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Missbrauchte WanderarbeiterInnen Handgemenge zwischen Polizei und burgenländischen ErntearbeiterInnen 1923.

Missbrauchte WanderarbeiterInnen

Historie

1923: Gewerkschaftskampf gegen Großgrundbesitzer, die mit dem Einsatz von WanderarbeiterInnen den Kollektivvertrag umgehen wollten.

Bis 1918 gehörten das spätere Burgenland und die Slowakei zum Königreich Ungarn, einem der beiden Teile der österreichisch-ungarischen Monarchie. Die Großgrundbesitzer stellten dort traditionell billige slowakische WanderarbeiterInnen für die Ernte ein. Nachdem das Burgenland 1921 zur Republik Österreich gekommen war, wollten sie die billigen ArbeiterInnen weiter aus dem Gebiet holen, das jetzt zur Tschechoslowakei gehörte. Aber die österreichische Gewerkschaft der LandarbeiterInnen konnte Verträge durchsetzen, in denen sich die Gutsherren verpflichteten, zuerst arbeitslose BurgenländerInnen um einen festgelegten Lohn zu beschäftigten. Die Gutsverwaltung des Fürsten Esterházy versuchte, sich über diesen Vertrag hinwegzusetzen, und ließ ahnungslose SlowakInnen anwerben. Doch die GewerkschafterInnen wehrten sich mit Erfolg. Der Bericht darüber blieb uns erhalten.
Ein folgenschweres Ereignis entstand, so begann der Bericht, auf dem Esterházyschen Gutsbetrieb in Tadten. Hier waren, trotzdem 100 Landarbeiter arbeitslos waren, 60 slowakische Rübenarbeiter eingestellt worden. Am 27. April 1923 kamen die 60 slowakischen Arbeiter in Begleitung zweier Gendarmen auf den Gutshof. Als die arbeitslosen burgenländischen Landarbeiter erfuhren, daß die 60 Slowaken bereits in der Gutskanzlei saßen, holten sie ihre Arbeitskollegen vom Felde herein. Die Vertrauensmänner gingen in die Gutskanzlei und protestierten gegen die Aufnahme der 60 Slowaken und verlangten, daß diese zurückgeführt werden sollten. Die übrigen Arbeiter warteten vor der Gutskanzlei. Die beiden Gendarmen, welche vor der Gutskanzlei standen, verloren anscheinend den Kopf und gingen mit gefälltem Bajonett gegen die Arbeiter vor, um sie zum Abzug zu bewegen. In dem Wirbel, der nun entstand, wurden die beiden Gendarmen entwaffnet. Dabei soll auch der Verwalter bedroht worden sein. Noch in derselben Nacht kamen 20 Gendarmen, verhafteten die Vertrauensmänner und 18 Landarbeiter, die - in Ketten geschlossen - abgeführt wurden. Von 50 Angeklagten wurden 11 Angeklagte zu schwerem Kerker von einem bis vier Monate verurteilt, 10 Angeklagte wurden wegen Hausfriedensbruchs bedingt bestraft. 29 Angeklagte wurden freigesprochen.
Im Schlusskommentar stellte der Berichterstatter nüchtern fest: Slowakische Landarbeiter kamen nicht mehr nachTadten. Auch die alten Herren lernten also  langsam, dass in der demokratischen Republik Verträge mit der Gewerkschaft einzuhalten waren.

Zusammengestellt und kommentiert von Brigitte Pellar
brigitte.pellar@aon.at 

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