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Wenn Vermögen stiften gehen Es ist eine Schande, dass in einem der reichsten Länder der Welt von den wirklich Reichen so wenig privat für gemeinnützige Zwecke aufgewendet wird: Für unsere Universitäten, für wissenschaftliche Forschung, für Kunst und Kultur und für soziale Wohlfahrt.

Wenn Vermögen stiften gehen

Wirtschaft&Arbeitsmarkt

In Österreich werden Stiftungen noch immer gerne benutzt, um Vermögen der Besteuerung zu entziehen, jetzt wurde die Zwischensteuer verdoppelt.

Gemma stiften, sagt der Wiener, wenn er sich mit seinen Kameraden heimlich davonschleichen will. Gehen wir stiften, sagen aber auch reiche ÖsterreicherInnen, wenn sie mit Hilfe ihrer Anwälte und SteuerberaterInnen ihre Einkommen und Vermögen der Besteuerung entziehen wollen. Und zwar gar nicht heimlich, sondern ganz legal!
Begonnen hat es eher klein, als ein Versuch, unsere Reichen davon abzuhalten, ihr Geld ins Ausland zu bringen. Inzwischen sind Stiftungen ein respektabler Wirtschaftszweig, der nicht nur dem Staat einen großen Steuerausfall verursacht, sondern auch eine Vielzahl von Anwälten/-innen und SteuerberaterInnen zu reichen Männern (und Frauen) gemacht hat und weiterhin macht.

Stiftungen zu edlen Zwecken

Sind Stiftungen also eine böse Sache, die bekämpft gehört? So einfach kann man das auf keinen Fall sagen. In den meisten Ländern der Welt dienen Stiftungen sogar sehr edlen Zwecken. Es gibt berühmte Stiftungen, wie z.B. die Rockefeller Foundation (das englische Wort für Stiftungen) oder die Ford Foundation, die Wissenschaft, Forschung und die Künste fördern. Die Carnegie Foundation, die sich der Friedensförderung widmet. Die in neuerer Zeit geschaffene Bill & Melinda Gates Foundation hat einen Schwerpunkt in der Bekämpfung von Krankheiten und Hunger in der ganzen Welt. Die Liste ist fast unendlich. Diese Stiftungen werden von reichen Menschen und Familien (vielleicht aus schlechtem Gewissen, aber wenn schon?) mit ihrem eigenen Geld geschaffen, um Gutes zu tun.
Auch in Österreich gab es früher, vor allem in der Monarchie, solche Stiftungen, deren Namen man manchmal auf Häusern sogar noch lesen kann, und einzelne von ihnen existieren sogar noch immer.

Familienrechtliche Verteilungsfragen

Manchmal haben Stiftungen auch den Zweck, familienrechtliche Verteilungsfragen (gerade in Patchwork-Familien) zu lösen, oder einem Vater die Möglichkeit zu geben, für Kinder, an deren kaufmännische Fähigkeiten er nicht glaubt, eine Versorgung sicherzustellen. Denn bei einer Stiftung bringt der (oder die) StifterIn ein gewisses Ver-mögen ein und legt fest, wofür das Geld verwendet werden soll. Ein Stiftungsvorstand sorgt dann dafür, dass dieser Stifterwille tatsächlich ausgeführt wird. Alles durchaus in Ordnung - aber warum soll das gegenüber anderen zivilrechtlichen Lösungen (etwa einer Vererbung) steuerlich begünstigt sein?
Die allermeisten österreichischen Stiftungen neueren Datums haben jedoch weder einen zivilrechtlichen noch gar einen gemeinnützigen Sinn. Sie haben einen ganz anderen Stiftungszweck. Sie dienen ausschließlich dazu, den/die StifterIn und/oder deren Familie mit einem Einkommen auszustatten.
Und das mit einer möglichst geringen Steuerleistung. Sie werden errichtet, damit das in sie eingebrachte Vermögen in der Praxis weiterhin dem/der StifterIn und den Angehörigen dient, aber der Staat möglichst wenig Steuer davon bekommt.

Berechtigte Zweifel

Ob das wirklich Sinn macht, wird von vielen, auch dem Autor dieser Zeilen, bezweifelt. Kaum dass Zweifel an den Stiftungen geäußert werden, eilen allerdings die Verteidiger der Stiftungen auf den Plan und warnen vor den schrecklichen Gefahren, die entstehen würden, wenn man diese sogenannten Familienstiftungen wieder abschafft (das traut sich ohnedies niemand) oder, Gott behüte, ihre Privilegien auch nur das kleinste bisschen einschränkt. Das würde zu einem entsetzlichen Kapitalabfluss führen und zahlreiche Arbeitsplätze gingen verloren.
Wirklich? Schon jetzt hindert niemand eine Stiftung daran, ihr Geld im Ausland anzulegen; und viele von ihnen tun genau das. Es gibt sogar gar nicht so wenige AusländerInnen, vor allem Deutsche, die ihre Vermögen in österreichische Stiftungen einbringen (und um ganz sicherzugehen, ihren Wohnsitz, zumindest rechtlich, nach Österreich verlegen), ohne dass sie irgendwelche relevanten Vermögenswerte aus dem Ausland deswegen nach Österreich transferieren würden.
Denn in anderen Ländern ist eine so großzügige steuerliche Behandlung von Privatstiftungen wie in Österreich alles eher denn üblich.
Das Argument mit den Arbeitsplätzen stimmt allerdings in gewissem Umfang schon. In Österreich hat sich in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten eine regelrechte Privatstiftungs-Industrie entwickelt. Zahlreiche Rechtsanwälte und SteuerberaterInnen verdienen ein Vermögen daran, Stiftungen zu errichten und immer wieder umzugestalten. Sie und einzelne Manager verdienen ein weiteres Vermögen damit, als Stiftungsvorstände und Aufsichts- bzw. Verwaltungsräte zu werken.
Deren Existenz ist zwar nicht wirklich in Gefahr, aber sie würden vielleicht weniger verdienen und das weniger leicht. Dagegen wehren sie sich verständlicherweise. Doch das kann doch kein Grund sein, ungerechtfertigte Steuerprivilegien (die ja auf Kosten aller anderen SteuerzahlerInnen gehen) aufrechtzuerhalten.

Steuern endlich angehoben

Was also tun? Stiftungen verbieten? Das wird nicht gehen und wäre auch nicht sinnvoll. Wie schon erklärt, gibt es durchaus Stiftungen, die einen wirtschaftlich und gesellschaftlich gerechtfertigten Zweck verfolgen. Also die steuerlichen Begünstigungen für Stiftungen gänzlich abschaffen? Wenn man weiß, wer alles heute schon sein Vermögen in solche Privatstiftungen eingebracht hat, wird man rasch erkennen, dass diese Idee zumindest derzeit nicht durchsetzbar ist.
Im kommenden Budget hat die Regierung nun vorgesehen, dass die Steuer, die Stiftungen auf ihre Einnahmen zahlen müssen (mit einem Fachausdruck: die Zwischensteuer), von lächerlichen 12,5 Prozent auf immerhin 25 Prozent angehoben wird. Das ist ein vernünftiger und durchaus zu begrüßender erster Schritt!

Gemeinnützige Zwecke

Aber es gäbe noch einen weiteren Ansatz: Man könnte Privatstiftungen verpflichten, einen Teil ihrer Ausschüttungen (also das, was sie an StifterInnen und/oder deren Familien oder andere Privatpersonen auszahlen) für gemeinnützige Zwecke zu widmen. Zum Beispiel mindestens 20 Prozent der Ausschüttungen. Und wenn eine Stiftung dazu nicht bereit ist, dann verliert sie ihre steuerlichen Privilegien.
Es gäbe die steuerliche Begünstigung für Stiftungen also nur noch, wenn sie zumindest eine gewisse Leistung für die Gesellschaft erbringen.
Um es an einem Beispiel ganz konkret zu erklären: Wenn eine solche Stiftung in einem Jahr z. B. 100.000 Euro ausschüttet, dann müsste sie in diesem Jahr mindestens 20.000 Euro für gemeinnützige Zwecke ausschütten; als gemeinnützig in diesem Sinne sollten (der Einfachheit halber) alle EmpfängerInnen gelten, an die jetzt schon aufgrund von Gesetzen und Verordnungen steuerbegünstigt gespendet werden kann. Sonst muss die Stiftung alle Steuervorteile der letzten fünf Jahre nachzahlen.
Es ist ohnedies eine Schande, dass in einem der reichsten Länder der Welt (und das ist Österreich) von den wirklich Reichen so wenig privat für gemeinnützige Zwecke aufgewendet wird: für unsere Universitäten, für wissenschaftliche Forschung, für Kunst und Kultur und für soziale Wohlfahrt.

Höchste Zeit

Eigentlich hätte Österreich hier sogar eine große Tradition, die leider mit dem Nationalsozialismus (der Vertreibung der jüdischen Bourgeoisie und der nur noch geringen wirtschaftlichen Bedeutung des Adels) zu Ende ging. Vielleicht könnte man mit einer derartigen Änderung des Stiftungsrechtes hier wieder anknüpfen. Zeit dafür wäre es.

Weblink
Mehr Infos über Stiftungen:
de.wikipedia.org/wiki/Stiftung

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