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Mit gutem Grund Bei großen Vermögen ist es zweifelhaft, ob die Einkünfte wirklich versteuert wurden - denken wir an die lächerlichen Körperschaftssteuer-Leistungen der heimischen Großunternehmen.

Mit gutem Grund

Wirtschaft und Arbeitsmarkt

Der Ruf nach kräftigerer Besteuerung von Vermögen in Österreich wird lauter. Hierzulande ist die Summe dieser Steuern niedriger als in anderen Industriestaaten.

In Österreich stammen 1,3 Prozent der Staatseinnahmen aus Vermögenssteuern, im Durchschnitt der Industriestaaten (OECD-Länder) immerhin 5,6 Prozent und in den USA sogar 12,1 Prozent. Dennoch ertönt sofort, wenn die Erhöhung oder gar die Neueinführung von Steuern auf Vermögen verlangt wird, ein fürchterliches Geheul möglicherweise Betroffener. Es würde dann nicht nur ihnen großes Unrecht geschehen, Wirtschaft und Wohlstand wären gefährdet. Es geht in dieser Debatte um drei große Gruppen von Steuern: Steuern auf das Kapital selbst, also Substanzsteuern, Steuern auf die Übertragung (d. h. Kauf, Verkauf, Schenkung usw.) von Kapital, also Kapitalverkehrssteuern, und Steuern auf den Ertrag des Kapitals.

Viele Schlupflöcher

Zu den Substanzsteuern zählen die Vermögenssteuern, deren Basis das Vermögen der von der Steuer erfassten Personen und Firmen ist, die Grundsteuern, deren Basis der Wert der Grundstücke und Gebäude ist oder die Kraftfahrzeugssteuer auf Autos.
Kapitalverkehrssteuern sind z. B.Grundverkehrssteuern - eingehoben, wenn ein Grundstück den Eigentümer wechselt - und Finanztransaktionssteuern, die bei allen Finanzgeschäften anfallen würden, darunter auch die Börsenumsatzsteuern, sowie Erbschafts- und Schenkungssteuern.
Steuern auf den Kapitalertrag sind in Wirklichkeit eine Form der Besteuerung von Einkommen. Dazu zählen z. B. Kapitalertragssteuern auf Zinsen und Dividenden, aber in vielen Ländern auch Steuern auf die Wertsteigerung, die beim Verkauf von Vermögenswerten wie Grundstücken und Wertpapieren aus dem Unterschied zwischen Einkaufs- und Verkaufswert erzielt wird.
Einzelne dieser Steuern gibt es in Österreich, wenn auch meist mit viel zu vielen Schlupflöchern. Dabei zeigt sich, dass die Bewertung des Grundbesitzes zu Einheitswerten ein Haupthindernis für jede vernünftige Vermögensbesteuerung darstellt. Eine generelle Finanztransaktionssteuer hat es bis jetzt noch nie gegeben und andere Steuern auf Vermögen wurden im Laufe der Jahre abgeschafft, wie etwa Vermögenssteuer und Erbschaftssteuer, wobei Letztere vom Verfassungsgerichtshof (VfGH) für verfassungswidrig erklärt wurde.

Die üblichen Argumente

Argumente, die gegen Steuern auf Vermögen vorgebracht werden:
"Vermögenssteuern bringen ohnehin nichts und die Einhebungskosten rentieren sich daher nicht." - Die meisten Länder erzielen durchaus ansehnliche Einnahmen aus Grundsteuern und anderen Steuern auf die Vermögenssubstanz. Wenn diese Steuern nichts brächten, so könnten sie auch die Betroffenen nichts kosten, also warum die Aufregung?
"Vermögenssteuern treffen ohnedies nur die Kleinen, die Großen wissen, wie man sie vermeiden kann." Das ist eine Frage des Gesetzestextes. Könnte man z. B. Grundverkehrssteuern dadurch umgehen, dass man das Grundstück in eine Gesellschaft einbringt und diese steuerfrei verkauft, wird die Steuer von den Reichen umgangen und die Kleinen zahlen. Aber das muss nicht so gestaltet sein.
"Vermögenssteuern sind ungerecht, weil bei ihnen etwas besteuert wird, was ohnedies schon im Rahmen der Besteuerung von Einkommen besteuert wurde." Bei großen Vermögen ist es zweifelhaft, ob die Einkünfte wirklich versteuert wurden - denken wir an die lächerlichen Körperschaftssteuer-Leistungen der heimischen Großunternehmen. Bereits jetzt werden viele Steuern auf bereits besteuerte Gelder erhoben, z. B die Mehrwertsteuer bei Einkäufen mit bereits als Einkommen versteuertem Geld oder bei der Kapitalertragssteuer.
"Vermögenssteuern sind leistungsfeindlich, weil die besteuerten großen Vermögen auf für die ganze Wirtschaft nützlichen Leistungen beruhen. Diese würden nicht erbracht werden, wenn man sie besteuert." Ein zweifelhaftes Argument. Bundespräsident Heinz Fischer hat schon darauf hingewiesen, dass die Leistung von Erben durchaus überschaubar ist.
"Wenn man die Vermögen besteuert, flüchten ihre Besitzer damit ins Ausland: Kapital ist mobil." Mit Grundstücken kann man nicht ins Ausland flüchten; wieder kommt es darauf an, die Gesetze möglichst "wasserdicht" zu gestalten.

Sinnvoller gestaltet

Die Vermögensbesteuerung in Österreich könnte und sollte angesichts ihres im internationalen Vergleich geringen Umfanges ausgeweitet und wirkungsvoller gestaltet werden. Dabei muss man konkret sagen, um welche Steuern es geht und wie man sie gestalten soll.
Fangen wir bei der Finanztransaktionssteuer an. Mit dieser Steuer würde man Käufe und Verkäufe von Wertpapieren wie Aktien und Anleihen, aber auch jede sonstige Übertragung von Geld von einem Land in ein anderes besteuern. Dabei brächten selbst minimalste Steuersätze von weit unter einem Prozent riesige Erträge. Gegner (vor allem Spekulanten und Banken) erklärten, das Ganze könne nur funktionieren, wenn es weltweit eingeführt würde, das sei praktisch unmöglich. Gerade in Österreich wurde die Forderung nach einer solchen Steuer aber recht konsequent forciert und nun hat die EU-Kommission eine EU-weite Finanztransaktionssteuer vorgeschlagen.

Zentrale Frage der Einheitswerte

Bei allen anderen Steuern, ist das Thema Einheitswerte die zentrale Frage. Man muss Vermögen als Grundlage für die Steuer vorerst bewerten. Bei Bargeld und Sparbüchern ist das einfach: Ein 500-Euro-Schein ist 500 Euro wert, ein Sparbuch so viel, wie darauf eingezahlt ist. Bei Wertpapieren kann man Börsenkurse zur Bewertung heranziehen.
Grundbesitz muss man bewerten. Nach dem System in Österreich sollte diese Bewertung in regelmäßigen Zeitabständen erfolgen. Das Finanzamt bestimmt den als Steuergrundlage dienenden Wert jedes Grundstückes, den Einheitswert. Da der Wert der Grundstücke steigt, führen Neufeststellungen der Einheitswerte zu höheren Steuerzahlungen. Unsere PolitikerInnen haben aber Angst vor diesem Schritt. Daher wurden die Einheitswerte seit Jahrzehnten nicht mehr neu festgesetzt. Sie bewegen sich heute meist in Größenordnungen von etwa einem Zehntel (!) der echten Verkehrswerte.
Das Finanzamt legt also bei Grundstückskauf oder Bautätigkeit den Einheitswert neu fest; aus Angst, die Festlegung könnte wegen Verfassungs-
widrigkeiten vor dem Gesetz angefochten werden, wird der Wert gleich mit einem Bruchteil des Kaufpreises oder der Baukosten festgelegt. Deswegen hat der VfGH die Erbschaftssteuer für verfassungswidrig erklärt. Die extrem unterschiedliche Bewertung von Bargeld und Grundbesitz bei der Berechnung der Erbschaftssteuer hat dem Gleichheitsgrundsatz widersprochen. Statt nun endlich die Einheitswerte der Realität anzupassen, haben unsere PolitikerInnen es vorgezogen, die Erbschaftssteuer abzuschaffen.

Gefahr Verfassungswidrigkeit

Ohne Lösung der Einheitswert-Problematik ist aber weder eine Vermögenssteuer noch eine Erbschaftssteuer möglich - sie wären verfassungswidrig. Es besteht sogar Gefahr, dass die aktuelle Grundsteuer und möglicherweise auch die Grundverkehrssteuer aufgehoben werden. Bei der Grundsteuer, die ausschließlich den Gemeinden zugute kommt, wäre das für diese in der angespannten aktuellen finanziellen Situation eine Tragödie. Natürlich würde jede realistische Einheitswertfestsetzung zu höheren finanziellen Belastungen für alle GrundbesitzerInnen führen, auch weil man schon so lange säumig ist.
Aber man kann sicher die kleinen HausbesitzerInnen durch entsprechend hohe Freibeträge weitgehend absichern und darüber hinaus die Anpassung in mehreren Schritten vornehmen, um niemanden auf einmal allzu stark zu belasten. Es ist nicht einzusehen, warum man die BesitzerInnen großer Grundflächen und großer Gebäude auf Dauer von der weltweit üblichen Grundsteuer weitestgehend befreit. Und dafür noch in Kauf nimmt, keine Vermögens- und Erbschaftsteuern einheben zu können.

Lösung dringend notwendig

Es ist gut und richtig, eine höhere Steuer auf Vermögen von ihren BesitzerInnen zu verlangen. Doch diese Forderung wird so lange nicht glaubwürdig sein, wie man nicht bereit ist, das Problem der Bewertung des Grundbesitzes anzugehen. Ohne Lösung der Frage der Einheitswerte wird jedes Verlangen nach wirkungsvollerer Besteuerung von Vermögen leeres Gerede bleiben.

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