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Global Culture "Noch bevor du am Morgen dein Frühstück aufgegessen hast, warst du schon auf die Hälfte der Welt angewiesen", schrieb Martin Luther King bereits 1967 in seiner "Weihnachtspredigt für den Frieden".

Global Culture

Schwerpunkt

Wir alle sind in globale Kontexte eingebunden und damit Teil globaler Prozesse und Zusammenhänge, die so gut wie keinen Bereich unseres Lebens unbeeinflusst lassen.

Schon entschieden, wohin der heurige Sommerurlaub gehen soll? Kenia, Malediven oder doch eher Thailand? Wissen Sie, woher der Kaffee stammt, den Sie morgens zum Frühstück genießen? Wo der Computer produziert wurde, an dem Sie tagsüber Ihre Arbeit verrichten? Und auf welchen Finanzmärkten Ihr Erspartes veranlagt wird, von dem Sie annehmen, es läge sicher auf Ihrem Sparbuch?

Frühstück dank der halben Welt

"Noch bevor du am Morgen dein Frühstück aufgegessen hast, warst du schon auf die Hälfte der Welt angewiesen", schrieb Martin Luther King bereits 1967 in seiner "Weihnachtspredigt für den Frieden". Besser kann eine simple Tatsache kaum zusammengefasst werden: Wir alle sind in globale Kontexte eingebunden und damit Teil globaler Prozesse und Zusammenhänge, die so gut wie keinen Bereich unseres Lebens unbeeinflusst lassen und unter dem Begriff "Globalisierung" zusammengefasst werden. Durch die rasante Entwicklung der vergangenen Jahrzehnte unterscheidet sich das Leben, das wir heute führen, deutlich von jenem, das etwa unsere Elterngeneration vorgefunden hat.
Um beim Tourismus zu bleiben: 1950 waren insgesamt 25,3 Mio. TouristInnen weltweit unterwegs. Gemeinsam gaben sie knapp mehr als zwei Mrd. US-Dollar für ihre Reisen aus. Die Zahl der Reisenden hat seither sprunghaft zugenommen und 2008 ihren bisherigen Höhepunkt erreicht: 919 Mio. Menschen waren weltweit unterwegs, die Ausgaben sind auf 941 Mrd. US-Dollar angestiegen. Und auch, wenn in dieser von der Welt-Tourismus-Organisation erstellten Statistik auch Dienstreisen, Familienbesuche etc. enthalten sind: Mehr als die Hälfte aller Reisen wird für Urlaube angetreten. Aber nicht nur Menschen, auch Waren werden täglich per Flugzeug durch die Welt befördert. Rund 68.000 Tonnen werden Tag für Tag grenzüberschreitend befördert. Was nur einen kleinen Teil der Warentransporte darstellt, da lediglich sehr kapitalintensive, kurzlebige oder verderbliche Güter per Luftfracht transportiert werden. Bezogen auf das Gewicht werden mehr als 80 Prozent der Waren von Schiffen ans Ziel gebracht - dies ist zwar langsamer, aber wesentlich billiger als die Luftfracht. So liegt der Anteil der Transportkosten beispielsweise bei Kaffee bei nur einem Prozent vom Kaufpreis.
Sinkende Rohölpreise und technologische Weiterentwicklungen im Bereich der Seefracht brachten eine Kostensenkung mit sich und ermöglichten so die Entwicklung eines weltumspannenden Transportnetzes, das gemeinsam mit einem globalen Kommunikationsnetz - Kommunikationskosten gehen durch Internet und E-Mail mittlerweile gegen null - die Grundvoraussetzung für die Entwicklung neuer globaler Vermarktungs- und Absatzstrategien darstellt.
So eröffnet uns Globalisierung ungeahnte Möglichkeiten - uns, wohlgemerkt, die wir in sogenannten "entwickelten" Teilen der Welt leben. Der grenzüberschreitende Handel hat sich seit 1950 vervielfacht: Sagenhafte 2.820 Prozent mehr Waren wurden 2007 über Grenzen hinweg gehandelt. Sowohl Ursprung als auch Ziel dieses Handels waren und sind die "entwickelten" Regionen unserer Welt: Nordamerika, Europa und Asien - neben Japan werden in letzter Zeit China und Indien immer wichtigere Player am globalen Markt.

McDonaldisierung

Die Auswirkungen davon können wir täglich beobachten: Einerseits nimmt die Vielfalt der angebotenen Waren immer mehr zu, und wir finden im heimischen Supermarktregal exotische Früchte wie Pitahayas, Mangos oder Litschis. Andererseits wird das Konsumangebot weltweit immer einheitlicher, sodass sich eine Einkaufsstraße in Rio oder Sidney kaum mehr von der Wiener Mariahilfer Straße unterscheidet. Musik, Mode und Essen - der Einfluss globaler Konzerne ist nicht mehr wegzudenken.
Der seit 1994 auch in Österreich aktive Konzern Hennes & Mauritz ist 1947 in Schweden gegründet worden - mittlerweile stellen 2.200 Filialen in 40 Staaten weltweit sicher, dass wir auch im Urlaubsland trendige Mode zu günstigen Preisen erwerben können.
Das klassische Beispiel zur Illustration der Vereinheitlichung der Welt ist aber der Fast-Food-Bereich. 64 Mio. Menschen auf der ganzen Welt essen durchschnittlich pro Tag bei McDonalds - knapp ein Promille der gesamten Weltbevölkerung. Die wohl bekannteste Fast-Food-Kette der Welt mit gegenwärtig mehr als 32.000 Lokalen in 117 Ländern ist spätestens seit dem Erscheinen des Buches "Die McDonaldisierung der Gesellschaft" zum Symbol für Globalisierung geworden. Der amerikanische Soziologe George Ritzer beschreibt darin einen Prozess, in dem Gesellschaften zunehmend effizient, kalkulierbar, voraussag- und kontrollierbar - und damit entsprechend der Logik eines Fast-Food-Restaurants - organisiert werden.

Weltsprache Englisch

Auf den ersten Blick bringt Globalisierung also eine weltweite Angleichung des Konsumverhaltens und anderer Elemente des Alltagslebens mit sich, sodass regionale Traditionen durch eine globale Einheitskultur verdrängt werden, die sich am dominanten westlichen Lebensstil orientiert. Dies geht einher mit einer Vereinheitlichung der Sprache, die das Englische zur Weltsprache werden lässt. Auch wenn Hochchinesisch, das von 850 Mio. Menschen gesprochen wird, die meistgesprochene Muttersprache der Welt ist, überragt Englisch hinsichtlich seiner globalen Bedeutung sie bei weitem, obwohl es nur von etwa 500 Mio. Menschen als erste oder zweite Sprache verwendet wird. Geografisch betrachtet ist Englisch in 59 Ländern die offizielle Sprache, zusätzlich ist es Amtssprache in wichtigen internationalen Organisationen wie der UNO, der Europäischen Union oder der NATO. Von heute noch über 6.500 gesprochenen Sprachen weltweit werden, SprachwissenschafterInnen zufolge, nur zehn Prozent das nächste Jahrhundert überleben.
Dieser These der kulturellen Dominanz des Westens kann aber die Beobachtung entgegengestellt werden, dass Elemente fremder Kulturen sich zwar global ausbreiten, regional jedoch in durchaus unterschiedlichen Ausprägungen auftreten bzw. den lokalen Gegebenheiten angepasst werden. Um beim Beispiel McDonalds zu bleiben: Während die Burger in unseren Breiten zum überwiegenden Teil aus Rindfleisch hergestellt werden, sucht man solche in indischen Lokalen vergeblich. Und um den jüdischen Traditionen zu entsprechen bieten israelische Lokale koscheres Fast-Food an. Insofern werden lokale Besonderheiten vor dem Hintergrund der Globalisierung nicht eliminiert, sondern in manchen Fällen sogar geschärft und betont.

Interkultureller Austausch

Wie die wirtschaftliche und politische kann auch die kulturelle Globalisierung nicht per se positiv oder negativ beurteilt werden. Sie ist vielmehr ein vielschichtiger Prozess, der neben Risiken auch Chancen und Möglichkeiten birgt. Dass der Welthandel in seiner gegenwärtigen Ausgestaltung Entwicklungsländer benachteiligt und ihre weitere Ausbeutung begünstigt, liegt an der politischen Ausgestaltung des Welthandelssystems im Rahmen von Welthandelsorganisation und zahllosen bilateralen Freihandelsabkommen. Gleichzeitig ermöglichen aber die mittlerweile erschwinglichen Kommunikations-, Transport- und Reisekosten einen verstärkten interkulturellen Austausch, aus dem gegenseitiges Verständnis und Solidarität erwachsen kann.
Die Formierung und Zusammenarbeit einer globalen Zivilgesellschaft basiert auf der Kommunikation via Internet, Mobiltelefonie und E-Mail und der Möglichkeit, von Zeit zu Zeit im Rahmen von Weltsozialforen oder Protestkundgebungen zusammenzutreffen, um sich auszutauschen. Interkultureller Dia log, die Bereitschaft, eigene Vorurteile und Denkblockaden zu hinterfragen und aufzubrechen, um tatsächlich in Austausch mit dem Anderen zu treten, wird mehr und mehr zur Schlüsselqualifikation, um bestehende Machtkonstellationen aufzubrechen und so irgendwann Chancengleichheit für Menschen, Ideen und Waren weltweit herzustellen. Möglichkeiten dazu hat jeder von uns - fangen Sie am besten gleich damit an. Und genießen Sie Ihren Sommerurlaub.

Internet:
Menschenwürdige Arbeit für
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