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Fair steuern

Wirtschaft&Arbeitsmarkt

Wie ein gerechtes Steuersystem aus Sicht der ArbeitnehmerInnen aussehen könnte, hat sich ein engagierter Betriebsrat überlegt.

Viele ArbeitnehmerInnen denken beim Thema Steuern als erstes: langweilig und unangenehm. Wer sich schon einmal mit einer Einkommensteuererklärung herumgeschlagen hat, kennt zunächst eine Reaktion: Steuern sind viel zu kompliziert. Und der nächste Gedanke ist bei den meisten: Ich selbst zahle zu viel. Beschäftigt man sich jedoch mit sozialer Gerechtigkeit und den Gestaltungsmöglichkeiten einer fairen Gesellschaft, führt kein Weg an der Steuerpolitik vorbei. Denn in dem Wort »Steuer« steckt das Verb »steuern«, und das bedeutet lenken und gestalten.

Politisches Gestaltungsmittel

Steuern sind nämlich ein politisches Gestaltungsmittel, eine Gesellschaft zu lenken, und für den Staat die Vorausssetzung, seine Aufgaben zu erfüllen. So werden etwa öffentliche Einrichtungen finanziert, die Güter und Dienstleistungen gewährleisten, die von privaten Unternehmen nicht oder nicht im notwendigen Ausmaß abgedeckt werden (z. B. Landesverteidigung, Schulen, Polizei, Gerichtswesen, öffentlicher Verkehr, Müllentsorgung usw.).
Weiters können mittels Steuern für die Allgemeinheit unerwünschte Verhaltensweisen im Rahmen der freien Marktwirtschaft sanktioniert werden (z. B. Ökosteuern). Durch Erhöhung oder Senkung von Steuern kann auch ein stabilisierender Einfluss auf das Wirtschaftswachstum ausgeübt werden. Im Falle einer Wirtschaftskrise, wie z. B. derzeit, kann das Wachstum angekurbelt werden, indem durch Steuersenkungen die Kaufkraft der KonsumentInnen erhöht wird.
Der wichtigste Effekt einer gelungenen Steuer- und Sozialpolitik besteht jedoch in der Transferfunktion, d. h. in der Umverteilung des Vermögens innerhalb einer Gesellschaft, in der Einkommen und Vermögen meist sehr ungleich verteilt wären.

Einkommen- und Lohnsteuer

In der Regel sind Lohn- und Umsatzsteuer die wichtigsten Einnahmequellen des Staates. In Österreich etwa machen diese beiden ca. 64 Prozent der Steuereinnahmen aus. Um bei der Besteuerung von Einkommen und Löhnen/Gehältern gerecht zu sein, muss die Steuerpolitik das Kriterium der Leistungsfähigkeit heranziehen. Je höher das Einkommen ist, desto leistungsfähiger ist eine Person, d. h. einen umso höheren Anteil des Einkommens sollte die Steuerzahlung ausmachen. Dies wird durch einen progressiven Tarif gewährleistet. In Österreich wird derzeit bis zu einem Einkommen von 10.000 Euro keine Einkommensteuer eingehoben, darüber hinaus steigt der Satz in drei Stufen von 38,3 bis 50 Prozent (bei Einkommen über 60.000 Euro). Der Ansatzpunkt ist durchaus gerecht. Weniger gerecht für die Mehrzahl der ArbeitnehmerInnen erweist sich jedoch der Umstand, dass Einkommen in zu starkem Ausmaß belastet werden und die Abstufung seit der Steuerreform 2005 zu grob ist. Deshalb wäre angebracht, bei der Lohnsteuer vor allem kleine und mittlere Einkommen zu entlasten und die Steuerprogression feiner abzustufen. Ein denkbares Modell wäre z. B. das Progressions-System von GPA-djp:
Bis 10.000 Euro 0 Prozent
10.000 bis 15.000 Euro 25 Prozent
15.000 bis 25.000 Euro 35 Prozent
25.000 bis 40.000 Euro 40 Prozent
40.000 bis 51.000 Euro 44 Prozent
51.000 bis 60.000 Euro 48 Prozent
60.000 bis 150.00 Euro 50 Prozent
Über 150.000 Euro 55 Prozent
Zumindest sollten die Forderungen von ÖGB und AK vom April 2008 umgesetzt werden: Bis 11.000 Euro: null Prozent, von 11.001 bis 25.500: 33 Prozent, zwischen 25.501 und 40.000: 43,5 Prozent, von 40.001 bis 51.000: 48 Prozent, über 51.000 Euro: ein Spitzensteuersatz von 50 Prozent.

Wertschöpfungsabgabe

Um die verringerten Einnahmen bei der Einkommensteuer aufzufangen, könnte die Einführung einer Wertschöpfungsabgabe, wie 1983 vom damaligen Sozialminister Alfred Dallinger vorgestellt, herangezogen werden. Sie hätte einen positiven Lenkungseffekt für den Arbeitsmarkt. Die hohe Besteuerung des Faktors Arbeit im Verhältnis zur Besteuerung des Faktors Kapital führt zum Ersetzen menschlicher Arbeitskraft durch Computer und Maschinen. Die Einführung einer Wertschöpfungsabgabe zur Finanzierung von Sozialleistungen könnte hier gegensteuern. Ein erster Schritt wäre eine Umbasierung der Beiträge zum Familienlastenausgleichfonds (FLAF), mit einer Senkung des Beitragssatzes von derzeit 4,5 auf 2,5 Prozent. Kapitalintensive Branchen wie Energiewirtschaft, Banken, Versicherungen hätten dann mehr Beiträge zu leisten. Entlastet würden Industrie und Gewerbe, Handel und Bausektor. In einem nächsten Schritt könnte die Wertschöpfungsabgabe dann herangezogen werden, um Rationalisierungsmaßnahmen für Unternehmen weniger lohnend zu machen.

Vermögensbezogene Steuern

Neben der Wertschöpfungsabgabe sollte der Faktor Arbeit vor allem durch den Rückgriff auf vermögensbezogene Steuern entlastet werden. Damit ließe sich ein erwünschter Umverteilungseffekt erzielen, da in Österreich Vermögen wenig zum Steueraufkommen beitragen. Auch hier können die Vorschläge der GPA-djp den Weg weisen:

  • So sollte bei Wertzuwächsen von Wertpapieren die Aufhebung der Spekulationsfrist von einem Jahr erreicht werden (Vermögenszuwachssteuer). Kursgewinne sollten somit generell mit 25 Prozent endbesteuert werden. Die Spekulationsfrist bei Immobilien sollte auf 20 Jahre verdoppelt werden. Die bestehende Ausnahmeregelung für Hauptwohnsitze sollte jedoch beibehalten werden.
  • Die 2000 abgeschaffte Börsenumsatzsteuer sollte mit einem höheren Steuersatz von 0,25 Prozent wieder eingeführt werden. Diese erübrigt sich jedoch, wenn eine allgemeine Finanztransaktionssteuer eingeführt wird.
  • Für Vermögenserträge von Stiftungen sollte die volle Kapitalertragsteuer(KESt) abzuführen sein. Derzeit wird nur die halbe KESt für Zinsen und null Prozent KESt auf Dividenden eingehoben. Der Eingangssteuersatz von fünf Prozent bei Stiftungen sollte beibehalten werden.
  • Abschaffung der steuerlichen Begünstigung von Stock Options: Steuerbegünstigte Zahlungen an SpitzenverdienerInnen sind verteilungspolitisch kontraproduktiv und daher abzulehnen.
    Die seit Jahren von ATTAC geforderte Einführung einer Besteuerung von Devisentransaktionen (Tobin Tax) sollte zu einer allgemeinen Steuer auf Finanztransaktionen erweitert werden. Damit würden nicht nur Devisen-Transaktionen erfasst, sondern auch die von Wertpapieren und Derivaten (Optionen, Futures).
  • Da die zehn Prozent der Reichsten in Österreich 70 Prozent des Vermögens besitzen und sich diese Entwicklung in den vergangenen Jahrzehnten zulasten der Mehrheit entwickelt hat, sollte eine progressive Vermögenssteuer eingeführt werden, z. B. mit der von der GPA-djp geforderten progressiven Staffelung:
    - Freibetrag von 500.000 Euro.
    - Eingangssteuersatz von 0,25 Prozent, der sich schrittweise auf 1,5 Prozent ab zwei Mio. Euro Vermögen erhöht.
    Diese Form der Vermögenssteuer sollte nur für Privatpersonen und eigennützige Privatstiftungen gelten, nicht für Unternehmen.
  • Schließlich ist unbedingt die Einführung einer reformierten Erbschafts- und Schenkungssteuer anzudenken, da der Wegfall derselben vor allem einer kleinen Gruppe sehr Vermögender genützt hat. Eckpunkte für eine solche reformierte Erbschafts- und Schenkungssteuer hat die AK erstellt:
    - Finanzvermögen sind wie jede Art des Vermögens steuerpflichtig (es gibt nur noch zwei Steuerklassen statt fünf);
    - die Steuersätze bewegen sich zwischen vier Prozent und 20 Prozent;
    - um kleine und mittlere Erbschaften nicht zu belasten, sollte es einen Steuerfreibetrag bis zu 400.000 Euro (auch für Betriebsvermögen) geben;
    - faire Bewertung von Grundstücken.

 Körperschaftssteuer

Bei der Besteuerung von Unternehmensgewinnen hat in den vergangenen zehn Jahren ein Steuerdumpingwettbewerb in der EU stattgefunden, der dringend beendet werden muss. So lange sich nämlich die EU-Mitgliedsstaaten gegenseitig mit ihren Angeboten unterbieten, kann es keine faire Besteuerung von Unternehmensgewinnen geben. Die Körperschaftssteuer (KöSt) liegt in Österreich mit 25 Prozent deutlich unter dem Durchschnitt der Einkommenbesteuerung in Europa. Deshalb müsste diese EU-weit einheitlich auf einen Wert von 32 bis 35 Prozent erhöht werden.
Österreich sollte außerdem die großzügige Verrechnung von Verlusten in Zusammenhang mit ausländischen Betriebsstätten und Beteiligungen einstellen, da diese Maßnahme zu einem zusätzlichen Rückgang der Einnahmen aus der KöSt geführt hat.

Umsatz- und Verbrauchersteuern

Als indirekte Steuern werden Umsatz- und Verbrauchersteuern auf Güter und Dienstleistungen eingehoben und damit von den UnternehmerInnen an das Finanzamt abgeführt.
Die Last wird jedoch von allen KonsumentInnen getragen. Sozial bedenklich an dieser Form der Besteuerung ist der Umstand, dass BezieherInnen von niedrigen Einkommen stärker belastet werden, weil diese Gruppe ihr Einkommen fast ausschließlich für Konsumzwecke verwenden muss.
Sozial gerechter wäre somit eine stärkere Diversifizierung der Umsatzsteuer in Form einer Entlastung der Güter des täglichen Bedarfs sowie die Einführung eines höheren Steuersatzes für Luxusgüter, die zurzeit innerhalb der EU aber nicht möglich ist, da nur zwei Abstufungen zulässig sind.

Weblinks
Weblog von Gerhard Treiber:
treiberagainstcapitalism.wordpress.com
Aktionsseite zur Vermögenssteuer:
www.reichebesteuern.at

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