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Mäuse machen mit Futter Normale Katzen und Kater würden Whiskas kaufen, oder, sofern sie in eine schlechter gestellte Schicht geraten sind, Brekkis bzw. No-Name-Dosen vom Diskonter. Die besseren und ganz hohen Tiere bekämen Sheba und anderes Nasszeug.
Buchtipp

Mäuse machen mit Futter

Schwerpunkt

Die Maus ist die beste Nahrung für die Katze, betrachtet man die Evolution. Aber wer achtet heute noch auf die Evolution?

Mit seinem zweibeinigen Dosenöffner Gustav ist Francis, der schlaue Kater, in ein Haus gezogen, dessen merkwürdige Geschichten und atmosphärische Absonderlichkeiten ihn bald ahnen lassen, dass hier etwas nicht stimmen kann. In "Felidae", dem 1989 erschienenen Tierkrimi von Akif Pirinçci, geht es nicht um des Katers Futter, sondern um die kriminellen Machenschaften im neuen Revier des Vierbeiners. Dank Gustavs Dosenfutter jeglicher Nahrungssorgen ledig, löst Francis komplizierte Fälle spielend. Normale Katzen und Kater würden Whiskas kaufen, oder, sofern sie in eine schlechter gestellte Schicht geraten sind, Brekkis bzw. No-Name-Dosen vom Diskonter. Die besseren und ganz hohen Tiere bekämen Sheba und anderes Nasszeug, mit Liebe und Petersilie serviert, weshalb gerade die Luxustiere frühzeitig ständige PatientInnen der immer zahlreicher werdenden TierpsychologInnen zu werden gezwungen sind.

Schwerindustrie 

Etwa 60 Mrd. US-Dollar schwer ist der weltweite Haustiermarkt. Das ist etwas mehr als nötig wäre, um die extreme Armut weltweit zu halbieren, meint Erik Assadourian vom Worldwatch Institute in Washington. Auch der ökologische Fußabdruck von Haustieren bzw. vom Aufwand, den ihre BesitzerInnen um sie treiben, passt nicht mehr in den Abdruck herkömmlicher Samtpfoten. Die zehn größten Haustierhalternationen bräuchten etwa die Landmasse von Neuseeland, um ihre Tiere in gewohnter Fertigfuttermanier zu verköstigen, wurde in dem Buch "Time to eat the dog" errechnet. Früher hatten einem Hund Tischabfälle, Wasser und ein bisschen Pansen genügt. Heute kostet Premium-Tierfutter der Luxusklasse doppelt so viel wie ein gutes Stück vom Truthahn. Pro Kopf gibt jeder/jede ÖsterreicherIn 50 Euro pro Jahr für das Haustier aus, etwas weniger die Deutschen (45 EUR), jedoch deutlich weniger als Briten/-innen (65 EUR) und US-AmerikanerInnen (110 EUR).
"Es lässt tief blicken", sagt der Ernährungskritiker und Journalist Hans-Ulrich Grimm, "wenn man sich bei mit Reis, Maismehl und Erbsenkleie vermengtem Schlachtabfall nicht zurückhalten kann, für den eigenen Putenbraten aber nur vier Euro investiert."

Aromatisiertes Tiermehl

Mit seinem Buch "Katzen würden Mäuse kaufen: Schwarzbuch Tierfutter", erstmals veröffentlicht im März 2007, verursachte der ehemalige Spiegel-Redakteur einigen Aufruhr in den Zentralen der Futtermittelproduzenten. Aus Schlachtabfällen und Kadavern, so einige von Grimms Ausführungen, werde in Tierkörperbeseitigungsanlagen Tiermehl gewonnen, als Rohstoff für die großen Hersteller von Heimtiernahrung. Erst Aromen, Geschmacksverstärker, Konservierungs-, Farb- und andere Zusatzstoffe ergäben daraus ein leckeres Menü für Schnurrli, Akira und Napoleon.
Tief blicken ließ auch die Reaktion des US-Konzerns Masterfoods, Deutschlands größtem Tierfutter-Hersteller, der nicht nur Whiskas, sondern auch Marken wie Pedigree, Chappi, Sheba oder Frolic vertreibt. Aufgrund einer einstweiligen Verfügung, die der Konzern erwirkt hatte, verzögerte sich der ursprüngliche Auslieferungstermin des Buches. Erst nach einer Erklärung des Verlages, die Herstellung eines Zusammenhanges zwischen Konzern und Tierfuttermafia wäre nicht beabsichtigt, konnte es unter einem neuen Schutzumschlag erscheinen.
Trotz aller Versicherungen der Branche, es gebe keine bessere und gesündere Nahrung für unsere Haustiere als industrielles Fertigfutter, wird zunehmend Kritik an den Fütterungsgewohnheiten von Haustieren laut. Die Industrie ist schließlich keine Tierschutzorganisation: Großkonzerne wie Masterfoods sind an sich Produzenten von Menschennahrung, wie Mars oder Uncle Ben’s Reis. Dabei fällt viel Abfall an. Somit sei die Tierfutterherstellung eine elegante und vor allem einträgliche Lösung zur Abfallverwertung, meint Buchautor Grimm.
Kritische TiermedizinerInnen empfehlen den Umstieg auf Rohfutter. "Nach unserer Ansicht gibt es zurzeit kein Fertig futter, das hochwertig genug ist, um  nach dem Vorbild der Natur die Nahrungsbedürfnisse der Katze voll zu be friedigen", heißt es auf der Website www.kritische-tiermedizin.de. Hier werden Ratschläge zur artgerechten Fütterung von Hund und Katze gegeben.

Knochen und Rindsmagen

Die BARF-Bewegung (Biologisch Artgerechtes Rohes Futter) ist nicht neu. 1993 veröffentlichte der australische BARF-Pionier und Tierarzt Ian Billinghurst das "Leitmedium der Knochenfresserbewegung" unter dem Titel "Give your dog a bone". Heute kommen Klassiker wie Knochen oder roher Rindermagen bei vielen Tierhaltern zu neuen Ehren. "Eine wertvollere Nahrung für den Hund als unbehandeltes 'Stinkezeug‘ gibt es nicht", meint etwa das Autorenduo Heiko Gebhardt und Gert Haucke in ihrem Buch "Die Sache mit dem Hund".
Auch das angebliche, in goldene Schälchen portionierte, Gourmetfilet stinkt ursprünglich sehr, meinen kritische BeobachterInnen der Branche. "Dass am Anfang der Produktionskette tierische Kadaver stehen, wird verschwiegen", sagt Buchautor Hans-Ulrich Grimm in einem Interview mit der deutschen Tageszeitung taz. Dass im Tierfutter Abfälle stecken sei weder neu noch schlimm. Erst die industrielle Verwertung, ein extrem profitables Geschäft, erfordere die Verwendung der zahlreichen Zusatzstoffe. "Die Futterindustrie hat das Tier zum Objekt menschlicher Bedürfnisse gemacht", so der Autor. "Die Wahrheit ist: Der Mensch ist einsam und die Katze hat Diabetes." Die Spätfolgen jahrelanger Fütterung ausschließlich mit Fertigfutter sind in den Praxen der Tierärzte zu sehen, meinen die kritischen TiermedizinerInnen. Probleme wie Übergewicht, Zahnausfall und Nierenerkrankungen wären bei der Gabe von Rohfutter zu vermeiden. "Die Hersteller versuchen, mit neuen Produkten die Probleme, die sie selbst verursacht haben, zu kompensieren und verdienen noch mehr Geld damit."
Abhängig von der Qualität müssten etwa Katzen verhältnismäßig viel Dosenfutter fressen, um ihren Nährstoffbedarf zu decken. Nassfutter fördere die Zahnerkrankungen, da das Tier normalerweise sein Gebiss durch Kauen rei nigt. Auch die Behauptung, Trockenfutter reinige die Zähne, sei falsch. Im Gegenteil: Die Stärkereste verursachen Zahnbelag. Die neuen "Oral care"-Produkte für Hund und Katz sind teuer und machen vorrangig den Tierhaltenden Spaß. Trockenfutter sei speziell für die Bequemlichkeit von TierbesitzerInnen entworfen, nicht für das Haustier. In jedem sechsten österreichischen Haushalt lebt ein Hund, (insgesamt über 640.000), rund 1,5 Mio. Katzen sind ÖsterreicherInnen. Ein Kundensegment, dessen Ausbau sicher lohnt, wie ein Blick in die Supermärkte zeigt. Hier nimmt es die Länge der Regale mit Haustierfutter leicht mit jener für Kosmetika auf. Die Rendite für Heimtierbedarf liege etwa doppelt so hoch wie im Lebensmittelhandel, ließ Torsten Toel ler, Firmengründer des Haustierbedarfsanbieters "Fressnapf", bei einer Pressekonferenz in Wien durchblicken. Zuletzt gab es landesweit 102 Filialen, bis zum Jahr 2015 sollen es 125 sein. Fressnapf will aber nicht nur expandieren, sondern in den kommenden Jahren auch bis zu 3,5 Mio. Euro in seine Modernisierung investieren. In eine Modernisierung der Werbung versteht sich, nicht in die der Futterqualität. Auch will sich Fressnapf künftig "femininer aufstellen". 80 Prozent der Kunden/-innen seien schließlich weiblich.

Katzen würden Mäuse kaufen

Würden Katzen bei der Produktion ihres Futters mitwirken, gäbe es vielleicht neben der Geschmacksrichtung "Maus" auch "Taube" oder "Fliege".
Wir sind gespannt, als nächstes zu erfahren, was Hersteller glauben, dass Frauen meinen, was ihre Katze gerne frisst. Kann man Katzen eigentlich auch das Fell färben, wenn es stumpf wird?

Internet:
Mehr Infos unter:
www.kritische-tiermedizin.de 
www.transanimal-editor.de 
www.food-detektiv.de 
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gabriele.mueller@utanet.at 
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aw@oegb.at 

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