topimage
Arbeit&Wirtschaft
Arbeit & Wirtschaft
Arbeit&Wirtschaft - das magazin!
Blog
Facebook
Twitter
Suche
Abonnement
http://www.arbeiterkammer.at/
http://www.oegb.at/
Kein Orchideenthema Es ist notwendig, dass ­ArbeitnehmerInnen den ArbeitnehmerInnenschutz als das erkennen, wozu er dient: nämlich das Leben und die Gesundheit zu schützen. Denn Leid kann mit Geld nicht abgegolten werden.

Kein Orchideenthema

Schwerpunkt

Eine kleine Unachtsamkeit und schon ist es passiert: Die AUVA sorgt gemeinsam mit den Gewerkschaften dafür, dass ein Arbeitsunfall nicht das Leben zerstört.

Es heißt ja im Volksmund, dass wo gehobelt wird, auch Späne fallen müssen. Solange es bei den Spänen bleibt, ist das ja nicht schlecht, aber wenn es dabei zu Arbeitsunfällen kommt, dann kann das zu beträchtlichen persönlichen, gesellschaftlichen und nicht zuletzt auch wirtschaftlichen Nachteilen führen. Rechtlich als Arbeitsunfall gelten Unfälle bei der versicherten Erwerbstätigkeit, die sich beispielsweise direkt am Arbeitsplatz und durch die Arbeitstätigkeit verursacht ereignen.

Auch unterwegs versichert

Darunter fallen aber auch Unfälle auf dem direkten Weg von der Wohnung oder ständigen Unterkunft zur Arbeit, zum Mittagessen oder auf dem Heimweg, da sind Fahrgemeinschaften sowie Wege zum Geldinstitut mitgedacht. Ebenfalls dazu zählen Schulungsmaßnahmen, die zum Erwerb konkreter beruflicher Kenntnisse dienen, wobei auch ein Unfall bei der An- und Abfahrt zur bzw. von der Ausbildungsstätte als Arbeitsunfall betrachtet wird. Auch Unfälle auf dem direkten Weg von zu Hause oder von der Arbeits- oder Ausbildungsstätte zu einem Arzt oder einer Ärztin und zurück fallen in die Kategorie Arbeitsunfall, vorausgesetzt, dass der Arztbesuch dem Arbeitgeber gemeldet worden ist. Weiters zählen auch Unfälle dazu, die auf dem direkten Weg zu einem Kindergarten, einer Kindertagesstätte, zur Unterbringung der Kinder in fremder Obhut und auf dem Weg zurück in die Arbeit oder nach Hause passieren. Zu guter Letzt zählen Unfälle bei der Inanspruchnahme von Interessenvertretungen oder Berufsvereinigungen (z. B. AK, ÖGB, Innung etc.) ebenfalls als Arbeitsunfälle. Damit der größtmögliche Schutz gewährleistet ist, sollten auch Nebenwohnsitze gemeldet werden. Um die Zahl der Arbeitsunfälle möglichst gering zu halten, geht man konsequent den Weg der Prävention, indem der ArbeitnehmerInnenschutz ausgebaut und weiterentwickelt wird.
»Der ArbeitnehmerInnenschutz ist, wenn man die vergangenen 20 Jahre hernimmt, eine Erfolgsgeschichte«, sagt Anton Hiden, ArbeitnehmerInnenschutzexperte von der PRO-GE: »Und zwar wegen der Zusammenarbeit und den Bemühungen aller Beteiligten. Besonders wichtig ist die AUVA, die sich wirklich anstrengt.«
Bei der AUVA, der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt, sind rund 4,5 Mio. Personen gesetzlich gegen Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten versichert. Diese unterteilen sich in 1,2 Mio. ArbeiterInnen, 1,6 Mio. Angestellte, 420.000 Selbstständige sowie 1,3 Mio. SchülerInnen und StudentInnen. Die AUVA finanziert ihre Aufgaben als soziale Unfallversicherung aus Pflichtbeiträgen der DienstgeberInnen. Prävention ist dabei die vorrangige Kernaufgabe der AUVA.
»Aber das ist ja klar: Prävention rechnet sich etwa drei bis fünf Mal mehr. Wir sind also am richtigen Weg, aber es gibt eine Restmenge von etwa 100.000 Arbeitsunfällen pro Jahr, die in den vergangenen Jahren leider ziemlich konstant ist. Natürlich sind das 100.000 zu viel, aber es gibt ja immer mehr ArbeitnehmerInnen, d. h. prozentuell geht es immerhin zurück«, so Hiden. »Bei Arbeitsunfällen ist bei uns der Versicherte bestens versorgt. Man ist vom ersten Arbeitstag, von der ersten Stunde, der ersten Minute, die man zur Arbeit losgeht, schon versichert. Da gibt es keine Wartezeit! Es wird sofort geholfen.« Die Art, wie im Fall des Falles geholfen werden kann, erklärt der Gewerkschafter so: »Wir haben vier Säulen, auf denen das System basiert: Erste Hilfe, dann medizinische Hilfe, ­Rehabilitation, und finanzielle Hilfe. Auch im sozialen Bereich wird alles getan, um die Wiedereingliederung in ein möglichst normales Leben zu ermöglichen, also von Umschulungen, über geförderte Arbeit, bis hin zu Autos und Wohnungen, die auf die Bedürfnisse hin abgestimmt werden. Dem Liedermacher Sigi Maron wäre es bei uns nicht so schlecht ergangen, wie in dem Lied, in dem er über dieses Thema singt.«

Zahl der Arbeitsunfälle rückläufig

Nach der Auswertung der anerkannten Arbeitsunfälle der AUVA für das Jahr 2009 ist die Zahl der Arbeitsunfälle weiterhin rückläufig: Österreichweit konnte bei den Arbeitsunfällen der Erwerbstätigen (Arbeitsunfälle im engeren Sinn und Wegunfälle) mit 117.538 Unfällen ein Minus von 12,4 Prozent verbucht werden.
Der große Rückgang bei den Arbeitsunfällen 2009 ist neben der erfolgreichen Präventionsarbeit der AUVA aber leider auch auf die durch die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sinkende Anzahl der Beschäftigten sowie den Anstieg von Kurzarbeit zurückzuführen.
»Jeder einzelne Arbeitsunfall ist einer zu viel, aber es ist erfreulich, dass die Zahl der anerkannten Arbeitsunfälle seit 2006 durchschnittlich um 5,8 Prozent zurückgegangen ist. Der langfristig rückläufige Trend bestätigt, dass unsere Maßnahmen greifen«, so AUVA-Obfrau KommR. ­Renate Römer. Um die ArbeitnehmerInnen bestmöglich über die Präventionsmaßnahmen bei der Instandhaltung zu informieren, hat die AUVA spezielle Materialien entwickelt. Ein Merkblatt, ein Info-Folder sowie zwei Checklisten werden den Unternehmen ab sofort und kostenlos zur Verfügung gestellt. Es ist notwendig, dass ArbeitnehmerInnen den ArbeitnehmerInnenschutz als das erkennen, wozu er dient: nämlich das Leben und die Gesundheit zu schützen. Denn Leid kann mit Geld nicht abgegolten ­werden.

Über 100 Jahre Arbeitsinspektoren

Der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft Bau-Holz (GBH), Johann Holper, ist aber noch lange nicht zufrieden: »Jeder siebente Bauarbeiter war 2009 von einem Arbeitsunfall betroffen. Viele weitere Unfälle und auch Berufskrankheiten könnten vermieden werden, wenn die Präventionstätigkeit verstärkt würde und die ArbeitgeberInnen flächendeckend die gesetzlich geforderten Schutzeinrichtungen und -ausrüstungen zur Verfügung stellen würden.« Der Bau scheint ja sowieso eine der gefährlichsten Branchen zu sein, denn jeder fünfte Arbeitsunfall in Österreich ist im Bauwesen passiert. »Sehr oft handelt es sich leider auch um sehr schwere Unfälle. 32 der insgesamt 89 tödlich verunfallten ArbeitnehmerInnen waren 2009 im Bauwesen zu beklagen. Hinter diesen Zahlen stehen tragische menschliche Schicksale, das darf man nie vergessen. Das Thema Sicher­heit und Gesundheitsschutz darf deshalb nicht auf die leichte Schulter genommen werden!« Ins gleiche Horn stößt der ArbeitnehmerInnenschutzexperte der GBH, Andreas Huss: »Dieses Thema muss offensiv angegangen werden. Wir brauchen eine begleitende und verpflichtende betriebliche Gesundheitsvorsorge über das gesamte Arbeitsleben und ein Arbeitsinspektorat, das sich wieder als Kontroll- statt als Beratungsorgan versteht. Für die Beratung gibt es die ArbeitsmedizinerInnen und Sicherheitsfachkräfte. Außerdem müssen die ArbeitgeberInnen in aller Deutlichkeit daran erinnert werden, dass sie gesetzlich verpflichtet sind, für Schutzmaßnahmen zu sorgen, um Arbeitsunfällen und berufsbedingten Erkrankungen bzw. Berufskrankheiten vorzubeugen.«
Bereits vor über 100 Jahren wurden in Österreich die ersten Arbeitsinspektoren eingesetzt, denn schon damals wurde die Notwendigkeit erkannt, gesetzliche Regelungen zum Schutz der arbeitenden Menschen festzulegen, und deren Einhaltung durch eine unabhängige Behörde zu überwachen. Die Arbeitsinspektion ist die größte gesetzlich beauftragte Organisation zur Bekämpfung von Defiziten im Sicherheits- und Gesundheitsschutz bei der Arbeit in Österreich. Sie gewährleistet auch heute den Schutz von Leben und Gesundheit der arbeitenden Menschen durch die Erfüllung ihres gesetzlichen Auftrags.

Nicht nur beraten, auch strafen

»Zum Arbeitsinspektorat ist zu sagen, dass sie ihre Hack‘n unter den gegebenen Umständen gut machen. Zur Zeit der schwarz-blauen Regierung, wo nicht ­gerade arbeitnehmerInnenfreundliche Politik betrieben wurde, haben sie es nicht leicht gehabt, aber jetzt sind sie gut unterwegs«, weiß Anton Hiden, und ergänzt: »Es gibt halt zu wenige, aber das war schon unter Kreisky so. Wir wollen eh, dass aufgestockt wird, aber es geht halt politisch nicht durch. Das Arbeitsinspektorat muss weiter das Recht haben, zu strafen, es darf kein ausschließlich ­beratendes Gremium sein, das würde die ganzen Maßnahmen zahnlos machen. ArbeitnehmerInnenschutz darf kein ­Orchideenthema sein.«

Weblink
Mehr Infos unter:
tinyurl.com/33jv38m

Kontakt
Schreiben Sie Ihre Meinung an den Autor
dinomail@gmx.at
oder die Redaktion
aw@oegb.at

Artikel weiterempfehlen

Kommentar verfassen

Teilen |

(C) AK und ÖGB

Impressum