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Unterentlohnung wird zur Straftat Die sogenannte Rot-Weiß-Rot-Card soll höchstqualifizierten Personen bzw. AkademikerInnen aus Nicht-EU-Staaten zur Verfügung stehen, die die Bedürfnisse des österreichischen Arbeitsmarkts erfüllen.

Unterentlohnung wird zur Straftat

Gesellschaftspolitik

Die Sozialpartner sind sich einig, dass Unterentlohnung strafbar sein soll. Im Mai soll das Maßnahmenpaket gegen Lohn- und Sozialdumping in Kraft treten.

Sind die VertreterInnen der ArbeitnehmerInnen, der UnternehmerInnen und der Landwirtschaft kurbedürftig, kaisertreu oder trachtenaffin? Nein, die Sozialpartner treffen einander Jahr für Jahr in Bad Ischl, um sich auf wichtige Maßnahmenpakete zu einigen, die bald darauf zu Gesetzen werden sollen. Zuletzt hat die Bundesregierung Vorschläge zur Bekämpfung von Lohn- und Sozialdumping und für die Zuwanderungs- und Integrationspolitik erbeten - die Sozialpartner liefern prompt ihre Vorschläge ab.
Die Sozialpartner Österreichischer Gewerkschaftsbund (ÖGB), Bundesarbeitskammer (BAK), Wirtschaftskammer (WKÖ) und Landwirtschaftskammer (LKÖ) haben sich auf ein Maßnahmenpaket geeinigt, das zum einen ein Unterlaufen der österreichischen Mindestlöhne unmöglich machen, und zum anderen qualifizierte Zuwanderung ermöglichen soll. Anlass ist die Öffnung des Arbeitsmarkts für osteuropäische EU-Länder.

Lohnniveau unter Druck

Das österreichische Lohnniveau, das durch die am 1. Mai 2011 bevorstehende Öffnung des Arbeitsmarkts für die »neuen« EU-Länder (außer Bulgarien und Rumänien) unter Druck zu kommen droht, soll mit Verwaltungsstrafen beschützt werden - genauso wie Betriebe, die sich korrekt an kollektivvertragliche Vereinbarungen halten. Wer weniger zahlt als im Kollektivvertrag vorgesehen ist, wird sich künftig strafbar machen. Dies ist die Grundidee, die die Sozialpartner am 18. Oktober in Bad Ischl vorgestellt haben.
»Wenn ab nächstem Mai die EU-Beitrittsländer uneingeschränkten Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt haben, brauchen wir eine klare Regelung für die Drittstaaten«, sagte ÖGB-Präsident Erich Foglar. Mit der Kontrolle des KV bzw. der richtigen Einstufung sollen die Behörde KIAB (Kontrolle illegaler Arbeitnehmerbeschäftigung) des Finanzministeriums und die Gebietskrankenkassen betraut werden. Bei Unklarheiten, besonders bei begründeten Einwendungen gegen die Einstufung, die die Kontrollbehörde vorgenommen hat, müssen die Kollektivvertragspartner angehört werden.
Das Ziel der Neuregelung ist es aber, Lohndumping effizient zu verhindern - und nicht, Unternehmen wegen kleiner Irrtümer zu kriminalisieren. Wird der Lohn, der laut Kollektivvertrag zusteht, nur gering unterschritten, ist bei der ersten Übertretung von einer Anzeige abzusehen, wenn der Arbeitgeber die Differenz zur korrekten Entlohnung nachzahlt. Das Gleiche gilt, wenn das Verschulden des Arbeitgebers gering ist. Bei wiederholten Verstößen wird der Unternehmer aber auch als Wiederholungstäter betrachtet, die vorgesehenen Strafen steigen erheblich.
Die Strafen sollen nach Größe des jeweiligen Unternehmens gestaffelt werden. Es geht los bei 1.000 Euro für Firmen mit bis zu drei Beschäftigten. Bei Wiederholungstätern mit vielen betroffenen ArbeitnehmerInnen soll die Strafe empfindlich in die Höhe gehen, auf bis zu 50.000 Euro. Gleichzeitig wurde die Einführung einer sogenannten »Rot-Weiß-Rot-Card« vereinbart, die höchstqualifizierten Personen bzw. AkademikerInnen aus Nicht-EU-Staaten, die die Bedürfnisse des österreichischen Arbeitsmarkts erfüllen, zur Verfügung stehen soll.

Chancen durch Zuwanderung

Als zweite Gruppe, die Anspruch auf die Card hat, sollen nach Vorstellung der Sozialpartner Qualifizierte bzw. Facharbeiter Innenaus Drittstaaten zuwandern dürfen. Durch Zuwanderung ergeben sich vielfältige Chancen.
Höher qualifizierte Zuwanderung steigert das Wirtschaftswachstum und damit den Wohlstand in Österreich. Migration kurbelt den Export an, Zugewanderte leisten in ihrem Zielland einen wesentlichen Beitrag zur Exportsteigerung. ZuwandererInnen verfügen über andere Sichtweisen und Erfahrungen, Betriebe können dieses Potenzial nutzen. MigrantInnen sind eine wichtige Kraft im Wirtschaftsleben: In Wien hat bereits ein Drittel der UnternehmerInnen Migrationshintergrund, zum Teil sind MigrantInnen selbst ArbeitgeberInnen und haben dadurch weitere Arbeitsplätze in Österreich geschaffen.
Über diese Gruppen und die als SaisonarbeiterInnen beschäftigten Menschen hinaus, soll es nach Vorstellung der Sozialpartner keine zusätzliche Immigration aus Drittstaaten geben, sagte AK-Präsident Herbert Tumpel bei der Paketpräsentation in Bad Ischl.
Es geht aber nicht nur um den Neuzuzug, sondern vor allem auch um Integration. Ein umfassendes Migrations- und Integrationskonzept, das Menschen von Beginn an Unterstützung und Begleitung anbietet, und die möglichst weitgehende Nutzung der Potenziale von Personen mit Migrationshintergrund sind mitentscheidend für die weitere soziale und ökonomische Entwicklung Österreichs. Die Sozialpartner konzentrieren sich vor allem auf die strukturelle Integration in den Bereichen Bildung, Arbeit, Recht, Wohnen, soziale Sicherung, Partizipation. Das heißt konkret, dass das Bildungssystem so umgebaut werden muss, dass die Chancen der Menschen mit Migrationshintergrund erhöht werden - also Durchlässigkeit, Chancengleichheit, Barrierenabbau. Das Erlernen der deutschen Sprache ist Grundvoraussetzung für den Arbeitsmarkteinstieg. Die vom AMS sowie im Rahmen der Integrationsvereinbarung angebotenen Deutschkurse sollten Arbeitsmarktbezug haben.
Arbeitsmarktpolitische Maßnahmen sollen stärker auf die Bedürfnisse von Personen mit Migrationshintergrund zugeschnitten werden, ihre spezifische Ausgangslage auf dem heimischen Arbeitsmarkt sollte in den operativen Zielen des AMS berücksichtigt werden. Jene beruflichen Fähigkeiten und Fertigkeiten, die im Ausland erworben wurden, müssen in Österreich besser verwertbar und anerkannt werden.

Zukunftsorientiertes Bildungssystem

Bei der »Rot-Weiß-Rot-Card«, die ab 2012 geplant ist, ist es dem ÖGB besonders wichtig, dass es nicht nur ein kriterien-, sondern ein bedarfsgeleitetes System der Zuwanderung geben soll. »Der Bedarf muss sich nach dem Arbeitsmarkt richten und wird von den Sozialpartnern gemeinsam festgelegt«, so Foglar.
Die Sozialpartner machen sich aber natürlich auch dann Gedanken über Zukunftsthemen, wenn sie nicht von der Regierung dazu aufgefordert werden. Zum Abschluss des Sozialpartnerdialogs plädierten sie dafür, dass die Bundesregierung mit ihnen gemeinsam kon-krete Vorschläge für ein ganzheitliches, vernetztes und zukunftsorientiertes Bildungssystem erarbeitet und rasch umsetzt.
 »Nach der Erstellung des Budgets 2011 muss es zu Beginn des kommenden Jahres rasch darum gehen, sich mit den wesentlichen Zukunftsfragen zu befassen«, appellierten die Sozialpartner-Präsidenten: »Um die wichtigen Herausforderungen der kommenden Jahre meistern zu können, brauchen wir vor allem ein ganzheitliches, zukunftsorientiertes Bildungssystem, das Kindergärten, Schule, Universitäten, Fachhochschulen und lebenslanges Lernen (Erwachsenenbildung) umfasst.«

Weblink
Bad Ischler Dialog 2010 - »Wachstum - Beschäftigung - Integration«:
www.sozialpartner.at

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