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Längst sind Rechtsextreme und Neofaschisten nicht mehr einfach an Glatzen, Springerstiefeln und Bomberjacken zu erkennen. Die Szene setzt neue Signale.
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Längst sind Rechtsextreme und Neofaschisten nicht mehr einfach an Glatzen, Springerstiefeln und Bomberjacken zu erkennen. Die Szene setzt neue Signale.

In vielen Köpfen entsteht immer noch, wenn von Rechtsextremen und Neofaschisten die Rede ist, das Bild kahl geschorener, grölender junger Männer. Natürlich gibt es diese Gruppe von Rechtsextremisten und Naziskins, und die von ihnen ausgehende Gewalt darf keinesfalls verharmlost werden. Statt Vielfalt herrscht Einfalt. Wie auch aus dem Verfassungsschutzbericht 2009 des Bundesministeriums für Inneres hervorgeht, ist die eindeutige Zuordnung zur rechtsextremen Szene jedoch nicht mehr so einfach.

Rechtsextreme Szene wird cooler

In der rechtsextremen Szene hat ein Wandel stattgefunden. Die Kleidung wird  cooler - modische Accessoires und Mainstream-Produkte versus Schläger-Outfits. Mit jugendkulturellen Codes auf der Kleidung, deren Bedeutung in der Regel nur in der Szene bekannt ist, outet man sich szeneintern.
Einem Trend aus Deutschland folgend, versuchen Rechtsextremisten Einzug in unterschiedlichste Jugendkulturen zu finden. So wird zum Beispiel das Palästinensertuch immer öfters von Rechtsextremisten genutzt. Der Hintergrund ist natürlich eine antisemitische Ideologie und das Motto: "Der Feind meines Feindes ist mein Freund." Durch die Übernahme linker Symboliken soll auch eine Provokation der politischen GegnerInnen erreicht werden. Besonders für BetriebsrätInnen, LehrerInnen, SozialarbeiterInnen, AusbildnerInnen und Eltern wird es immer schwieriger, diese Modemarken, Szene- und Dresscodes zu decodieren. Umfragen ergeben, dass der größte Teil der Jugendlichen ausschließlich durch FreundInnen und Bekannte mit der rechtsextremen Szene in Kontakt kommt. Hier sind es aber nicht, wie vielfach angenommen, Flugblätter, Broschüren oder Veranstaltungen, die den Erstkontakt herstellen, sondern in fast 90 Prozent der Fälle die Weitergabe von rechtsradikaler Musik.

Triebfeder Neoliberalismus

Neonazis sind - wie generell jeder Mensch - Kinder ihrer Zeit. Der organisierte Rechtsextremismus lässt sich nicht von den jeweiligen Rahmenbedingungen ablösen. Er ist im Kontext einer immer intensiveren Globalisierung zu verstehen. Der Neoliberalismus als Triebfeder dieses Prozesses spielt hier eine wesentliche Rolle. Der Mensch wird als reines Marktsubjekt verstanden. Es zählt nur, was ökonomisch verwertbar und gewinnträchtig ist.
Der Neoliberalismus predigt betriebswirtschaftliches Effizienzdenken und Leistungsfixierung. Dadurch wird nicht nur den Topmanagern und Bankern eine Orientierung geboten, sondern es werden auch genügend ideologische Anschlussmöglichkeiten an den Rechtsextremismus geliefert. Die neoliberale Modernisierung verschärft nicht nur die Konkurrenzsituation zwischen den einzelnen Wirtschaftsstandorten, sondern führt auch zu einer sozialen Polarisierung. Wenn das soziale Klima zunehmend von Mitleidslosigkeit und emotionaler Kälte bestimmt ist, führen diese veränderten Rahmenbedingungen zu einem Erstarken von rechtsextremen Szenen. Rechtsextremismus ist eine Mobilisierungsstrategie, in deren Zentrum steht: Stimmungen gegenüber Schwächeren zu erzeugen und dann über erzielte Wahlerfolge, mittels demokratisch erworbener Macht, die Gesellschaft autoritär umzubauen. Rechtsextremismus ist kein Randphänomen, sondern entsteht in der Mitte unserer Gesellschaft und zieht sich quer durch alle Schichten. Somit sind Jugendliche lediglich ein Seismograf unserer gesellschaftlichen Stimmung, der uns gesellschaftliche rechtsextreme Tendenzen aufzeigt.

Was kann ich tun?

Nach wie vor unterliegt die Thematisierung des Rechtsextremismus als gesellschaftliches Problem einer starken Tabuisierung und spiegelt sich meist auch im individuellen, familiären Umgang mit dem Thema wider. Es gibt nicht DIE konkrete Ursache, die bei Jugendlichen zu einer rechtsextremistischen Orientierung führt - es sind vielmehr viele verschiedene Puzzleteile. Meist sind es die sozialen und individuellen Lebensumstände und Probleme, die zum Abrutschen in die rechtsextreme Szene führen. In den seltensten Fällen beginnt der Weg von Jugendlichen in die Szene mit der politischen Überzeugung.
Freundschaft, Gemeinschaft, Freizeitgestaltung, Sicherheit, Stärke sind Angebote, die die Jugendlichen reizen.
Wie sich schon der Weg in die rechtsextreme Szene aus vielen verschiedenen Puzzleteilen zusammensetzt, bestehen auch die Gegenmaßnahmen aus vielen unterschiedlichen Ebenen.

1. Schritt - Hinschauen

Wenn wahrgenommen wird, dass Jugendliche Musik mit rechtsextremen Texten hören, sich auf eine Art und Weise kleiden, die "rechts" sein könnte, oder immer wieder rechtsextreme Einstellungen vertreten ist es wichtig, dies frühzeitig und wachsam ernst zu nehmen und hinzuschauen. Hilfreich ist auch zu prüfen, welche Musik gehört wird, welche Kleidungsmarken getragen werden, welche Bücher, Broschüren oder Flugblätter gelesen werden. Im Vordergrund steht, sich Klarheit zu verschaffen inwieweit die eigene Wahrnehmung und Vermutung richtig ist: Ist mein Kind/SchülerIn/Lehrling rechtsextrem? In welcher Szene bewegt er/sie sich? Woran erkenne ich, ob er/sie schon "richtig" in der rechtsextremen Szene dabei ist?

2. Schritt - Erkennen

Die Informationen zu rechtsextremen Symbolen, Codes, Organisationen, Bands oder Modemarken liefern einen wichtigen Einblick in die rechtsextreme Szene. Bei Fragen hierzu bietet das Mauthausen Komitee Österreich eine eigene Hotline an, die hilfreich zur Seite steht. Wenn durch die Lektüre von "Rechtsextrem" oder durch einen Anruf bei der Hotline des Mauthausen Komitee Österreich klar wurde, dass Handlungsbedarf besteht, muss sehr überlegt und geplant gehandelt werden. Deswegen vermitteln wir dann diese Fälle direkt an die ausgebildeten Psychologen/-innen von "Rat auf Draht".

3. Schritt - Handeln

Jetzt geht es darum, persönliche Netzwerke aufzubauen und Unterstützung in anderen Bereichen der Gesellschaft zu suchen und zu mobilisieren. Jugendliche sind niemals nur Sohn oder Tochter, sondern zugleich auch Lehrling, SchülerIn, FreundIn, Vereinsmitglied, SportlerIn und vieles mehr. Angesichts der Erwartungen in der rechtsextremen Szene, möglichst viele Außenkontakte nach dem Einstieg aufzugeben und der damit einhergehenden Selbstwahrnehmung fast nur von Feinden umgeben zu sein, ist es wichtig, zu Personen Kontakt zu halten bzw. herzustellen, die einen "Zugang" zu dem/der Jugendlichen darstellen.
Eltern rechtsextremer Jugendlicher unterliegen einem starken Druck. Hier ist die Unterstützung und Hilfe von darauf spezialisierten Einrichtungen wie "Rat auf Draht" wichtig und notwendig.

Weblink
Mehr Infos unter:
www.rechtsextrem.at

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Schreiben Sie Ihre Meinung an den Autor
willi.mernyi@oegb.at
oder die Redaktion
aw@oegb.at

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