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Private wirtschaften besser... Was diese Art von »Staatsrepräsentanten« und Privatiers gemeinsam haben ist, Staatsschulden hin, Firmenpleiten her: Hauptsache die arbeitenden Menschen lassen sich die Zeche dafür aufbrummen.

Private wirtschaften besser...

Wirtschaft&Arbeitsmarkt

...in die eigene Tasche. Der Insolvenzfall der A-Tec von Mirko Kovats macht sichtbar, was der Slogan »Private wirtschaften besser« in Wirklichkeit bedeutet.

Wie sich Mirko Kovats, Chef der nun zur Insolvenz angemeldeten A-Tec Industries, die Welt vorstellt, hat er im vorigen Sommer in seinem Buch dargestellt. Darin erklärt der durch Aufkauf und Weiterverkauf insolvent gewordener bzw. gemachter Firmen reich gewordene und selbst ernannte »Sanierer« Österreich zum Insolvenzfall. Was nicht verwundert, bedeutet doch sein Vorschlag den Staat erst recht auszuplündern, denn - so Kovats sinngemäß: Firmen sollten nur die Mindestsicherungen für ArbeitnehmerInnen zahlen und den Rest der Staat. Wie? Über noch höhere Steuern bei den arbeitenden Menschen, weitere Steuersenkungen für Unternehmen oder noch mehr Flexibilisierung der Arbeit(szeit).1

Es gilt die Unschuldsvermutung

Kein Wunder, wenn einem jetzt von so viel Insolvenz der Kopf schwirrt. Genug der Verwirrung, lüften wir soweit es uns möglich ist ein wenig den Schleier. Vorweg: Fing früher jede Geschichte mit dem Satz »Es war einmal ...« an, so ist es heute unerlässlich der folgende: »Es gilt für alle Beteiligten und hier Genannten die Unschuldsvermutung.« Auch wenn das abgedroschen klingen mag und moralisch und menschlich nicht mehr viel bedeutet. Aber rechtlich ist es nun einmal so. Umso mehr, als man ja nicht weiß, wie des Ministeriums Justiz-Gerichte entscheiden: z. B. nach der OGH-Nicht-Verantwortlichkeits-Sprechung für Kärntens Landeshauptmann Dörfler zum gemeinsamen Ortstafelverrücken mit Ex-LH Haider. Zudem sind etwa auch Grasser, Kulterer, Meinl, Flöttl oder Waffengrafen und Co. justizunschuldige Männer. Wer kennt sich da noch aus? Willkommen im Unschuldssumpf.
Selfmademan, Hardliner, Vordenker, Querdenker, Industrieller, so bezeichnet sich Mirko Kovats gerne selbst. Der Werkzeugfirmenvertreter in Osteuropa begann seinen Aufstieg bis zum jetzigen Fall 1997 mit dem Aufkauf des insolventen Salzburger Maschinenproduzenten Emco. In den 1990er-Jahren hatte er sich an Diskotheken in Österreich beteiligt, die zum Teil durch bis heute ungeklärte Umstände pleite gingen. Weitere Käufe folgten nach der Jahrtausendwende: ATB Austria Antriebstechnik, Montanwerke Brixlegg oder Austrian Energy & Environment (AE&E). Gemeinsam mit Partnern wurde 2003 ein Anteil an dem größten Technologiekonzern Österreichs, der damals noch verstaatlichten VA Tech (17.500 Beschäftigte, davon 8.000 in Österreich), erworben und nur ein Jahr später an den Konkurrenten Siemens weiterverkauft, zerstückelt und Beschäftigte hinausgeworfen, obwohl vorher das Gegenteil versichert wurde.
Schon damals kritisierten die Gewerkschaften das dubiose Zusammenspiel der blau-schwarzen Regierung und der blindwütigen Privatisierung durch ÖIAG-Chef Michaelis, die Kovats den Zuschlag gab: »Sollte Mirko Kovats, der mit seiner Victory Industriebeteiligungs AG rund 13 Prozent der VA Tech-Aktien hält, an Siemens verkaufen, würde er einen Gewinn von bis zu 68 Mio. Euro einstreifen.«2 Als Kovats mit der A-Tec Industries 2006 an die Börse ging, »machte er damit noch mehr Geld« als mit dem Verkauf der VA Tech.3

A-Tec-Gruppe: 70 Firmen weltweit

Die A-Tec-Gruppe ist ein Industriekonglomerat aus ca. 70 Firmen weltweit. Im Film »Let‘s make money« rühmt sich Kovats ob der billigen Löhne in Indien und schlägt vor, in Österreich auch die Löhne zu senken.4
2009 machte der Konzern mit weltweit rund 12.000 Beschäftigten fast drei Mrd. Euro Umsatz und 54 Mio. Euro Gewinn. Noch im August 2010 wurde die Geschäftsentwicklung rosig dargestellt, bis Anfang Oktober nichts von der Dramatik veröffentlicht. Noch eine Woche vor dem Konkursantrag der A-Tec, am 28. Oktober, wurde die Tochterfirma AE&E positiv bewertet. Sie erbringt zwischen 60 und 80 Prozent des Konzernumsatzes. Von 2007 bis zum Insolvenzantrag stürzte die A-Tec-Aktie von 50 auf 2,3 Euro ab. Am 24. November meldete die AE&E, zwei Tage später auch deren Tochterfirma in Raaba (Steiermark) Konkurs an. Der A-Tec-Konkurs samt dem der Tochter AE&E dürfte der zweitgrößte der Zweiten Republik werden. Man sieht schon: Private wirtschaften besser …
Für die Betriebsräte ist der aus Simmering Graz Pauker (SGP) und Waagner-Biro hervorgegangene Anlagenbauers AE&E an sich ein gesundes Unternehmen. Die Pleite ist nicht im gescheiterten »Australienprojekt« begründet. Schuld an der aktuellen Situation trage in erster Linie die »extreme Expansionspolitik« der A-Tec, die von der AE&E mitzufinanzieren war: »Die Gewinne der vergangenen Jahre seien für die Finanzierung von Unternehmenszukäufen der Holding von A-Tec abgeschöpft worden. Zudem habe die AE&E Darlehen und Anleihen im dreistelligen Millionenbereich an andere Konzernunternehmen vergeben.«5

Private gehen stiften

Und wo ist das Geld, das die A-Tec die Jahre davor verdient hat? Das Grundkapital der A-Tec-Industries beträgt 6,6 Mrd. Euro. Die A-Tec gehört zu zwei Drittel Mirko Kovats (55,2 Prozent der M.U.S.T Privatstiftung von Mirco Kovats und 11,3 Prozent Capital und Industrie Investment AG, Los Angeles), zu 6,9 Prozent der J.E. Loidold Privatstiftung; 26,6 Prozent notieren an der Börse. Für eine Sanierung der A-Tec muss, so Wilhelm Rasinger vom Interessenverband für Anleger (IVA) »Mirko Kovats aus allen Funktion entfernt« werden oder für die Firmensanierung einen »massiven Geldbetrag aus seiner Privatstiftung« entnehmen. Allein 2009 hätte sich der Dreier-Vorstand eine Erfolgsprämie von 1,6 Mio. Euro neben einer Mio. Euro Fixbezügen ausbezahlt. Der IVA-Präsident geht davon aus, dass der Vorstandsvorsitzende den Löwenanteil kassiert habe.6 Es bleibt also die Frage, ob der Sanierer-Spezialist Kovats sich mit der A-Tec-Sanierung wiederum nur selbst saniert ... Jedenfalls wäre er in »guter Gesellschaft«: In den seit 1994 existierenden derzeit rund 3.400 Stiftungen liegt ein Gesamtvermögen von mindestens 80 Mrd. Euro. 60 Prozent davon sind Unternehmensbeteiligungen. Stiftungseingangssteuer: »horrende« 2,5 Prozent!7 Fast im gleichen Zeitraum, von 1995 bis 2008, sind durch das Sinken der Lohnquote um sieben Prozent den ArbeitnehmerInnen, die im Schnitt 40 Prozent »Eingangssteuer« (= Lohnsteuer) zahlen, in Summe 98 Mrd. Euro vorenthalten worden.8 Dabei muss man sagen, dass der Staat dann nicht besser ist als ein »Privater«, wenn er mit dem ihm durch die SteuerzahlerInnen/WählerInnen anvertrauten Geld (Steueraufkommen) so verfährt, als wäre es sein Privateigentum, wie dies z. B. die ÖIAG tut.

Die Zeche zahlen wir

Was diese Art von »Staatsrepräsentanten« und Privatiers gemeinsam haben ist, Staatsschulden hin, Firmenpleiten her: Hauptsache die arbeitenden Menschen lassen sich die Zeche dafür aufbrummen. Wie schreibt ein Internet-Blogger zu den jüngsten Protesten gegen das Belastungspaket der Bundesregierung: »Es genügt nicht, dass die Interessenvertretungen der Beschäftigten zur Teilnahme an Protesten der Zivilgesellchaft aufrufen, sie sollten als einer der mächtigsten Teile davon selbst dazu organisieren. Das wäre wirkungsvoll.« Und ein Betriebsrat bei der Demonstration meint: »Wir verhandeln und verhandeln, und am Ende machen die Leute uns statt die Regierung oder die Banken für die Belastungen verantwortlich, oder wählen dann in ihrer Ohnmacht und Wut gar den Strache. Meine Schlussfolgerung: Wir müssen mehr handeln und weniger verhandeln.«9
Bei der Präsentation seines Buches erklärte Kovats: »Würde ich wie unsere Politiker handeln, würde mir das vermutlich zehn Jahre Gefängnis einbringen.« Macht der A-Tec-Chef etwas anderes als die Politiker? Nein, Schulden: seine Firmen sind pleite, der ganze »Erfolg« auf Pump. Und wieder sind die Beschäftigten die Opfer, die durch die Spekulationen ihre Arbeitsplätze und Einkommen verlieren. Währenddessen sitzt Herr Kovats nicht dort, wo er selbst die PolitikerInnen hinwünscht, sondern auf Kosten der Allgemeinheit, der SteuerzahlerInnen und Arbeitenden, auf seiner aus Gewinnabschöpfungen wohl ausgestatteten, extrem steuerschonenden Privatstiftung.

1 siehe: »Mirko Kovats: Die Sowjets hatten recht - 62 Thesen eines Querdenkers«
2 ÖGB OÖ, 3. 9. 2004
3 ÖÖN, 22. 10. 2010
4 siehe: »Caspar Dohmen: Let‘s make money - Was macht die Bank mit unserem Geld?« 2008
5 Presse/APA, 17. 11. 2010
6 Presse, 21. 10. 2010
7 APA/VÖP, Verband österreichischer Privatstiftungen www.stiftungsverband.at
8 ÖSTAT, 2008
9 www.zukunftsbudget.at

Weblinks
Mehr Infos unter:
www.a-tecindustries.com
www.stiftungsverband.at
www.oegb.at
www.arbeiterkammer.at

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oder die Redaktion
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