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Mühsame Klischee-Fallen Auch im Service gefiel es Gruber nicht, schon gar nicht beim Heurigen - »dort sind die Chefs unheimlich anlassig, schlimmer als in einem Büro«.

Mühsame Klischee-Fallen

Schwerpunkt

Uniformen und Schwesternkittel wirken oftmals zu attraktiv, Bar-Tresen müssen als Psychotherapie-Stationen herhalten. Betroffene erzählen.

Höchstens 26 Jahre alt, abgeschlossene Ausbildung, körperlich topfit. Das Minimum: 2.000 Meter in zehn Minuten, fünf Klimmzüge - Voraussetzungen für die Wiener Berufsfeuerwehr. »Wir brauchen viele Handwerker«, sagt Brandmeister und Personalvertreter Heinz Altenburger. Doch bis zu 60 Prozent der Anwärter fallen bei der Aufnahmeprüfung durch. Unter Altenburgers 1.700 Kollegen sind Homosexuelle und drei Frauen. Altenburger kann der verklärten Kino-Version - wie in »Backdraft« - des Feuerwehrmannes wenig abgewinnen: »Die Schauspieler können sich auch bei schwersten Brandeinsätzen sehen und miteinander reden. Bei einem Feuereinsatz wird ein brennendes Haus meist kriechend betreten. Sicht gleich null.« Mit Glück ist im Licht der Scheinwerfer das Manometer des Atemschutzgeräts sichtbar. In seiner 20-jährigen Laufbahn hing Altenburgers Leben bereits am seidenen Faden. Bei einem Sturz in die Tiefe und beinahe ins Flammenmeer, rettete Altenburger sein im Dachteil verkeiltes Atemschutzgerät. Für die Feuerwehrmänner ist der Wasserschlauch wie der Faden von Ariadne auf Kreta. »Wer den Schlauch auslässt, findet nicht mehr raus.« Trotz der Gefahr, der Brandmeister und seine KollegInnen schätzen die tägliche Herausforderung, denn »keiner der 30.000 Einsätze pro Jahr gleicht dem anderen«.

Firefighter-Kalender
Das Bild der gestählten tapferen Männer wird weltweit mit Feuerwehrmänner-Kalendern gefördert. Von 2000 bis 2006 erschien der österreichische »Firefighter Kalender«. Unter den Models: Staatsmeister im Boxen, Ringen, Hammerwerfen, Bodybuilding und Zillen fahren - alle bei der Feuerwehr tätig.
Den ersten drei Ausgaben mit halbnackten Männern folgten Einsatzbilder. »Das war eine tolle Werbung. Ein Großteil der Abnehmer waren Frauen, ein Teil sicher auch Homosexuelle.« Der letzte Kalender geriet etwas zu comicartig.
Obwohl Heinz Altenburger noch keine Feuerwehrmann-Groupies getroffen hat, weiß er doch über Anziehungskraft zu berichten: »Die Auswirkung der Uniform ist doch erstaunlich. Im zivilen Leben werden wir leicht übersehen, doch wenn wir in Uniform sind, drehen sich viele Frauen nach uns um.« Auch als Ehemänner sind Feuerwehrmänner beliebt: »Wir sind nicht nur handwerklich geschickt, wir können auch kochen.« Der Küchendienst bleibt auf der Feuerwache keinem erspart.

Was eine Uniform bewirkt, weiß der Wiener Linienpilot Robert Bürger*, 43, nur zu genau. Seit 20 Jahren ist Bürger Kapitän einer europäischen Fluglinie. »Ich werde oft beneidet, weil ich angeblich Zugang zu den hübschesten Mädchen habe, das finden viele männliche Freunde cool.« Dabei knüpft ein Pilot mit den Stewardessen »Kontakte und Freundschaften, wie in jedem anderen Beruf auch«. Doch manch Klischee birgt Wahrheit: »Teilweise werden Piloten gerne von Stewardessen geangelt. Es ist ein Prestigejob wie Arzt und Anwalt.« Ein langjähriger Pilot verdient gut und ist »ein Mann, der etwas Tolles macht und eine Herausforderung annimmt. Attribute, die Frauen reizvoll finden«. Anders als Feuerwehrmänner gelten Piloten nicht immer als die besten Ehemänner: »Viele Frauen denken, Piloten können nicht treu sein. Kreative Berufe kommen besser an.« Möglichkeiten zur Untreue gibt es reichlich: »Wir sind beruflich viel unterwegs, selten daheim. Anders als in einem Job, wo du um 16 Uhr nach Hause zu deiner Frau gehst.«
Auf seinen Beruf ist der Flugkapitän stolz. Schließlich ist für ihn »ein fescher Mann zu sein noch keine Leistung«. Wenn Frauen den Piloten mehr als den Menschen in der Uniform schätzen, kann Bürger das nachvollziehen, doch es macht Angst. »Es gibt Frauen, die denken Piloten sind eine gute Partie, es gibt Gratisflüge und nach einer Scheidung bleibt etwas über. Die Gefahr besteht immer.« Derzeit ist Bürger Single.

Krankenschwestern-Report
Kliniksex, Doktorspiele oder Erotik in Weiß nennen sich sexuelle Rollen-spiele mit Krankenhausatmosphäre und Schwesternkittel. Krankenschwester Gabi Ruttner*, 39, hat mit dieser Spielwelt nichts zu tun. Vor 20 Jahren begann sie ihre dreijährige Ausbildung in einer Psychiatrie-Station, arbeitete auch mit Rechtsbrechern und Jugendlichen. In T-Shirt und Hose war Ruttner gut gerüstet: »Das war auf der Psychiatrie schon vor 20 Jahren kein Problem. Außerdem bin ich so klein, dass mein Schwesternkleid wie ein Sack wirkte.« Vor allem ältere Männer können schlecht damit umgehen, wenn sie von einer Schwester gepflegt und gewaschen werden: »Manche kosten das regelrecht aus, das ist grauslich. Da habe ich den Waschlappen hingeschmissen und bin gegangen. Manche Stationen sind aber so g’scheit und schicken automatisch gleichgeschlechtliches Personal zu Männern und Frauen.«

Erotik ist fehl am Platz
Harmlose Scherze bedenkt Gabi Ruttner mit Humor, was unter der Gürtellinie liegt bedingt eine dicke Haut. »Bisweilen sind die Ärzte, die dich wie einen Deschek behandeln, schlimmer. Das passiert aber eher auf allgemeinen Stationen, denn auf der Psychiatrie herrscht gute Zusammenarbeit.« Erotik ist im Krankenhausalltag völlig fehl am Platz. Die körperliche Nähe zu den PatientInnen kann als Signal missverstanden werden. »Dein Körper hat in diesem Beruf nichts zu suchen. Wenn eine Schwester das Mausi spielt, den Schwesternkittel kürzt, mit dem Po wackelt und den Ausschnitt weiter aufknöpft, darf sie sich nicht wundern. Du kommst rüber, wie du dich gibst.« Raue Meldungen sind Alltag auf einer Alkoholiker-Station, junge Schwestern müssen sich sehr gut behaupten. »Es ist wichtig, Grenzen zu setzen und Distanz zu wahren.« Wie Lust und Schwesternkleid im Privathaushalt zusammenpassen, kann sich Gabi Ruttner nur so erklären: »Manche Männer sind wehleidig, lassen sich gerne umsorgen. Die Aussicht auf Sex mit einer Frau im Kittel ist für diese Herren wohl doppelt schön.«

Hinter der Bar
Um sich finanziell über Wasser zu halten, arbeitet die Künstlerin Bettina Gruber*, 43, seit 25 Jahren in der Gastronomie. In der Innenstadtdisco »Take Five« hat Gruber an der Garderobe begonnen. »Ich war die süße 18-Jährige, da waren die Männer wie die Pest. Manche haben bis sechs Uhr früh gewartet, damit sie mich mit nach Hause nehmen können.« Ein Mann lauerte ihr nach der Disco gar an ihrem Auto auf, forderte sexuelle Handlungen unter seiner Gürtellinie, wurde handgreiflich. Erst ein Passant griff nach einer Weile ein und bewahrte Bettina Gruber vor Schlimmerem. Auch im Service gefiel es Gruber nicht, schon gar nicht beim Heurigen - »dort sind die Chefs unheimlich anlassig, schlimmer als in einem Büro«. Gruber wechselte hinter die Bar: »Da habe ich wenigstens ein Gefühl von Sicherheit, weil die Bar zwischen mir und den Gästen liegt.« Auch »Frechheit« kann sich die Barfrau hinter der Theke leisten, denn Männer suchen im Alkoholrausch Gesprächstherapie und auch Streit. »Das Geschöpf hinter dem Tresen bleibt dann als Opfer über, muss Rede und Antwort stehen.« Bettina Gruber versucht, einzelne Gäste miteinander zu vernetzen - das erspart ihr die Rolle als Laien-Therapeutin. Den Barbesitzern liegt freilich viel am Profit, Barfrauen sollen sich einladen lassen und kräftig mittrinken. »Ich habe mir immer statt Fernet heimlich Cola eingegossen und eine Wodkaflasche mit Wasser gefüllt, damit ich nicht mitsaufen muss. Einmal habe ich dem Gast versehentlich mein Wasser statt Wodka serviert - der war natürlich sauer.«
Gute Barfrauen sind trainiert: »Sie darf sich keine Goschn anhängen lassen, muss Retourkutschen, die nicht unter der Gürtellinie liegen, austeilen können, Grenzen aufzeigen und trinkfest sein.« Was im Barfrau-Dasein »unschicklich« ist, beschreibt Bettina Gruber anhand einer Kollegin, die gar »zu intim« mit den Gästen umgeht. »Sie erzählt von Sexualpraktiken, diskutiert darüber und wundert sich dann über aufdringliche Typen.« Gruber ließ sich nie von Gästen »abschleppen«, hat aber durchaus gute Freundschaften geknüpft.

*Auf Wunsch der InterviewpartnerInnen wurden die drei Namen von der Redaktion geändert.

Weblink
Für und Wider hinter der Bar:
www.barschule.info/praktische-grundlagen/barberufe.php

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sophia.fielhauer@chello.at
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