topimage
Arbeit&Wirtschaft
Arbeit & Wirtschaft
Arbeit&Wirtschaft - das magazin!
Blog
Facebook
Twitter
Suche
Abonnement
http://www.arbeiterkammer.at/
http://www.oegb.at/
Zögerliche Erholung Der Wirtschaftsaufschwung ist weiterhin ein zartes Pflänzchen, welches eines sorgsamen Umgangs bedarf, um nicht gleich wieder abgewürgt zu werden. Es reichen die Bedrohungen aus den Unsicherheiten und Risiken auf den überaus nervösen Finanzmärkten.
Wichtigste Wirtschaftsdaten Österreich 2007-2011 Zum Vergrößern auf die Grafik klicken!

Zögerliche Erholung

Wirtschaft&Arbeitsmarkt

Nach der Krise boomt nun die Weltwirtschaft endlich wieder, Europas Konjunktur hinkt allerdings nach.

Zwischen Mitte 2008 und 2009 durchlebte die Weltwirtschaft die schwerste Rezession nach dem Zweiten Weltkrieg. Seit Jahresmitte 2009 hat sie - nicht zuletzt dank massiver wirtschaftspolitischer Hilfestellung - die Rezession überwunden und entfaltet wieder eine hohe Dynamik. Das Wachstum von Welthandel und Weltwirtschaft liegt fast schon wieder auf demselben Niveau wie vor der Krise. Allerdings existieren dabei große regionale Wachstumsunterschiede.

Wachstum in China, Indien, Brasilien
Besonders kräftig ist derzeit das Wachstum in Schwellenländern wie China, Indien und Brasilien. Aber auch die USA und Japan verzeichnen ein dynamisches Wachstum, da die Wirtschaftspolitik in diesen Ländern wesentlich üppigere Sanierungspakete schnürte als es etwa in Europa der Fall war. Die Erholung im Euroraum fällt dagegen äußerst schaumgebremst aus. Die weiterhin schwache Binnennachfrage bremst das Wachstum nach wie vor, und die makroökonomischen Ungleichgewichte zwischen einzelnen Mitgliedsstaaten der Währungsunion machen KonsumentInnen und Investoren sowie die Finanzmärkte nervös, wie die jüngsten Turbulenzen zeigen. In seiner neuesten Konjunkturprognose von Anfang Juli 2010 rechnet das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) für den Euroraum mit Wirtschaftswachstumsraten (reales BIP) in der Höhe von 0,9 und 1,2 Prozent für die Jahre 2010 und 2011. Da in Europa die Wachstumsimpulse von außen und nicht von innen kommen, wachsen stark exportorientierte Länder wie Deutschland - auch dank niedrigem Euro-Kurs - überdurchschnittlich, wovon wiederum Österreich profitieren kann.

Zwar musste das WIFO die Wachstumsprognose für Österreich im Jahr 2010 geringfügig reduzieren, doch ist dies dem enttäuschenden Ergebnis des ersten Quartals zuzuschreiben, in dem die Investitionen erneut negativ ausfielen und auch das schlechte Wetter bremsend wirkte. Es wird ab dem zweiten Quartal wieder mit kräftigerem Wachstum gerechnet, insbesondere da die Exporte wieder spürbar anziehen.
Die Bruttoanlageinvestitionen werden nach dem Einbruch im Vorjahr auch heuer zurückgehen, da die Kapazitäten bei weitem nicht ausgelastet sind. Im Laufe des Jahres wird aber durch Erholung des Welthandels, Stärkung des Vertrauens, bessere Finanzierungsbedingungen und eventuell Vorzieheffekte wegen des Auslaufens steuerlicher Investitionsbegünstigungen eine leichte Wiederbelebung erwartet.

Ein Beschäftigungswunder?
Im Verhältnis zu den schwachen Ergebnissen bei Produktion und Investitionen überaus erstaunlich entwickelt sich die Beschäftigung. Die Verschlechterung am Arbeitsmarkt fiel - so negativ diese insbesondere für die direkt Betroffenen auch ist - deutlich schwächer aus als erwartet. Nach einem Anstieg der Zahl der aktiven Beschäftigten um über 80.000 im Jahr 2008 ging diese 2009 um knapp 40.000 zurück, doch 2010 und 2011 wird wieder ein Anstieg um 16.000 bzw. 18.000 (oder um jeweils 0,5 Prozent) prognostiziert. Dennoch steigt die Arbeitslosigkeit weiter, da sich auch das Arbeitskräfteangebot ausweitet. Nach dem Tiefpunkt der Arbeitslosenzahl von ca. 212.000 im Jahr 2008 wird diese bis 2011 auf 269.000 ansteigen, was einer Arbeitslosenquote von 7,3 Prozent nach nationaler Definition bzw. von 5,0 Prozent nach EU-Definition entspricht. In der Eurozone erreichen nur die Niederlande einen ähnlich niedrigen Wert.
Hier zeigt sich wieder einmal die große Bedeutung der Rolle der Sozialpartner und der öffentlichen Hand. Im Wesentlichen gibt es drei Gründe dafür, dass die Auswirkungen der Krise auf den Arbeitsmarkt so weit abgefedert werden konnten: Erstens die Kurzarbeitsmodelle, zweitens die Ausweitung der Schulungsmaßnahmen, und drittens der Beschäftigungszuwachs in öffentlichkeitsnahen Dienstleistungen (vor allen Erziehung und Unterricht sowie Sozialwesen). Mit der Konjunkturbelebung sollte sich langsam auch die Beschäftigung in der Sachgüterproduktion wieder erholen, allerdings aufgrund des »Hortens« von Arbeitskräften durch Kurzarbeit nur sehr zögerlich.

Netto-Reallöhne sinken wieder
Während die realen Pro-Kopf-Einkommen im Vorjahr - als Folge kräftiger Lohnabschlüsse im Herbst 2008, der Entlastung durch die Steuerreform und durch das Sinken der Inflationsrate - relativ kräftig (um 2,3 Prozent) angestiegen waren, wird für 2010 und 2011 jeweils ein Rückgang um einen halben Prozentpunkt erwartet. Dazu tragen der stärkere Preisauftrieb infolge der Belebung des Welthandels, aber auch schwächere Bruttozuwächse bei, welche aus der angespannten Lage der Sachgüterproduktion zu erwarten sind. Die Konsumnachfrage, bislang die wesentlichste Konjunkturstütze, wird weiterhin leicht positiv bleiben. Denn einerseits steigen die Einkünfte aus Besitz und Unternehmen zyklisch bedingt wieder kräftig, sodass sich gesamtwirtschaftlich ein Zuwachs der verfügbaren Einkommen ergibt, andererseits senken die Haushalte ihre - auch weiterhin recht hohe - Sparquote etwas ab, um Einkommenseinbußen zu kompensieren.

Keine übereilten Sparpakete
Ein Fragezeichen für die weitere Entwicklung des privaten Konsums ergibt sich allerdings aus den Sparplänen der Regierung. Noch sind dazu keine Details bekannt, dennoch ist es offensichtlich, dass Budgetsanierungsmaßnahmem im angekündigten Umfang eine spürbare Dämpfung sowohl für Investitionen als auch für den privaten Konsum darstellen und somit das Wirtschaftswachstum um einige Zehntel Prozentpunkte reduzieren werden. Zusätzlich könnte eine Erhöhung von Steuern und Abgaben die Inflationsrate um bis zu einem halben Prozentpunkt erhöhen, was sich wiederum negativ auf Realeinkommen und damit den Konsum auswirkt.

Der Wirtschaftsaufschwung ist weiterhin ein zartes Pflänzchen, welches eines sorgsamen Umgangs bedarf, um nicht gleich wieder abgewürgt zu werden. Es reichen die Bedrohungen aus den Unsicherheiten und Risiken auf den überaus nervösen Finanzmärkten. Eine zusätzliche Bedrohung durch übereilten Sparaktivismus in der Budgetpolitik ist derzeit mehr als verzichtbar. Ein nachhaltiger selbsttragender Wirtschaftsaufschwung ist weiterhin nicht in Sicht. Einzig die Unternehmensgewinne erholen sich schon wieder, bei den Unselbstständigen ist dagegen - wie die weitere Verschlechterung der Nettoeinkommen und der Arbeitslosenquote zeigt - von Erholung noch nichts zu spüren. Deshalb forderte AK-Präsident Tumpel, bei der Budgetkonsolidierung insbesondere auf folgende Punkte zu achten:

  • »Gemäß dem Konjunktur-Vorbehalt darf jetzt nicht mit radikalen Sparmaßnahmen begonnen werden, bevor mehr Sicherheit über eine positive Konjunkturentwicklung besteht.
  • Es darf nicht bei wichtigen Zukunftsbereichen wie Forschung, Bildung, Gesundheit und Beschäftigung gespart werden. Stattdessen braucht es in diesen Bereichen zusätzliche Investitionen.
  • ArbeitnehmerInnen haben bereits mehrfach für eine Krise gezahlt, die sie nicht verursacht haben. Es darf daher nicht auch noch die Konsolidierung zulasten der ArbeitnehmerInnen gehen.«

Weblink
Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung:
www.wifo.ac.at

Kontakt
Schreiben Sie Ihre Meinung an den Autor
thomas.delapina@akwien.at
oder die Redaktion
aw@oegb.at

Artikel weiterempfehlen

Kommentar verfassen

Teilen |

(C) AK und ÖGB

Impressum