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72 Stunden ohne Kompromiss Die Aktion richtete sich im Zuge des Schwerpunkts besonders an arbeitslose und sozial schwächer gestellte Jugendliche. Sie wurden dazu ermutigt, an der Aktion teilzunehmen, damit auf ihre Situation aufmerksam zu machen und zu verbessern.

72 Stunden ohne Kompromiss

Gesellschaftspolitik

An Österreichs größter Jugendsozialaktion, organisiert von der Katholischen Jugend (KJ) mit youngCaritas und Ö3, beteiligten sich über 5.000 Jugendliche.

Unter dem Motto »72 Stunden ohne Kompromiss« haben sich vergangenen Oktober TeilnehmerInnen in 400 Projekten engagiert. Übrigens zum fünften Mal. Junge Menschen betreuen dabei karitative Projekte in ganz Österreich. Welchem Projekt sie zugeteilt werden, erfahren sie erst kurz vor Beginn der Aktion.

Die Kriterien und Aufgaben

Die Ausrichtungen der Projekte sind »sozial«, »entwicklungspolitisch« und »ökologisch«. Darüber hinaus können auch Projekte realisiert werden, die einer bestimmten Schwerpunktsetzung oder der Weiterentwicklung des Projekts an sich dienen, so etwa im Bereich Gedenkarbeit, sofern sie den anderen Projektkriterien entsprechen. »Solidarisches Handeln« ist angesagt, d. h. ein Projekt muss Menschengruppen zugute kommen, die am Rand stehen bzw. benachteiligt sind. Projekte werden »mit« Betroffenen gemeinsam, nicht nur »für« sie durchgeführt. Die TeilnehmerInnen müssen gefordert, aber nicht überfordert werden und dürfen ideologisch nicht vereinnahmt werden. Eine Aufgabe muss den »Rahmen des Üblichen« sprengen, d. h. sie soll etwas sein, das Jugendliche nicht jeden Tag erleben. In Betreuungssituationen von Menschen mit besonderen Bedürfnissen, alten Menschen, Kindern bzw. allgemein von den Adressaten der Hilfeleistung darf nicht eingegriffen werden bzw. nur unter verantwortlicher Begleitung. Mindestens ein/e EinsatzleiterIn der Einrichtung muss vor Ort bzw. immer erreichbar sein. Spendenprojekte sind nicht Fokus des Projekts und sollten eine untergeordnete Rolle einnehmen. Leitschnur ist »Learning by doing«. Das Ziel der Aufgabe muss transparent sein. Weiters müssen die Aufgaben in sich abgeschlossen sein, d. h. Start und Ende sind vordefiniert. Aus der Aufgabe darf für die Jugendlichen somit keine Folgeverpflichtung entstehen, die über die 72-stündige Projektdauer hinausgeht. Eine Aufgabe muss sich finanziell selber tragen, pädagogisch sinnvoll sein, d. h. die Jugendlichen sind nicht einfach nur »billige« Arbeitskräfte, die tun, was sonst nicht finanzierbar ist, und soll ein »Schnuppern« in soziale/gesellschaftspolitische/ökologische Felder ermöglichen.
Der Schwerpunkt 2010
Immer mehr Menschen - darunter viele Jugendliche - sind von Arbeitslosigkeit und Armut betroffen. Die EU hat deshalb 2010 zum »Europäischen Jahr zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung« erklärt. Auch »72 Stunden ohne Kompromiss« wollte durch die diesjährige Schwerpunktsetzung auf dieses Thema aufmerksam machen, die Menschen dafür sensibilisieren und durch konkrete Aktionen zeigen, dass etwas getan werden kann. Die Aktion richtete sich im Zuge des Schwerpunkts besonders an arbeitslose und sozial schwächer gestellte Jugendliche. Sie wurden dazu ermutigt, an der Aktion teilzunehmen, damit auf ihre Situation aufmerksam zu machen, und diese zusammen mit anderen zu verbessern. Die Teilnahme sollte den Jugendlichen neue Erfahrungsräume eröffnen, ihr Selbstvertrauen stärken und vermitteln, dass es Nutzen bringt, sich aktiv für sein Umfeld einzusetzen.

Projektbeispiele

Gerne wird den Jugendlichen Desinteresse an sozialen Fragen und mangelndes Engagement nachgesagt. Was die Jugendlichen so alles auf die Beine gestellt haben, zeigt ein kleiner, unvollständiger Auszug aus den 400 Projekten.
Das Lokal Inigo bietet Langzeitarbeitslosen Arbeitsplätze und wird von der Caritas Wien betrieben. Zur Verschönerung des Mitarbeiterbereiches, war ein Team von engagierten SchülerInnen des Rainergymnasiums fleißig am Verputzen und Ausmalen.
Musizieren für einen guten Zweck. 72 Stunden lang unterstützten Jugendliche in Salzburg die Organisation Cope, die in Indien Kindern aus armen Familien und Waisenkindern Zugang zu Bildung und eine gute Ernährung ermöglicht. Unter anderem musizierten die Jugendlichen in Salzburgs Altstadt.
Barrierefreies Gärtnern. Eine Gruppe steirischer Mädchen arbeitete 72 Stunden lang im steirischen Zentrum für Menschen mit Behinderung »Mosaik«. Gemeinsam mit den Behinderten des Hauses gestalteten sie Hochbeete für die heilpädagogische Gartenarbeit.
Coffee2Help. Dieser Kaffee schmeckte den Passanten nicht nur lecker, der Spendenerlös kam auch der Wiener Jugendnotschafstelle »a-way« zugute.
Schlaflieder und Geschichten aus dem Flüchtlingsheim. Ein Buch oder Hörbuch erzählte Gute-Nacht-Geschichten und Lieder aus den Herkunftsländern der Asylwerber. Die TeilnehmerInnen erfuhren andere Kulturen, die Asylwerber erfuhren Wertschätzung.
Satt mit einem Euro? Es klingt unvorstellbar, doch ist es für viele Menschen Realität. Sie müssen pro Mahlzeit mit einem Euro auskommen. »72 Stunden«-Jugendliche wagten einen Selbstversuch.
Lebensmittel in den Müll? Verbrauchsdatum überschritten, Verpackung aufgerissen oder optisch nicht einwandfrei? Hunderte Tonnen noch genießbare Lebensmittel wandern täglich in den Müll. Ein paar Säcke davon haben Jugendliche in Hallein wieder herausgefischt ...
Gemeinsames Gestalten. In Ludesch/Vorarlberg gestalteten Jugendliche gemeinsam mit Menschen mit Behinderung einen Zaun beim neuen Gemeinde-Spielplatz.
Das Haus der jungen Arbeiter ist eine Einrichtung der Wohnungslosenhilfe und bietet Unterkunft, Verpflegung und Sozialbetreuung für in Not geratene Menschen. Im Rahmen von 72 Stunden wurde der Freizeitraum neu gestaltet.
Spuren der Fremdenfeindlichkeit entfernen. Im Rahmen von 72 Stunden dokumentierten und entfernten in Perchtoldsdorf bei Wien Jugendliche fremdenfeindliche Schmierereien im öffentlichen Raum.
Alle Projekte finden sich unter:
tinyurl.com/34u9d7b
»Jugendliche sind sozial und solidarisch - das beweist ihr Engagement bei ›72 Stunden ohne Kompromiss‹. Sie sind Vorbild für die ganze Gesellschaft«, so Ingrid Zuñiga, ehrenamtliche Vorsitzende der Katholischen Jugend Österreich. »Bei meinen Projektbesuchen hat sich mir immer wieder gezeigt, dass Jugendliche, die sich kompromisslos für ihre Mitmenschen einsetzen, ihr Engagement gerne weiterführen wollen. Die Begegnungen mit oftmals benachteiligten oder sozial isolierten Personenkreisen sowie die unterschiedlichsten Erfahrungen, die die Jugendlichen während des Projekts machen, wirken über die Aktion hinaus in den TeilnehmerInnen nachhaltig fort und eröffnen ihnen neue Sichtweisen auf ihre Umwelt.«

Geht nicht gibts nicht

 »Geht nicht gibts nicht«, freute sich Caritas-Präsident Franz Küberl über das große Engagement der TeilnehmerInnen: »Selbst scheinbar unlösbare Aufgaben wie einen Bagger zu organisieren, konnten die Jugendlichen innerhalb kürzester Zeit bewältigen, weil Firmen und Privatpersonen mithalfen, um die Jugendlichen in ihrem Projekt zu unterstützen. Besonders freut mich, dass einige Mädchen und Burschen von den Begegnungen mit pflegebedürftigen, notleidenden oder auch behinderten Menschen so beeindruckt waren, dass sie sich künftig weiter bei der Caritas ehrenamtlich engagieren möchten.« Küberl bezeichnete die jungen Menschen als »Menschenverbesserer und damit Weltverbesserer«.
Auch die Östereichische Gewerkschaftsjugend (ÖGJ)unterstützt den Einsatz der Jugendlichen. Für den ÖGJ-Bundesjugendsekretär Florian Zuckerstätter widerlegt die Aktion »72 Stunden ohne Kompromiss« deutlich das Vorurteil, dass Jugendliche rein ich-bezogen und nur auf ihren eigenen Vorteil aus seien: »Das Projekt macht erst sichtbar, wie hoch das soziale Engagement junger Menschen in Österreich ist. Das sehen wir auch in der Arbeit der Gewerkschaftsjugend, wenn es um Fragen der sozialen Gerechtigkeit und Ausgewogenheit geht. Ein Beispiel dafür ist die ÖGJ-Kampagne ›Sauber bleiben!‹, bei der es um Engagement gegen Rassismus, Diskriminierung, Fremdenfeindlichkeit und Faschismus geht. Das Projekt ›72-Stunden‹ ist wieder einmal ein Beweis dafür, dass Ältere von Jüngeren lernen können, wenn es um Engagement für sozial Schwächere geht.«

Weblinks
Mehr Infos unter:
www.72h.at
wien.kjweb.at
religion.orf.at/projekt03/72h/72h_start.htm
www.oegj.at
www.sauber-bleiben.at
www.jugend.gpa-djp.at
jugend.proge.at
jugend.vida.at

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