es starken globalen Druck von unten. Die wichtigste Strategie für eine andere Globalisierung ist deshalb die Kooperation zwischen sozialen Bewegungen, Gewerkschaften, Kirchen und anderen Gruppen. Eine andere Welt wird nur möglich, wenn sich möglichst viele Menschen zusammenschließen und persönlich dafür einsetzen.

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