topimage
Arbeit&Wirtschaft
Arbeit & Wirtschaft
Arbeit&Wirtschaft - das magazin!
Blog
Facebook
Twitter
Suche
Abonnement
http://www.arbeiterkammer.at/
http://www.oegb.at/
Die Jagd nach »Effizienzsteigerungspotenzialen« führt auch bei gesunden Unternehmen zu Einschnitten beim Personal. Auch Geschäftsführerwechsel führen mitunter zu Umstrukturierungsmaßnahmen. Die Jagd nach »Effizienzsteigerungspotenzialen« führt auch bei gesunden Unternehmen zu Einschnitten beim Personal. Auch Geschäftsführerwechsel führen mitunter zu Umstrukturierungsmaßnahmen.
Die Jagd nach »Effizienzsteigerungspotenzialen« führt auch bei gesunden Unternehmen zu Einschnitten beim Personal. Auch Geschäftsführerwechsel führen mitunter zu Umstrukturierungsmaßnahmen.

Chance auf Veränderung

Schwerpunkt

Die wirtschaftliche Mitbestimmung ist für BelegschaftsvertreterInnen ein wichtiges Instrument im Kampf um den Paradigmenwechsel in den Konzernen.

Die größte Wirtschaftskrise der vorigen Jahrzehnte scheint ihren Höhepunkt überschritten zu haben. Der Aufschwung wird sich jedoch noch Zeit lassen, die nächsten Jahre muss Österreichs Wirtschaft weiterhin mit geringen Wachstumsraten und steigender Arbeitslosigkeit rechnen. Für die Börsianer lief 2009 ohnedies wieder alles bestens. Die Aktienkurse verzeichneten zweistellige Zuwachsraten, die Kursstürze vom letzten Quartal 2008 sowie 1. Quartal 2009 mit bis zu 70 Prozent Wertverlusten konnten teilweise wieder aufgeholt werden. Die Banken zahlen wieder Boni und riskante Spekulationsgeschäfte boomen, als hätte es die Krise nie gegeben.

Die Zeche zahlen wir

Die Zeche der Krise jedoch bezahlten vorwiegend die Beschäftigten. Ca. 50.000 Personen verloren bisher ihren Job, Zehntausende Beschäftigte mussten monatelang, vor allem durch Kurzarbeitsvereinbarungen, empfindliche Gehaltskürzungen hinnehmen und aufgrund der Insolvenzen von ca. 7.000 Unternehmen sind die Jobs von 28.000 ArbeitnehmerInnen gefährdet. Die ist noch nicht beendet. Gläubigerschutzverbände prognostizieren für 2010 einen weiteren Pleiterekord, ein neuerlicher Kurssturz an den Börsen kann angesichts der nach wie vor bestehenden realwirtschaftlichen Probleme nicht ausgeschlossen werden.

Weniger Handlungsspielraum

Für BelegschaftsvertreterInnen stellen Krisen enorme Herausforderungen dar. Um das Unternehmen lebensfähig zu halten und Arbeitsplätze abzusichern, muss rasch gehandelt werden, insbesondere dann, wenn die Reserven knapp werden. Das bedeutet aber auch, dass kaum Zeit für nachhaltige Sanierungsmaßnahmen wie das Ankurbeln der Umsätze, Produktentwicklungen oder die Stärkung der Vertriebsaktivitäten bleibt. Übrig bleiben oft nur Kostensenkungsprogramme - an erster Stelle Personalabbau. Je weiter die Krise vorangeschritten ist, umso radikaler müssen letztendlich die Schritte angesetzt werden. Für die wirtschaftliche Mitbestimmung bedeutet dies, dass die Partizipationsmöglichkeiten der Belegschaft immer geringer werden. Bei drohender Zahlungsunfähigkeit muss alles getan werden, um rasch wieder zu Geld zu kommen. Dann können sich die meisten Unternehmen potenzielle GeldgeberInnen nicht aussuchen. Die Gefahr ist groß, in die Fänge von Financiers zu gelangen, die langfristig nicht am Weiterbestand des Unternehmens interessiert sind. Für den Betriebsrat ist es in so einer Situation nur schwer möglich, Alternativen zu fordern, da er die sofortige Insolvenz riskiert. Dies bedeutet auch, dass der Krisen-Prävention im Rahmen der wirtschaftlichen Mitbestimmung ein besonderer Platz eingeräumt werden muss. Je eher es gelingt, auf den Krisenverlauf Einfluss zu nehmen, desto mehr Handlungsspielraum hat die Belegschaftsvertretung.

Effiziensteigerungspotenziale?

Oft werden Reorganisationsmaßnahmen jedoch nicht krisenbedingt veranlasst. So manche Auslagerung oder Betriebsstilllegung wird nur vorgenommen, um Rendite bzw. Unternehmenswert zu steigern. Eigenkapitalrentabilitäten von weniger als zwölf Prozent gelten mitunter bereits als »Kapitalvernichtung«. Die Jagd nach »Effizienzsteigerungspotenzialen« führt auch bei gesunden Unternehmen zu Einschnitten beim Personal. Auch Geschäftsführerwechsel führen mitunter zu Umstrukturierungsmaßnahmen, schließlich soll ja der Eindruck vermittelt werden, dass der neue Besen besser kehrt. Vermutlich haben auch zahlreiche Unterneh-men die aktuelle Krise zum Anlass genommen, um sich von Beschäftigten zu trennen bzw. Rationalisierungsmaßnahmen durchzusetzen.
Für Betriebsräte heißt es daher jetzt umso genauer hinzuschauen. Zu klären ist, über welche Kapital- und Liquiditätsreserven das Unternehmen verfügt, um Ertragsrückgänge eine Zeit lang auszuhalten. Ein Blick in den - hoffentlich vorhandenen - Businessplan sowie in die Auftragsliste gibt Orientierung über die zukünftige Entwicklung der Ertragslage. Harte Restrukturierungsmaßnahmen ohne wirtschaftliche Notwendigkeit stellen eine der größten Herausforderungen für die wirtschaftliche Mitbestimmung dar. Es gilt, alle vorhandenen Register zu ziehen. Im Mittelpunkt steht hier vor allem das arbeitsverfassungsrechtliche Instrumentarium. Dieses reicht von Wirtschaftsgesprächen über das Recht auf den Abschluss eines Sozialplans bei Betriebsänderungen, der Mitbestimmung im Aufsichtsrat bis hin zum Einspruch gegen die Wirtschaftsführung.
Letztendlich ist aber entscheidend, mit welchen Mitteln die Belegschaftsvertretung ihre Interessen durchsetzen kann. Erfolgsfaktoren sind dabei die Aktivierung und Mobilisierung der betroffenen Belegschaft aber auch die Vernetzung mit Verbündeten und MultiplikatorInnen.

Mitbestimmung im Aufsichtsrat

Durch die Mitbestimmung im Aufsichtsrat erhalten Betriebsräte die Möglichkeit, vor allem auf strategischer Ebene Einfluss geltend zu machen. Hier wird diskutiert und entschieden, hier werden auch die Weichen für die Zukunft der Arbeitsplätze gestellt. Aufsichtsratsmitglieder werden in der Regel früher über bevorstehende Umstrukturierungen oder Krisen informiert. Dieser Zeitgewinn erhöht den Handlungsspielraum für den Betriebsrat. Der besondere Wert des Aufsichtsrates besteht aber darin, in direktem Kontakt mit EigentümervertreterInnen und Vorständen über Konzepte diskutieren und entscheiden zu können. In Abhängigkeit von der jeweiligen Eigentümerstruktur bzw. vom Klima in diesem Gremium kann davon ausgegangen werden, dass sich der Betriebsrat Gehör verschaffen und mitunter auch Entscheidungen beeinflussen kann.

Management braucht Kontrolle

Die Wirtschaftskrise hat aber auch gezeigt, dass bei vielen Unternehmen nach wie vor massive Kontrolldefizite vorhanden sind. Viele Manager haben in den vergangenen Jahren hochriskante Veranlagungen vorgenommen, um die Rendite - und damit meist auch ihre Boni - zu steigern. In vielen Aufsichtsräten wurde dem zu wenig Augenmerk geschenkt, die Folgen sind bekannt. Die nachfolgenden Verluste hinterließen massive Verluste in den Bilanzen und kosteten damit vielen Beschäftigten ihren Arbeitsplatz. Die Kontrolle in den Aufsichtsräten muss sich daher künftig viel stärker dem Thema Risikomanagement widmen.
Die BetriebsrätInnen werden dabei danach trachten, riskante Unternehmensstrategien einzudämmen und nachhaltige zu forcieren. Die wirtschaftliche Mitbestimmung im Aufsichtsrat steht stärker als je zuvor vor der Herausforderung, die einseitige Ausrichtung der Unternehmenspolitik in Richtung Maximierung des Shareholder-Values zu beenden und Strategien einzufordern, die einen fairen Interessenausgleich zwischen Unternehmen, EigentümerInnen, Beschäftigten und Stakeholdern gewährleisten. Neben ökonomischen müssen gleichrangig soziale und ökonomische Ziele in die Steuerungssysteme der Unternehmen Einzug finden.

Kampf um Paradigmenwechsel

Mit der wirtschaftlichen Mitbestimmung besitzen die BelegschaftsvertreterInnen ein wichtiges Instrument, um den Kampf um einen Paradigmenwechsel in den Konzernzentralen aufzunehmen.
Langfristig werden nämlich nicht jene Unternehmen überleben, die sich durch radikale Schlankheitskulturen ihrer gesamten Zukunftspotenziale berauben und ihre Renditen über waghalsige Finanzspekulationen und unüberlegte Akquisitionen suchen, sondern jene, die gerade jetzt auf Investitionen in Human-Kapital, Forschung und Entwicklung und Qualitätssteigerung setzen. Eine Unternehmenskultur, in der die Partizipation der Beschäftigten ihren berechtigten Stellenwert einnimmt, ist die größte Triebfeder, um diese Potenziale abrufen zu können.

Kontakt
Schreiben Sie Ihre Meinung an den Autor
heinz.leitsmueller@akwien.at
oder die Redaktion
aw@oegb.at

Artikel weiterempfehlen

Kommentar verfassen

Teilen |

(C) AK und ÖGB

Impressum