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Die Begleiterscheinungen der neoliberalen Globalisierung sind bekannt: Während multinationale Konzerne Spitzenprofite scheffeln, gehören Armut, Ausbeutung, Sozialabbau und Umweltzerstörung nicht nur in Entwicklungsländern nach wie vor zur Lebensrealität. Die Begleiterscheinungen der neoliberalen Globalisierung sind bekannt: Während multinationale Konzerne Spitzenprofite scheffeln, gehören Armut, Ausbeutung, Sozialabbau und Umweltzerstörung nicht nur in Entwicklungsländern nach wie vor zur Lebensrealität.

Globalisierung anders

Schwerpunkt

Die Welt darf nicht multinationalen Konzernen überlassen werden, Gewerkschaften und NGOs müssen internationale Solidarität entgegensetzen.

Ausgerechnet Bananen, Bananen verlangt sie von mir!«, lautet der Refrain eines Schlagers aus den 1920er-Jahren. Einer Zeit, in der eine Banane noch ausgesprochener Luxus war, eine exotische Frucht, die aus fernen Ländern per Schiff nach Europa gebracht werden musste. Seither hat sich viel verändert - die Globalisierung hat dazu geführt, dass die Welt heute scheinbar kleiner geworden ist: Kommunikation, Transport, Reisen sind heute schnell und billig; Konzerne kaufen, produzieren und verkaufen weltweit und zahlen ihre Steuern dort, wo sie am niedrigsten sind; Markenprodukte haben längst jeden Winkel des Erdballs erobert, sodass alle heute die gleichen Limonaden trinken und Turnschuhe tragen - sofern sie es sich leisten können.

Vielschichtiger Prozess

Die Globalisierung ist ein vielschichtiger Prozess, der nicht nur die Wirtschaft, sondern auch Kultur, Wissenschaft, Transport, Kommunikation und vieles mehr umfasst. Einige Beispiele: Der internationale Tourismus hat sich seit 1950 um das 25-fache vervielfacht - heute treten rund 635 Mio. Menschen jährlich grenzüberschreitende Reisen an. Das tun sie häufig mit dem Flugzeug: Die Anzahl der internationalen Passagier-Kilometer hat sich in derselben Zeit fast verhundertfacht! Auch die Menge an Waren, die per Flugzeug transportiert werden, hat stark zugenommen, im Jahr 2003 betrug die Luftfracht 55.000 Tonnen pro Tag. Dabei ist dies nur der kleinste Teil des grenzüberschreitenden Warentransports, 90 Prozent davon werden nach wie vor per Schiff an ihr Ziel gebracht. Unvorstellbare 27.500 Mrd. Tonnen-Meilen. In engem Zusammenhang damit steht natürlich der Warenhandel, der zwischen 1950 und 2007 um den Faktor 29,2 zugenommen hat.

Seit Jahrhunderten

Wann der Prozess der Globalisierung begonnen hat, lässt sich nicht an einem konkreten Zeitpunkt festmachen. Tendenzen dazu gibt es jedenfalls schon seit Jahrhunderten - man denke etwa an die Zeit ab dem 15. Jahrhundert, als europäische Staaten zu Eroberungsfahrten in die ganze Welt aufbrachen, mit dem Ziel, neues Land zu unterwerfen, um sich Rohstoffe sowie häufig auch dort lebende Menschen - Sklavinnen und Sklaven - anzueignen. Um den Handel mit den kostbaren Wirtschaftsgütern effizient zu organisieren, wurden bereits erste Aktiengesellschaften und Börsen gegründet. Die im 18 Jh. einsetzende Industrialisierung und die damit einhergehende Entwicklung des modernen Kapitalismus förderte die Globalisierung noch weiter.
Nach 1914 verlief die Entwicklung, gebremst durch politische Umbrüche, die beiden Weltkriege und den Aufbau des Sozialstaats in Konkurrenz zum kommunistischen Block, lange Zeit sehr moderat. Richtig in Schwung kam die Globalisierung erst wieder ab ungefähr Mitte der 1970er-Jahre. Die Voraussetzungen dafür sind sowohl technischer als auch politischer Natur. Die Kosten für Kommunikation und Transport sanken in den folgenden Jahrzehnten massiv, wodurch die Erschließung neuer Märkte, die globale Arbeitsteilung in der Produktion und eine effiziente Vermarktung deutlich erleichtert wurden.

Günstige Kommunikation

Die Kommunikationskosten konnten durch die rasanten Entwicklungen auf dem Gebiet der Kommunikationstechnologien minimiert werden. Während etwa ein dreiminütiges Telefongespräch zwischen London und New York im Jahr 1970 noch über 31 US$ kostete, bezahlte man 2005 mit rund 30 US-Cent nur noch ein Hundertstel dafür. Oder (fast) gar nichts, sofern man statt dem Telefon über Internet kommuniziert. Für die Reduktion der Transportkosten war eine auf den ersten Blick höchst unspektakuläre Erfindung sehr wichtig: genormte Transportcontainer. Durch die einheitlich großen Stahlboxen konnten Schiffe schneller be- und entladen werden, wodurch sich ihre Liegezeit verkürzte. Gleichzeitig konnte die Transportauslastung erhöht, also mehr Waren pro Schiff transportiert werden. Heute sind weltweit rund 16 Mio. Container unterwegs. In einem davon können zum Beispiel 10.000 Jeans für rund 4.000 Euro von Asien nach Europa transportiert werden - pro Hose kostet der Transport so lediglich 40 Cent.

Zoll- und Handelsabkommen

Doch auch auf politischer Ebene wurden Entscheidungen getroffen, die für die Beschleunigung und Vertiefung der Globalisierung von immenser Bedeutung waren. So wurde schon kurz nach dem Zweiten Weltkrieg 1947 das Allgemeine Zoll- und Handelsabkommen abgeschlossen. Zölle und andere Handelshemmnisse, die unter anderem dem Schutz der Wirtschaft im eigenen Land dienten, wurden zunehmend als schädlicher »Protektionismus« diffamiert und systematisch abgebaut. Deregulierungen im Bereich der Finanzmärkte ermöglichten es, in großem Stil mit Waren, Wertpapieren und Währungen zu spekulieren. Die sich dadurch entwickelnde Dynamik - während eine Aktie 1980 rund zehn Jahre gehalten wurde, wechselte sie im Jahr 2000 alle sieben bis acht Monate den Besitzer oder die Besitzerin - gipfelte in verschiedenen regional begrenzten Finanzkrisen während der 1990er sowie der weltweiten, noch immer nicht ausgestandenen. Im Jahr 1995 kam es zur Gründung der Welthandelsorganisation WTO, mit der das Freihandelsprinzip von Waren und Finanzen auf alle anderen Bereiche der Wirtschaft ausgedehnt werden soll. Damit wurden auch Dienstleistungen bis hin zu besonders sensiblen Bereichen wie Gesundheit, Bildung, öffentlicher Verkehr oder Wasserversorgung auf den globalen Markt geworfen.
Während sie die politischen Weichen stellten, gelang es den VerfechterInnen der neoliberalen Freihandelsideologie, die Globalisierung in ihrer gegenwärtigen Form als eine Art unbeeinflussbare Naturgewalt darzustellen. Ein Beispiel dafür war die britische Premierministerin Margret Thatcher, die mit den Worten »There is no alternative!« Unternehmenssteuern senkte, Staatsunternehmen privatisierte und Gewerkschaften zerschlug.
Die Begleiterscheinungen der neoliberalen Globalisierung sind bekannt: Während multinationale Konzerne Spitzenprofite scheffeln, gehören Armut, Ausbeutung, Sozialabbau und Umweltzerstörung nicht nur in Entwicklungsländern nach wie vor zur Lebensrealität. Welche Schlussfolgerung läge näher als: Auch der Widerstand dagegen muss global organisiert sein! Eine Erkenntnis, die so alt ist wie die ArbeiterInnenbewegung selbst: Schon 1848 riefen Karl Marx und Friedrich Engels mit den berühmten Worten »Proletarier aller Länder, vereinigt euch!« zu globaler Solidarität und Kooperation auf.
Die Wurzeln der modernen internationalen Gewerkschaftsbewegung wurden tatsächlich damals gelegt, bevor im Lauf des zwanzigsten Jahrhunderts im Wesentlichen drei internationale Gewerkschaftsbünde mit unterschiedlichen weltanschaulichen Ausrichtungen entstanden. In ihrer kritischen Haltung gegenüber der neoliberalen Globalisierung, dem Imperialismus und Kolonialismus rückten die drei Internationalen im Lauf der 1990er-Jahre näher zusammen. Sie erkannten, dass globale Kooperation und Solidarität wichtiger denn je zuvor waren, um für eine humane Form der Globalisierung mit globalen Arbeitsrechten, Sozial- und Umweltstandards zu kämpfen. Diese Haltung bot auch die Grundlage dafür, immer stärker auch mit globalisierungskritischen NGOs zusammenzuarbeiten. So nehmen zahlreiche Gewerkschaften, auch der ÖGB, regelmäßig an den seit zehn Jahren auf der ganzen Welt stattfindenden Sozialforen statt.

2006 IGB in Wien gegründet

2006 fand schließlich in Wien mit der Gründung des Internationalen Gewerkschaftsbundes wahrhaftig ein Weltereignis der globalen Gewerkschaftsbewegung statt. Die Grundsatzerklärung des Gründungskongresses betont eindringlich, wie wichtig internationale Solidarität und Kooperation gerade heute ist, um die Arbeits- und Lebenssituation der Menschen weltweit zu verbessern und die Einhaltung der Menschenrechte durchzusetzen.

Info&News
Im September startet der einjährige Lehrgang »Global denken, global handeln!«, der sich an GewerkschaftsfunktionärInnen, BetriebsrätInnen und MitarbeiterInnen von NGOs richtet. Die Anmeldung startet in Kürze - nähere Infos bei der Autorin oder unter www.fairearbeit.at

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