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Boomzeit für Zeitarbeit Wird das Handels- und Logistik-Credo »Just in time« auch die Zukunftsdevise für die »Haltung« von Beschäftigten sein?
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Boomzeit für Zeitarbeit

Wirtschaft&Arbeitsmarkt

Zeitarbeit kann nicht mehr unterbunden werden. BetriebsrätInnen haben sich nun zusammengetan, um sie wenigstens sozial verträglich zu gestalten.

Frühling in der Zeitarbeiterbranche« titelte das Wirtschaftsblatt vor kurzem. Vom kritischen »überdenken« der Beweggründe bis hin zu den Erwartungen und durchaus berechtigten Hoffnungen der Arbeitskräfteüberlasser auf kommende »Boomzeiten« war darin zu lesen. Gerade nach der Krise würden viele Unternehmen versuchen, zunächst alle Neueinstellungen über Leiharbeitsfirmen vorzunehmen. Auch der schwindende Mut und Wille der UnternehmerInnen, den zarten Aufschwung nach der Krise wieder mit eigenen MitarbeiterInnen zu bestreiten, würden das ihrige dazu beitragen. Für die Arbeitskräfteüberlasser bedeutet das: Rüsten für die nächste Expansionswelle.
Was bedeutet dieser Boom für den Arbeitsmarkt und dessen Arbeitskräfte? Wer und vor allem wie viele Menschen werden noch das »Privileg« eines sogenannten »Stammarbeitsplatzes« haben?Wird das Handels- und Logistik-Credo »Just in time« auch die Zukunftsdevise für die »Haltung« von Beschäftigten sein?

Zeitarbeit im Wandel
Zeitarbeit wandelte sich vom ursprünglichen Ad-hoc-Einsatz bei kurzfristigem Personalausfall in den 1970er-Jahren zunehmend zu einem strategischen Instrument zur Profitsteigerung.
Der Arbeitsmarkt verändert sich. Das traditionelle Arbeitsverhältnis verliert an Relevanz, während atypische Beschäftigungsverhältnisse rasant zunehmen. Für sozial- und gesellschaftspolitischen Sprengstoff ist daher auch in Zukunft gesorgt. Auch Gewerkschaften und BetriebsrätInnen werden durch diese Entwicklungen enorm gefordert. Plötzlich im Schnittpunkt »zweier Klassen« von MitarbeiterInnen im eigenen Betrieb zu stehen, bedeutet für viele BelegschaftsvertreterInnen mit Neuem und Unbekanntem konfrontiert zu sein. Auch das Spannungsfeld zwischen Stammbelegschaft und Zeitarbeitskräften kann, speziell in größeren Unternehmungen, von BetriebsrätInnen so manchen Spagat abverlangen. Verdichtet wird diese Anspannung auch noch durch die Interessen der Unternehmensführung.

Mit den Anforderungen in diesem Spannungsdreieck beschäftigen sich auch Arbeiterkammern und Gewerkschaften schon länger intensiv. Die Erkenntnis, das Zeitarbeit, mit all ihren Facetten, realistischerweise nicht mehr unterbunden werden kann, ist ein Faktum. Es verlangt aber von allen »Beteiligten«, diese sozialverträglich und vor allem menschenwürdig zu gestalten.
Nicht alle dieser Zeitarbeitsverhältnisse laufen rechtlich und menschenfreundlich ab. Trotz gesetzlicher und kollektivvertraglicher Regelungen tauchen immer noch vermehrt »Bad Practices«, wie aus den frühen Tagen der Arbeitskräfteüberlassung bekannt, auf.
Im Rahmen des GeDiFo innerhalb der AK beschäftigte sich im vorigen Jahr eine BetriebsrätInnen-Projektgruppe mit der Situation von Belegschaftsvertretungen in Unternehmen, welche Zeitarbeitskräfte beschäftigen oder zur Verfügung stellen.
GeDiFo ist die Abkürzung für »Gesellschaftspolitisches Diskussions-Forum«, welches formfreie Diskussionen aller Art fördert, die ausgehend von der aktuellen gesellschaftspolitischen Strömung die Situation der arbeitenden Menschen beleuchten und sich als Plattform für Projekte zur Verfügung stellt, die die Verbesserung dieser Situation anstreben.

Die Projektgruppe »Zeitarbeitskräfte - BetriebsräteNetzwerk« ist primär aus zwei Gründen entstanden:

  • BetriebsrätInnen in Überlasserfirmen (die Leih- und Zeitarbeitskräfte zur Verfügung stellen) haben spezielle Herausforderungen, denen sie am besten gemeinsam mit den BetriebsrätInnen jener Unternehmen begegnen können, in welchen diese Arbeitskräfte beschäftigt sind.
  • BetriebsrätInnen in Beschäftigerfirmen (welche Leih- und Zeitarbeitskräfte von Überlassern einstellen) fühlen sich oft sehr gefordert, Leih- und Zeitarbeitskräfte gleich gut zu betreuen/vertreten, wie ihre »alte« Stammbelegschaft.

Beiden Gruppen ist mit einem praxisorientierten Erfahrungsaustausch gedient. Die Zusammenarbeit sowohl innerhalb der jeweiligen Gruppe als auch zwischen VertreterInnen der jeweils anderen Gruppe scheitert aber bisher oft an der Unkenntnis der potenziellen AnsprechpartnerInnen. Als Ergebnis dieser Projektarbeit entstand eine Web-Plattform, die Zusammenarbeit und Dialog zwischen den BelegschaftsvertreterInnen fördern soll.
Über alle Grenzen hinweg, unabhängig von Fraktionen, Fachgewerkschaften usw. soll die Vernetzung von BelegschaftsvertreterInnen, Gewerkschaften und Arbeiterkammern im Vordergrund stehen. Sehr wichtig war außerdem, nicht eine starre/statische, sondern eine möglichst lebendige, schnelle und (inter)aktive Plattform zu kreieren.

Weblog als Diskussionsplattform
In Form eines Weblogs (blog.betriebsraete.at/zeitarbeit) soll alles für BetriebsrätInnen wichtige, zur Zeitarbeit, deren Voraussetzungen, aber auch bekannte Probleme, gebündelt und einfach abrufbar sein.
Von den gesetzlichen und kollektivvertraglichen Grund-/Basisinformationen über erläuternde Artikel zum Thema, FAQs für betroffene BetriebsrätInnen, Erfahrungsberichten sowie, zu einem späteren Zeitpunkt geplant, auch ein Erfahrungsranking von Überlasserbetrieben wird auf der Plattform zur Verfügung stehen.

In belebter Art und Weise kann/soll auch jede/r interessierte Betriebsrat seine ganz persönlichen Erkenntnisse oder Fragen zur Zeitarbeit im Blog posten. Das Herzstück bildet aber eine interaktive Datenbank, in der sich BelegschaftsvertreterInnen mit Erfahrung zum Thema Zeitarbeit als AnsprechpartnerInnen eintragen und ihr Wissen so weitervermitteln können. Auch VertreterInnen von Gewerkschaften und Kammer werden in dieser Datenbank auffindbar sein. Dadurch eröffnet sich die Möglichkeit für den »suchenden/unerfahrenen« Betriebsrat ohne Umständlichkeiten, einfach per Mausklick, durch ein Telefonat oder einfach »Face to Face« mit »wissenden/erfahrenen« BetriebsrätInnen in Kontakt zu treten.
Alle genannten Personen sind zur Mitgestaltung der weiteren Entwick-lung dieses BetriebsrätInnen-Netzwerks eingeladen. Je umfangreicher diese »Selbsthilfe«-Plattform für BetriebsrätInnen gedeiht, umso mehr Wissen und Kenntnis kann rund um die Zeitarbeit weitervermittelt werden.

Druck wächst
Zeitarbeitskräfte waren in Österreich vornehmlich und in hoher Anzahl in den industriellen Fertigungsbereichen beschäftigt. Gefolgt vom Bau und dem Dienstleistungssektor. Durch die krisenbedingte Reduktion von Vermittlungen in diese Bereiche haben Personaldienstleister aber auch zunehmend die KMUs für ihre Vermittlungsgeschäfte entdeckt. Auch bei den klassischen »Angestellten«-Tätigkeiten ist ein extrem gesteigerter Druck zur Arbeitskräfteüberlassung festzustellen. Eine stete Zunahme ist und wird in allen Bereichen unserer Arbeitswelt zu verzeichnen sein.

Als Betriebsrat darauf zu achten, dass Menschen, die in Zeitarbeitsverhältnissen tätig sind, gleichberechtigt und gleichwertig behandelt werden, dient primär auch dem Schutz der Stammbelegschaften. Auch sie stehen unter extremem »Wettbewerbsdruck« am Arbeitsplatz.
Ein System, das rechtliche, finanzielle oder gar gesellschaftliche Mankos einer ArbeitnehmerInnen-Gruppe zum Vorteil macht, darf nicht zur gesellschaftlich geduldeten Lehre werden. »Just in time« den Lebensunterhalt zu verdienen kann nicht das Ziel einer modernen Gesellschaft weden. Der Druck auf alle Betroffenen nimmt zu. Unternehmen wir mit  diesem neu geschaffenen Werkzeug gemeinsam etwas dagegen!

Weblink
Mehr Infos unter:
blog.betriebsraete.at/zeitarbeit

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