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Tipps zur gendergerechten Formulierung Zum Vergrößern bitte aufs Bild klicken!
Wie zum Beispiel in der Dezemberausgabe der »Solidarität«. Ein Mann wird in einem eigentlich frauentypischen Beruf abgelichtet, und zwar als Kinderbetreuer. Wie zum Beispiel in der Dezemberausgabe der »Solidarität«. Ein Mann wird in einem eigentlich frauentypischen Beruf abgelichtet, und zwar als Kinderbetreuer.

Frauenbild - Mannsbild

Schwerpunkt

Eine gendergerechte Sprache hat längst Einzug in die Politik gehalten und sich auch in den ÖGB-Medien durchgesetzt. In anderen Medien auch?

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit sind, wenn im Folgenden von Lesern die Rede ist, Leserinnen mitgemeint.« So oder ähnlich formulieren Autoren und - leider immer noch - auch Autorinnen die Eingangssequenzen ihrer schriftlichen Veröffentlichungen. Zugegebenermaßen sind heutzutage solche Anmerkungen seltener als noch vor zwanzig Jahren. Nichtsdestotrotz beobachtet man immer noch, dass manche Schreibende den Sprachwandel in Bezug auf das Einbeziehen beider Geschlechter ignorieren.

Viele Ausreden

Die meisten Menschen wehren sich gegen Neues, gegen gendergerechte Sprache. Die gewohnten Bahnen zu verlassen ist nicht immer einfach. Es ist oft schwieriger Altes zu ver-, als Neues zu erlernen. Ausreden bei der Argumentation gegen geschlechtergerechte Formulierungen gibt es viele. Von »Das Innen überall schreiben, kostet viel zu viel Platz« bis hin zu »Die Sprache selbst ist nicht sexistisch«. Das sind nur zwei von vielen Argumenten und Begründungen. Und so beharren auch viele Menschen auf dem sogenannten «kulturellen Erbe der Sprache«. Dabei ist Sprache nichts Statisches, das man festhalten und beibehalten kann! Sie entwickelt sich ständig weiter.
Der Ursprung gendergerechter Sprache findet sich im Gender Mainstreaming (GM). Der Begriff war anfangs für viele nicht mehr als eine neue Wortkreation - inzwischen wird GM immer mehr zu einer anerkannten Strategie zur Schaffung von Chancengleichheit. Beide Geschlechter sollen in die Gleichstellungsmaßnahmen eingebunden werden. GM ist heute sogar das offizielle Ziel der europäischen Gleichstellungspolitik. Durch geschlechtergerechte Sprache soll verhindert werden, dass Frauen diskriminiert werden. Sprache ist eines der wichtigsten Ausdrucksmittel in der Gesellschaft. Sie trägt die Kommunikation und drückt die Rolle und Wertigkeit der Geschlechter aus. Frauen waren jedoch in unserer Sprache großteils unsichtbar und unhörbar. Wenn von Frauen und Männern die Rede ist, dann müssen wir sie auch explizit nennen. Frauen zu erwähnen, wo sie gemeint sind, ist der Ausgangspunkt gendergerechter Sprache. Frauen »mitzumeinen« genügt nicht.

Gender Mainstreaming in der EU

Der Startschuss für die anhaltende Entwicklung von Gender Mainstreaming war die dritte Weltfrauenkonferenz der UNO in Nairobi im Jahr 1985. 1999 wurde mit Inkrafttreten des Amsterdamer Vertrages am 1. Mai der Gender-Mainstreaming-Ansatz zum ersten Mal auf EU-Ebene in rechtlich verbindlicher Form festgeschrieben und verpflichtete die Mitgliedsstaaten zu einer aktiven Gleichstellungspolitik. Die österreichische Bundesregierung bekannte sich im Jahr 2000 zu GM.
Mittlerweile setzen viele österreichische Unternehmen kreative Maßnahmen zur Gleichstellung von Frauen und Männern. Auch für den Österreichischen Gewerkschaftsbund (ÖGB) ist die gesellschaftliche und betriebliche Gleichstellung ein wichtiges Anliegen. Im Juni 2004 vom ÖGB-Bundesvorstand beschlossen, wurden bis zum Jahr 2007 fünf Pilotprojekte zu GM durchgeführt. Vor allem das Pilotprojekt in der Öffentlichkeitsarbeit war sehr erfolgreich.

»Ich Tarzan - du Jane?«

Ein 25-köpfiges Team mit VertreterInnen des ÖGB, der Gewerkschaften und externen GM-ExpertInnen analysierte nach mehrtägigen Gender-Trainings die ÖGB Zeitschrift »Solidarität«. Die Ergebnisse der Textanalysen, Bildanalysen und Inhaltsanalysen wurden in der Broschüre »Ich Tarzan - Du Jane« präsentiert. Die Broschüre erklärt anschaulich die Grundprinzipien geschlechtergerechter Medienarbeit. Grundprinzipien hin oder her, so einfach wie die nachfolgenden Beispiele zeigen mögen, ist es aber nicht. Oft ist es schwer, die richtige Bezeichnung oder das passende Foto zu finden. Die Grundprinzipien sollen dabei helfen. Eines dieser ist wie anfangs schon erwähnt die Sichtbarmachung von Frauen, also wenn Frauen gemeint sind, müssen sie auch genannt werden. Die gleichwertige Medienpräsenz ist das zweite Grundprinzip. »Die Frau und der Mann« klingt doch eindeutig besser als »die Mutter und das Familienoberhaupt«, oder? Das Projektteam beschäftigte sich auch mit gendergerechter Bildsprache und ist zu dem Schluss gekommen, dass auch in Bildern traditionelle Rollenklischees vermittelt werden. Diese seien aber leicht aufzubrechen, indem Frauen und Männer nicht nur in den traditionellen Berufen dargestellt werden, sondern in den verschiedensten Bereichen. Wie zum Beispiel in der Dezemberausgabe der »Solidarität«. Ein Mann wird in einem eigentlich frauentypischen Beruf abgelichtet - und zwar als Kinderbetreuer. Frauen kommen zwar zu Wort, auf den Bildern mit den Kindern sind jedoch Kinderbetreuer statt Kinderbetreuerinnen abgelichtet. Es gibt auch Frauen und Männer, die sich in »nicht-traditionelle« Berufe vorwagen. Und auch sie sollen sich in den Medien vorfinden.
 Für die AutorInnen der »Kronen Zeitung« wäre der Besitz des Gender Manuals des ÖGB vielleicht von Vorteil. Beim Durchblättern der Tageszeitung ist kaum gendergerechte Sprache oder Schreibweise zu finden. Es scheint beinahe so, als würde das an sich normale Anliegen zur Chancengleichheit bekämpft werden. Eigentlich gar nicht so abwegig, da es zum Frauenbild der Zeitung passt. Keine Spur des sogenannten Binnen-I, wenige neutrale Bezeichnungen wie zum Beispiel Opfer. Dafür lesen Sie in der gesamten Ausgabe die männliche Schreibweise, es gibt Österreicher, Ausländer, Patienten und keine Österreicherinnen, Ausländerinnen, Patientinnen. Dazu passend die Fotos, die die Artikel illustrieren: Der praktizierende Arzt wird von einer Krankenschwester unterstützt, die Frau als helfende Hand aber nicht als Ausübende. Lediglich im Anzeigenteil wird sehr wohl darauf geachtet, beide Geschlechter zu erwähnen. Eine andere Vorgangsweise wäre bei Stellenausschreibungen allerdings auch verboten.

Wir können uns an Neues gewöhnen

Nicht viel besser ergeht es LeserInnen einer anderen Tageszeitung: nämlich des Kuriers. Öfter als in der Kronen Zeitung aber seltener als in einer der Gewerkschaftsmedien wird die neutrale Formulierung für eine bestimmte Gruppe von Personen verwendet. Mitarbeiter sind Mitarbeiter und werden nicht zu MitarbeiterInnen. Genauso wenig wie Patienten zu PatientInnen umgedacht werden. Bilder von Frauen sind - jedenfalls in der Ausgabe vom 4. Jänner 2010 - fast keine vorhanden, außer es handelt sich explizit um die Justizministerin oder eine, in einer frauentypisch abgelichteten Pose, Schauspielerin. Wieso fällt es so vielen AutorInnen schwer ein wenig umzudenken? Fühlt es sich komisch an, wenn heute gesagt wird »Sehr geehrte Landeshauptfrau Burgstaller«, oder ist die gendergerechte Formulierung so sehr zum Alltag geworden, dass bei »Landeshauptmann Burgstaller« viel mehr Gelächter ausbrechen würde. Ein Vorurteil wäre damit schon abgewiesen: Menschen können sich sehr wohl an Neues gewöhnen.

Weblink
Download »Ich Tarzan - du Jane?« unter:
www.alphabetisierung.at/fileadmin/pdf/GenderManual_OEGB.pdf

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amela.muratovic@oegb.at
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