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Gleichberechtigung: Eine Frage der Zeit Wenig überraschend investieren Frauen im Gegenzug mehr Zeit in Tätigkeiten der Haushaltsführung - mehr als drei Stunden täglich verbringen sie nach ihrer beruflichen Tätigkeit mit Kochen, Aufräumen und Ähnlichem.

Gleichberechtigung: Eine Frage der Zeit

Schwerpunkt

2009 wurde vom Frauenministerium zum dritten Mal eine Zeitverwendungsstudie durchgeführt. Nach wie vor gibt es große Unterschiede zwischen den Geschlechtern.

24 Stunden, 1.440 Minuten oder 86.400 Sekunden - diese Zeit steht objektiv betrachtet jeder und jedem von uns täglich zur Verfügung. Zur freien Verfügung? Können wir wirklich frei über unsere Zeit verfügen? Welcher Anteil unserer Zeit ist durch Verpflichtungen in Beruf, Haushalt, Kindererziehung etc. gebunden? Und wer hat wie viel Zeit für sich? Diesen Fragen geht die Zeitverwendungsstudie nach, die im Auftrag des Frauenministeriums 2009 zum dritten Mal österreichweit durchgeführt worden ist. Dazu haben rund 8.000 Personen ab einem Alter von zehn Jahren einen Tag lang ein Zeit-Tagebuch geführt, in dem sie die ausgeübten Tätigkeiten notiert haben.
In der Auswertung wurde besonderes Augenmerk darauf gelegt, geschlechtsspezifische Unterschiede in der Zeitverwendung österreichischer Männer und Frauen aufzuspüren - Zeit, so die österreichische Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek, ist die wichtigste Ressource des 21. Jahrhunderts. Aus ihrer Verteilung lassen sich daher Schlussfolgerungen über den Stand der Gleichberechtigung der Geschlechter ziehen.
Diesbezüglich zeigen sich schon, wenn man die für berufliche Tätigkeiten aufgewandte Zeit betrachtet, deutliche Unterschiede: Während der Anteil der Frauen und Männer, die einer beruflichen Tätigkeit nachgehen, mit 83,3 Prozent und 87,2 Prozent noch sehr ähnlich ist, verbringen Männer mit durchschnittlich 10,02 Stunden von Montag bis Freitag fast zwei Stunden mehr Zeit im Job als Frauen mit 8,11 Stunden. Eine Dimension, die sich auch in der Teilzeitquote spiegelt: Nur knapp neun Prozent der Männer arbeiten auf Teilzeitbasis, aber mehr als 43 Prozent der Frauen!

Frau am Herd …

Wenig überraschend investieren Frauen im Gegenzug mehr Zeit in Tätigkeiten der Haushaltsführung - mehr als drei Stunden täglich verbringen sie nach ihrer beruflichen Tätigkeit mit Kochen, Aufräumen und Ähnlichem. Ihre ebenfalls berufstätigen Partner, von denen sich knapp zwei Drittel an der Hausarbeit beteiligen, werken lediglich etwas mehr als zwei Stunden im Haushalt, genießen dafür aber mit 3,35 Stunden täglich gut eine halbe Stunde mehr Freizeit als der weibliche Teil der erwerbstätigen Bevölkerung. Hausarbeit ist also, trotz aller Emanzipationsbemühungen, immer noch Frauensache - auch wenn der Anteil der Männer, die sich in die Haushaltsführung einbringen, seit der ersten Zeitverwendungsstudie 1981 signifikant gestiegen ist: Nicht einmal 40 Prozent aller Männer arbeiteten vor 30 Jahren im Haushalt, heute zählt dies bereits für mehr als 77 Prozent zur Selbstverständlichkeit.
Betrachtet man die Aufteilung der im Haushalt anfallenden Arbeiten zwischen Frauen und Männern, erkennt man eine klare geschlechtsspezifische Arbeitsteilung, die immer noch in traditionellen Rollenbildern verhaftet ist: Frauen - und auch hier betrachten wir nur die Gruppe der Berufstätigen - dominieren in den klassischen "Hausfrauen-Tätigkeiten", während Männer eher handwerkliche Arbeiten erledigen. Das ist im internationalen Vergleich nicht ungewöhnlich. Zeitverwendungsstudien quer durch Europa zeigen: Frauen pflegen und putzen, Männer widmen sich der Reparatur und Instandhaltung.
Demnach wird von drei Vierteln aller Frauen, die dafür täglich knapp eine Stunde aufwenden, gekocht - aber nur von einem Drittel der Männer. Wobei sich auch in diesem Punkt seit 1981 viel getan hat - damals gaben nämlich nur sechs Prozent der Männer an, selbst Speisen zuzubereiten. Auch das Abwaschen (F: 44 Prozent, M: 17 Prozent) und Aufräumen (F: 59 Prozent, M: 20 Prozent) übernehmen hauptsächlich Frauen, die dafür rund eine halbe bzw. eine Stunde aufwenden. Besonders auffällig ist der Unterschied bei der
Wäschepflege: Während mehr als 32 Prozent der berufstätigen Frauen Wäsche waschen und über 24 Prozent bügeln, widmen sich lediglich 5,9 Prozent bzw. 3,3 Prozent der Männer diesen Tätigkeiten!

Doppelbelastung: Beruf und Familie

Kinder wirken sich auf das Zeitbudget ihrer Eltern aus - beeinflusst wird die Arbeitsteilung auch in Bereichen, die nicht unmittelbar mit der Kinderbetreuung zusammenhängen. Das beginnt schon bei der Berufstätigkeit an sich: Die Zeit, die Mütter in Paarbeziehungen für ihre berufliche Tätigkeit aufwenden sinkt auf durchschnittlich 3,47 Stunden, während sie für Männer kaum abweicht. Sehr wohl wirken sich Kinder aber auf die Mitwirkung der Männer bei der Hausarbeit aus: Sie nimmt nämlich ab - Männer ohne Kinder investieren rund eine viertel Stunde mehr in den Haushalt als Väter.
Auch in der Kinderbetreuung zeigt sich nach wie vor eine traditionelle Rollenverteilung - Frauen kümmern sich generell deutlich mehr um den Nachwuchs als Männer. So werden Tätigkeiten der Körperpflege von 16,4 Prozent aller Frauen, aber nur von halb so vielen Männern verrichtet. Innerhalb von Familien, verstanden als Paarhaushalte mit mindestens einem Kind unter 16 Jahren, verdeutlicht sich dieser geschlechtsspezifische Unterschied noch: Rund 61 Prozent der Mütter baden, waschen und wickeln ihre Kinder, allerdings lediglich 36 Prozent der Väter. Auch in allen anderen Bereichen der Kinderbetreuung ist der Anteil der Frauen höher als jener der Männer. Lediglich beim Spielen herrscht annähernd Gleichberechtigung: Knapp die Hälfte der Frauen (45 Prozent) und 37 Prozent der Männer spielen täglich mit ihren Kindern.

Traditionelle Aufgabenverteilung

Warum innerhalb von gemischtgeschlechtlichen Haushalten immer noch sehr traditionelle Aufgabenverteilungen vorherrschen, hat das Österreichische
Institut für Familienforschung untersucht. Die Verteilung von Hausarbeitstätigkeiten basiert demnach auf komplexen Prozessen, die einerseits von individuellen Faktoren wie Wünschen, Meinungen, Vorlieben, Kompetenzzuschreibungen und Rollenbildern, andererseits aber auch durch äußere Umstände wie dem jeweils vorhandenen Zeitbudget beeinflusst werden.
Insbesondere bei jüngeren Paaren stellt die Überzeugung, dass Hausarbeit gleichberechtigt aufgeteilt werden sollte, eine weitestgehend vertretene Norm dar. Dass es dennoch immer wieder zu geschlechtsspezifischen Arbeitsteilungen kommt wird nicht auf Rollenstereotype, sondern auf individuelle Eigenschaften und Vorlieben zurückgeführt, die "zufällig" traditionellen Rollenerwartungen entsprechen. Darin zeigt sich, wie tief diese stereotypen Vorstellungen, die meist in der eigenen Sozialisation erworben worden sind, in jeder und jedem von uns verwurzelt sind.

Echte Männer gehen in Karenz

Bis zur geschlechtergerechten Verteilung der wertvollen Ressource Zeit ist es also noch ein weiter Weg - ein gutes Stück des Weges dorthin haben wir allerdings schon geschafft. Bereits Mitte der 1970er-Jahre wurde durch die Familienrechtsreform unter der Regie von Johanna Dohnal das Modell der Versorgungsehe mit dem Mann als Familienoberhaupt durch ein partnerschaftlich orientiertes Modell ersetzt. Ihre Nachfolgerin Helga Konrad setzte den Kampf um innerfamiliäre Gleichberechtigung mit ihrer Kampagne "Ganze Männer machen Halbe/Halbe" fort, unter der nächsten Frauenministerin Barbara Prammer wurde die "ausgewogene Gestaltung" von Haushaltsführung und Erwerbsarbeit schließlich im ABGB gesetzlich festgelegt.
Die zunehmende Flexibilisierung des 2002 eingeführten Kinderbetreuungsgeldes trägt dazu bei, dass immer mehr Väter sich aktiv an der Erziehung ihrer Kinder beteiligen und in Karenz gehen. Ein Trend, der in Zukunft noch weiter verstärkt werden soll: Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek macht mit ihrer Kampagne "Echte Männer gehen in Karenz" frischgebackenen bzw. werdenden Vätern Mut zur Väterkarenz. Unterstützt wird das Anliegen neben dem ÖGB auch von ArbeitgeberInnenseite - so betonen auch Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung die positiven Auswirkungen der Väterkarenz auf MitarbeiterInnen wie auch auf Produktivität und Klima im Unternehmen.

Mehr Infos unter:
www.maennerinkarenz.at
www.frauen.bka.gv.at/zeitverwendung
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