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Man stecke einen Bleistift zwischen die Zähne und aktiviere so die Muskeln des richtigen Lächelns. Spätestens nach 20 Minuten soll es zu gleichen Veränderungen im Gehirn kommen wie beim echten Lachen. Man stecke einen Bleistift zwischen die Zähne und aktiviere so die Muskeln des richtigen Lächelns. Spätestens nach 20 Minuten soll es zu gleichen Veränderungen im Gehirn kommen wie beim echten Lachen.
Der Arzt in uns selbst

Wer lacht, lebt besser

Schwerpunkt

Humor hilft, sich von perfektionistischer Selbstkontrolle zu befreien und verbessert auch den physischen Gesundheitszustand.

Heftiges Lachen ist körperliche Arbeit: Es beansprucht fast alle Muskeln. Herzhaftes Lachen steigert den Puls auf 120 Schläge pro Minute. Es regt die Atmung an, die Muskulatur wird besser durchblutet. Das entspannt die Arterien und senkt den Blutdruck, weil der Herzschlag zunächst zwar beschleunigt wird, sich dann aber deutlich verlangsamt.
Ein Fall, dass sich jemand totgelacht hätte, ist nicht bekannt. Wie gesund Lachen tatsächlich ist, ist Gegenstand der Gelotologie, der Lachforschung.
Ob wirklich das Lachen den Blutdruck senkt, ist noch unklar. "Ursache könnte auch das tiefe Einatmen danach sein", meint der Emotionspsychologe und Lachforscher Willibald Ruch, der sich seit rund 30 Jahren mit Lachen, Humor, Heiterkeit und anderen positiven Emotionen befasst. "So oder so ist Humor eine positive Kraft, deren Wirkung auf die Gesundheit nicht zu unterschätzen ist", sagt der aus Kärnten stammende Lachforscher Ruch.

Schmerz lässt nach

Den Anstoß zur wissenschaftlichen Erforschung der heilenden Eigenschaften des Lachens gab die Erkenntnis, dass Lachen Schmerzen reduzieren kann. In den Siebzigerjahren wurde beim Wissenschaftsjournalisten Norman Cousins eine Gelenkserkrankung mit geringer Überlebenschance diagnostiziert. Cousins war überzeugt, dass negative Gedanken nachteilige Veränderungen im Körper bewirken. Er beschloss, den Prozess durch positive Grundstimmung umzukehren. Filme guter Komiker, witzige Bücher und lustige Freunde halfen ihm dabei. Zehn Minuten Lachen brachten ihm mehrere Stunden schmerzfreien Schlaf.
"Cousins hatte empirisch etwas erfahren, was erst später biochemisch nachgewiesen wurde", berichtet der Psychologe Michael Titze: "Nämlich, dass es mit dem Lachreflex zur Ausschüttung von Hormonen kommt, die in ihrer Wirkung dem Morphium entsprechen." Die Gelenkentzündung nahm ab, je mehr sich Cousins in Heiterkeit und Fröhlichkeit übte. Cousins blieb nicht lange im Krankenhaus. (Das Personal und manche Patienten störten sein Gelächter.) Sein Genesungsbericht erschien 1977 im New England Journal of Medicine.

Humor verbindet

Wer aufrichtig lacht, fühlt sich gut und selbstsicher. Lachen ist ansteckend und verbindet (oft) auch einander wildfremde Menschen. Verhaltensforscher vermuten, dass Lachen eine Art archaisches Kommunikationsmittel war. "Das deuten auch die gefletschten Zähne an", erklärt Michael Titze, Mitbegründer der internationalen Gesellschaft für therapeutischen Humor, HumorCare.
"Dem Außenstehenden signalisiert es Überlegenheit, Spott und Hohn - also ein Auslachen. Den Mitgliedern der eigenen Gruppe eine lustvolle Spannungslösung."
Der Umstand, das Lachen das Immunsystem anregt, ist bereits seit den 1990er-Jahren Bestandteil der Forschung. Damals wies Lee S. Berk, von der Loma Linda Universität in Kalifornien erhöhte Werte von Antikörpern und Immunzellen im Blut von Versuchspersonen nach, die lustige Filme gesehen hatten. Gelotologen hoffen daher, dass sich die Lachtherapie zu einer unterstützenden Behandlungsmethode bei Immunschwächekrankheiten und Krebs entwickelt. "Viele dieser Befunde sind allerdings wissenschaftlich noch nicht ausreichend belegt", dämpft auch Humorexperte Michael Titze die Euphorie.
Die physiologische Wirkung des Lachens ist recht einfach zu dokumentieren. Der Nachweis der Signalkaskade, die dadurch im Körper in Gang gesetzt wird, ist allerdings bei weitem komplizierter.
Die Tatsache, dass es rund 18 verschiedene Arten des Lachens und des Lächelns gibt, bietet Lachforschern ausreichend Untersuchungsmaterial. Als einziges natürliches Lächeln gilt jenes, das den Wangenheber- und den Augenringmuskel aktiviert. Dieses Lächeln zeigt nicht nur eine freudige Gestimmtheit an, es wirkt innerhalb der sozialen Interaktion auch als Auslöser positiver Emotionen beim Gegenüber. Gelotologen vermuten eine zentrale Verbindung zwischen Mimik und Gehirnaktivität. So konnte nachgewiesen werden, dass ein intensives (echtes) Lächeln die Durchblutung des Gehirns fördert und Stresssymptome mildert.
Das natürliche Lächeln zieht beide Mundwinkel symmetrisch nach oben. Gezwungenes Lächeln aber beginnt asymmetrisch, Lachfältchen bei den Augen bilden sich nicht. Dass der Körper zwischen echtem und gekünsteltem Lachen unterscheiden kann, zeigt eine Studie der Züricher Forschungsgruppe um Willibald Ruch. Probanden tauchten nach dem Betrachten lustiger Filme ihre Hand in eiskaltes Wasser. Nur die Personen, die zu echter Lachvariante angeregt worden waren, verspürten weniger Schmerz.

Lachtraining

Menschen, die gerne und oft lachen, haben geringeres Risiko, einen Herzinfarkt zu erleiden, stellten US-Forscher fest. Ob es dem Herzen nützt, wenn man sich trotz innerer Verärgerung zum Lachen zwingt, ist anzuzweifeln. "Aber es gibt Mittel und Wege, Unzufriedenheit und Feindseligkeit abzubauen", meint Michael Miller, Direktor des Zentrums für präventive Kardiologie an der Universität von Maryland. Ein wichtiger Schritt ist, sich selbst weniger ernst zu nehmen. Lachtherapeuten empfehlen, Lachen ähnlich zu trainieren wie Aerobic. Eine Übung ist die "Therapie des bewussten Lächelns".
Man stecke einen Bleistift zwischen die Zähne und aktiviere so die Muskeln des richtigen Lächelns. Spätestens nach 20 Minuten soll es zu gleichen Veränderungen im Gehirn kommen wie beim echten Lachen.
Mittlerweile arbeiten zahlreiche psychotherapeutische Verfahren mit Humor. Hier geht es nicht um das Aktivieren der entsprechenden Muskeln oder Lachen um jeden Preis, sondern um die Veränderung schädlicher Einstellungen.
"Die Psychologie hat mehr als hundert Jahre primär untersucht, was schief läuft beim Menschen", sagt der Emotionspsychologe Willibald Ruch. Aber: Man kann sich Glück auch erarbeiten. "Wer regelmäßig Spaß hat, sich engagiert neuen Herausforderungen und seinen Einsatz in den Dienst einer höheren Idee stellt, hat gute Chancen, zufrieden zu sein." Neben Neugier, Optimismus und Bindungsfähigkeit nennt der Forscher Humor als eine der Tugenden, die mit der Lebenszufriedenheit in enger Relation stehen.
Den Begriff Humor bezieht Ruch, "ganz allgemein auf jene Erheiterung, die uns zum Lachen, Lächeln oder Schmunzeln bringt. Erheiterung wiederum definiert er als jene "persönlichkeitsspezifische Disposition", die mit einer heiteren Grundstimmung verbunden ist und sich auf weitere Fähigkeiten auswirkt. Nämlich: Optimistische Grundeinstellung, die hilft, auch in schweren Zeiten die Hoffnung nicht zu verlieren. Die Fähigkeit, Distanz zu belastenden Lebenssituationen herzustellen und deren Bedeutung zu relativieren. Die Fähigkeit, alltägliche Ereignisse aus einer unkonventionellen, komischen Perspektive wahrzunehmen.

Der Angst ins Gesicht lachen

Die Tatsache, dass Humor eingefahrene Denk- und Wahrnehmungsweisen aufbrechen kann, macht sich die Humortherapie zunutze. "Nichts lässt den Patienten von sich selbst so distanzieren wie der Humor", schrieb Viktor Frankl, Erfinder der "paradoxen Intention", bereits vor rund 35 Jahren. Der Angst ins Gesicht zu lachen bedarf des Mutes zur Lächerlichkeit. Wer etwa Angst hat, sich durch Stolpern auf offener Straße zu blamieren, solle ein Spektakel durch schönes Stolpern bieten. Schon die Vorstellung, sich das erlauben zu dürfen, ist belustigend und befreiend zugleich.

Weblink
Links zum Lachen:
www.humorcare.com

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