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Übersicht: Kosten und Ersparnisse durch Zukunftsinvestitionen

Öffentlichen Konsum stärken

Schwerpunkt

Notwendige Investitionen als Rahmenbedingung für Strukturverbesserung, Wachstum und Beschäftigung.

Auch in der österreichischen Diskussion zur Budgetkonsolidierung hat die neoliberale Forderung nach einem möglichst »schlanken Staat« deutlich mehr Platz bekommen als die ökonomisch viel vernünftigeren Ansätze einer nachhaltigen Budgetkonsolidierung durch »Offensivmaßnahmen«. Kann es sich Österreich überhaupt leisten, notwendige Investitionen aufgrund von konstruierten Sach- bzw. Sparzwängen zu unterlassen?

»Öffentlicher Konsum« - was ist das?

Unter »öffentlichem Konsum« im engeren Sinn (VGR-Konzept) sind vereinfacht dargestellt alle Aufwendungen zu verstehen, die die öffentliche Hand (Bund, Länder, Gemeinden, Sozialversicherungsträger) zur Bereitstellung sämtlicher Güter und Dienstleistungen benötigt. Dazu zählen v. a. der Personalaufwand, die zugekauften Vorleistungen, aber auch die Wertminderung der öffentlichen Gebäude und Maschinen. Neben dieser statistisch engen Abgrenzung wird aber in (wirtschafts-)politischen Diskussionen nicht selten unter dem »öffentlichem Konsum« mehr verstanden (z. B. bestimmte öffentliche Infrastrukturinvestitionen etc). Die folgenden Berechnungen und Darstellungen beziehen sich auf diesen »weiteren« Begriff des öffentlichen Konsums.

Gezielte Investitionen rechnen sich

Durch gezielte öffentliche Investitionen können strukturelle Probleme gelöst und Arbeitsplätze geschaffen werden. Gesellschaftlich gesehen sind dies Investitionen in die Zukunftsfähigkeit Österreichs, auf individueller Ebene eröffnen sie den Menschen mehr Chancen auf wirtschaftliche und gesellschaftliche Teilhabe.
Gerade durch Investitionen in den Sozialstaat in den Bereichen Kinderbetreuung, Abbau von Qualifikationsdefiziten bei Jugendlichen und Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit z. B. durch berufliche Rehabilitation können direkt und indirekt zumindest 60.000 Personen zusätzlich in den Arbeitsmarkt integriert werden. Durch die positiven Beschäftigungseffekte und entsprechende Leistungseinsparungen - insbesondere in der Arbeitslosen- und Pensionsversicherung - wird eine massive Entlastung der öffentlichen Haushalte erreicht.
Anhand von vier konkreten Maßnahmen aus drei gesellschaftlich zentralen Bereichen wird modellhaft aufgezeigt, dass durch entsprechende Investitionen in den Sozialstaat darüber hinaus ein Beitrag zur nachhaltigen Budgetkonsolidierung geleistet werden kann. Damit wird die vorherrschende Annahme entkräftet, wonach Investitionen in den Sozialstaat in Zeiten der Budgetkonsolidierung außer Frage stünden, da sie nur kosten.
Das Gegenteil ist der Fall, wie die Modellberechnungen eindrucksvoll zeigen: Kurzfristig entstehen natürlich Kosten, doch auf Dauer leisten diese Investitionen einen wesentlichen Beitrag zu einer nachhaltigen Budgetkonsolidierung - und erhöhen Österreichs Standortattraktivität und -qualität. (Details siehe Tabelle)
In den gerechneten Beispielen fallen in der Gesamtbetrachtung in den ersten Jahren Brutto-Investitionskosten an, die von 118 Mio. Euro im Jahr 2011 auf 603 Mio. Euro im Jahr 2014 ansteigen. Schon in den ersten Jahren nach Beginn der Maßnahmen bzw. Programme finanzieren sich diese zum Teil selbst, je länger der Beobachtungszeitraum festgelegt wird, desto höher sind die Rückflüsse durch die zusätzliche Beschäftigung.

Strukturelles Plus ab 2014

Bereits ab dem Jahr 2014 ist die Gesamtbilanz für die öffentlichen Haushalte klar positiv. Den Ausgaben von 603 Mio. Euro stehen im Jahr 2014 bereits Einsparungen und Einnahmen von insgesamt 734 Mio. Euro gegenüber. Dauerhaft (über das Jahr 2020 hinausgehend) ergibt sich durch die hier analysierten Investitionen sogar ein strukturelles Plus in den öffentlichen Haushalten von über 800 Mio. Euro/Jahr. Berechnungen zeigen, dass Investitionen in zukunftsträchtige Bereiche schon innerhalb relativ kurzer Zeiträume Rückflüsse an den Staat generieren, die die ursprünglichen Kosten übersteigen und damit auch gesellschaftspolitisch sinnvoll zur Budgetkonsolidierung beitragen.

Ausbau von Kinderbetreuung

Insgesamt wird durch die Realisierung dieser öffentlichen Investitionen der Wirtschaftsstandort attraktiver, wird die Beschäftigungsquote insbesondere von Frauen steigen, gleichzeitig nehmen die entsprechenden Lohnabgaben zu und die strukturellen Mängel werden abgebaut. Da z. B. der Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen sowohl beachtliche direkte Beschäftigungseffekte (10.550 im Endausbau) als auch indirekte Effekte (Ausweitung der individuellen Arbeitszeiten bzw. Ermöglichung von Arbeitsaufnahmen - allein bis 2015 entstehen dadurch 27.500 Beschäftigungsverhältnisse) hat, fließen über direkte Lohnabgaben beträchtliche Mittel an die öffentliche Hand zurück.
Umso besser es gelingt, »neue« BetreuerInnen nach deren Qualifizierung aus der Arbeitslosigkeit zu rekrutieren, umso höher fallen auch dauerhaft die Einsparungen in der Arbeitslosenversicherung aus. Berücksichtigt man die Kombination dieser beiden positiven Effekte - also Anstieg der Beschäftigung und Leistungseinsparungen -, ergeben sich mittelfristig bereits ab dem fünften Jahr nach Beginn der Investitionsaktivitäten strukturelle Mehreinnahmen im Vergleich zu den laufenden Kosten der Kinderbetreuungsangebote.
Langfristig ergibt sich allein durch den Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen und Ganztagesschulformen eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Die steigende direkte Erwerbsbeteiligung insbesondere der Frauen und die sonstigen Beschäftigungseffekte (z. B. ausgelöst durch steigende Konsumausgaben der privaten Haushalte) bedeuten strukturelle Mehreinnahmen für die öffentlichen Budgets.
Je stabiler und dauerhafter diese Beschäftigungsverhältnisse sind, umso höher ist auch der positive Beitrag für die öffentlichen Haushalte. Gerade diese Nachhaltigkeit der Mehreinnahmen unterstützt die aktuellen und zukünftigen Bemühungen zur Budgetkonsolidierung.

Produktiver Faktor Sozialstaat

Fokussierte Investitionen in den Sozialstaat (»Sozialstaat als produktiver Faktor«) sind notwendig zur Verbesserung und Weiterentwicklung der bestehenden Strukturen und leisten - wie sich nicht nur modellhaft zeigen lässt - darüber hinaus einen Beitrag zur nachhaltigen Sozialstaatsfinanzierung.
Mehr noch als bisher ist vor diesem Hintergrund evident, dass dem Sozialstaat eine unverzichtbare Rolle zukommt, um nicht nur die bereits bestehenden Herausforderungen wie etwa der Globalisierung, der Gefahr eines Lohn-/Steuer-/Sozialdumpings, der Ausbreitung prekärer Arbeitsformen, Gleichstellung von Mann und Frau, dem demografischen Wandel, Anforderungen einer modernen Wissensgesellschaft oder der Individualisierung der Lebensformen zu bewältigen.

Zukunftsinvestitionen

Trotz knapper Budgets muss es Österreich also gelingen, jene Zukunftsinvestitionen zu realisieren, die zwar kurzfristig mit Kosten verbunden sind, sich aber nachhaltig »rechnen« und strukturelle Mehreinnahmen für die öffentlichen Haushalte bedeuten.

Weblink
Langfassung der Studie:
tinyurl.com/37nhu9z

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