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Risikobewusstsein Georg Michenthaler, IFES
Risikobewusstsein Zum Vergrößern bitte auf die Tabelle klicken!

Risikobewusstsein

Schwerpunkt

Aktuelle Studien des Instituts für empirische Sozialforschung (IFES) zeigen, wie es um das Sicherheitsbedürfnis der österreichischen Beschäftigten bestellt ist.

Nicht nur den eigenen Arbeitsplatz auf Dauer behalten zu können, wird für viele Menschen zunehmend unsicherer, auch die Arbeit an sich birgt eine Reihe von Risiken - wodurch und in welchem Ausmaß sich heimische Berufstätige subjektiv gefährdet fühlen, zeigen mehrere jüngere IFES-Studien.

Gesundheitsrisiken

Die Minimierung von Gesundheitsbeeinträchtigungen durch Unfälle und Verletzungen steht traditionell im Zentrum des herkömmlichen ArbeitnehmerInnenschutzes. Die Einschätzung des subjektiven Risikos ist - insbesondere bei Beschäftigten in Arbeitertätigkeiten - teilweise erheblich, wie die folgende Darstellung auf Grundlage des Österreichischen Arbeitsklimaindex1 zeigt: Insgesamt fühlt sich rund jeder/jede vierte ArbeiterIn durch Unfall- und Verletzungsgefahr belastet, in der Baubranche steigt der entsprechende Anteil auf 42 Prozent und im Verkehrssektor sogar auf mehr als die Hälfte (siehe Grafik).
Beschäftigte in Angestelltentätigkeiten müssen sich also weniger vor arbeitsbedingten Verletzungen fürchten, dafür lauern hinter dem Schreibtisch andere Gefahren für die eigene Gesundheit: Die häufigsten Beeinträchtigungen sind etwa Muskelverspannungen im Nacken-, Schulterbereich, unter denen rund sechs von zehn Angestellten leiden, oder Augenprobleme - etwa durch ständige Bildschirmarbeit, von denen in letzter Zeit knapp ein Viertel der Angestellten betroffen waren (Quelle: Österreichischer Arbeitsgesundheitsmonitor IFES/AKOÖ; Welle 1-3/2010).

Schleichende Erkrankungen

Das Risikobewusstsein hinsichtlich derartiger »schleichender« Gesundheitsbeeinträchtigungen durch die Berufstätigkeit ist - etwa im Gegensatz zum Unfallrisiko - eher schwach ausgeprägt: Vielfach werden die wahrgenommenen Symptome nicht den Arbeitsbedingungen zugeschrieben, obwohl sich dieser Zusammenhang statistisch oft klar nach­weisen lässt.

Der Täter ist (nicht) immer der Kunde!

In stressigen Arbeitssituationen mit intensiven zwischenmenschlichen Kontakten bleiben Konflikte nicht aus, und nicht immer finden die Beteiligten - Vorgesetzte, KollegInnen und Kunden/-innen - gütliche Lösungen. Dann köcheln derartige Konflikte dahin und belasten das Arbeitsklima oder sie entladen sich im Extremfall in handfester Gewalt.
Im Auftrag der Dienstleistungsgewerkschaft vida hat das IFES im Rahmen einer schriftlichen Befragung unter rund 1.800 Beschäftigten in insgesamt 51 Betrieben der Branchen Verkehr, Gesundheit und Tourismus die Wahrnehmung und Betroffenheit von Gewalterfahrungen untersucht - mit folgenden Ergebnissen:
Knapp die Hälfte der Befragten (drei Viertel jener im Sektor Verkehr) waren in der Arbeit schon einmal von Gewalt betroffen. In den meisten Fällen han­-delte es sich dabei um verbale Gewalt wie etwa Hänseleien, Verspottungen und diskriminierende Witze bis hin zu Bedrohungen und Einschüchterungen durch Kunden/-innen. Rund ein Viertel insgesamt musste derartiges schon einmal erdulden. Auch von Bedrohungen und Einschüchterungen durch Vorgesetzte sowie Mobbing und Ausgrenzung war zumindest jede/r Zehnte schon einmal betroffen.
Neun Prozent insgesamt und - wieder deutlich über dem Durchschnitt - 26 Prozent im Verkehrssektor waren sogar schon einmal Opfer von Tätlichkeiten und Handgreiflichkeiten.

Viele tun nichts gegen Übergriffe

Sämtliche Gewaltformen gehen in den untersuchten Dienstleistungsbranchen am häufigsten von den Kunden/-innen (Gäste, PatientInnen, Fahrgäste) aus, lediglich in der Gastronomie überschreiten auch Konflikte zwischen den KollegInnen häufiger die Schwelle zu verbaler und handfester Gewalt.
Ein maßgeblicher Befund der Studie ist, dass - je nach Gewaltform - zwischen rund einem Drittel und der Hälfte der Betroffenen nichts gegen die erlittenen Übergriffe unternimmt. Zum Teil liegt das an den vermuteten geringen Erfolgsaussichten bzw. werden derartige unliebsame Erfahrungen als zu geringfügig abgetan - man will ja nicht »zickig« sein! So charakterisieren etwa nur 27 Prozent Hänseleien und Verspottungen sowie 38 Prozent anzügliche oder diskriminierende Witze und Bemerkungen eindeutig als Gewalt.
Ein weiteres Feld der Sicherheit von Beschäftigten ist jenes der personenbezogenen Daten. Die Angestelltengewerkschaft GPA-djp hat 2007 zu diesem Thema eine Aktionswoche veranstaltet und IFES mit einer begleitenden Studie beauftragt, für die eine repräsentative Stichprobe von rund 1.000 Beschäftigten befragt wurde.

Sorglosigkeit im Umgang mit Daten

Demnach gehen die heimischen ArbeitnehmerInnen mit ihren persönlichen Daten im Betrieb eher sorglos um: Der Informationsstand in Bezug auf die personenbezogenen Daten ist eher gering - es herrscht überwiegend das Prinzip »Vertrauen«.
Obwohl etwa nur zwei von zehn wissen, wie lange derartige Daten im Betrieb aufbewahrt werden, haben nur sechs Prozent wenig oder gar kein Vertrauen in den sorgsamen Umgang mit den persönlichen Daten und in die Einhaltung des Datenschutzes.
Aber andererseits haben immerhin 27 Prozent der Befragten das Gefühl, an ihrem Arbeitsplatz über Datenerfassungssysteme kontrolliert zu werden. Das subjektive Risikobewusstsein der Beschäftigten in Bezug auf den betrieblichen Datenschutz ist also (noch) schwach ausgeprägt.

Fokus auf soziale Aspekte

Diese wenigen Beispiele aus jüngeren einschlägigen IFES-Studien zeigen, dass die subjektiven und objektiven Schutzbedürfnisse von ArbeitnehmerInnen den engeren Bereich von Unfallverhütung und Gesundheit am Arbeitsplatz bei ­weitem überschreiten, und dass die Einrichtungen des ArbeitnehmerInnenschutzes - neben den körperlichen und psychischen - auch die sozialen Aspekte der Integrität von Beschäftigten noch stärker in den Fokus zu nehmen hätten.

1Der Österreichische Arbeitsklimaindex wird von IFES im Auftrag der Arbeiterkammer Oberösterreich quartalsweise in repräsen­tativen Stichproben von jeweils ca. 900 Beschäftigten erhoben. Die obige Darstellung basiert auf drei Quartalserhebungen 1-3/2010 mit insgesamt ca. 3.600 Beschäftigten.

Weblinks
Institut für empirische Sozialforschung
www.ifes.at
Der aktuelle Arbeitsklimaindex:
tinyurl.com/3xjtw33

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Schreiben Sie Ihre Meinung an den Autor
georg.michenthaler@ifes.at
oder die Redaktion
aw@oegb.at

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