topimage
Arbeit&Wirtschaft
Arbeit & Wirtschaft
Arbeit&Wirtschaft - das magazin!
Blog
Facebook
Twitter
Suche
Abonnement
http://www.arbeiterkammer.at/
http://www.oegb.at/
Kommunale Grundversorgung sichern "Wir haben zum Beispiel 120 Kilometer Straßennetz zu erhalten. Ich weiß, dass viele Straßen komplett erneuert werden müssten, aber dafür fehlt einfach das Geld. So versuchen wir nur, die Schlaglöcher so schnell wie möglich zu reparieren."

Kommunale Grundversorgung sichern

Gesellschaftspolitik

Neue Initiative: Gemeinderesolution stärkt österreichischen Kommunen den Rücken.

Ich habe schlaflose Nächte. Sehr oft", sagt Bürgermeisterin Sonja Pilgram, wenn man sie auf die Finanzsituation in ihrer Gemeinde St. Peter am Kammersberg (Stmk.) anspricht. Auf dem Blatt Papier stehen 500.000 Euro Minus. Ganz so hoch wird die Summe zwar nicht werden, aber, so die Ortsvorsteherin, "katastrophal wird sie jedenfalls."

Sparflamme bei Investitionen

Was die Bürgermeisterin am meisten ärgert ist die Tatsache, dass das Gemeindebudget von 4,6 Mio. Euro kaum Zukunftsinvestitionen enthält und nur den laufenden Betrieb abdeckt. Und selbst dabei wird schon auf Sparflamme gekocht. Pilgram: "Wir haben zum Beispiel 120 Kilometer Straßennetz zu erhalten. Ich weiß, dass viele Straßen komplett erneuert werden müssten, aber dafür fehlt einfach das Geld. So versuchen wir nur, die Schlaglöcher so schnell wie möglich zu reparieren." Oder das Gebäude der Volks- und Hauptschule. Die Sanierung wäre schon längst überfällig, denn in den vergangenen Jahrzehnten wurde praktisch nichts in das Gebäude investiert. Die Bürgermeisterin: "Dort heizen wir das Geld praktisch zum Fenster hinaus, ganz zu schweigen von den Bedingungen für die Lehrer und Schüler."
Eine stetig wachsende Zahl der 2.357 österreichischen Gemeinden teilt die Sorgen der Bürgermeisterin von St. Peter. Vielerorts schaut es noch weitaus schlimmer aus. "Fast jede dritte Kommune von Pleite bedroht", titelte das Magazin "NEWS". "250 nö. Gemeinden sind von der Pleite bedroht!", mahnte auch die Gratiszeitung "Heute". Das ist keine Panikmache. Immer mehr Gemeinden geht das Geld aus. Hauptproblem: Den Kommunen wurden in den vergangenen Jahren immer mehr Aufgaben übertragen, gleichzeitig stehen ihnen aber immer weniger Mittel zur Verfügung.

Klare Worte, harte Zahlen

Was explodiert, sind vor allem die Ausgaben für Sozialleistungen. Hier sind es die Ausgaben für Pflege und Spitäler, die die Gemeindekassen immer stärker belasten. Exakte Zahlen nennt die Prognose des Zentrums für Verwaltungsforschung (KdZ): Allein die Budgetposten in diesen Bereichen werden in den kommenden drei Jahren um fast eine Mrd. Euro zunehmen.
Die Schulden der Gemeinden steigen dementsprechend an. Mehr als elf Mrd. Euro haben sie im Jahr 2009 bereits betragen, das sind um 20 Prozent mehr als zur Jahrtausendwende. Sieben von zehn Gemeinden sind bereits verschuldet, freie Mittel für Investitionen gibt es seit 2009 in Summe keine mehr.
Dabei sind öffentliche Dienstleistungen ein wesentlicher Bestandteil des österreichischen Wirtschafts- und Sozialsystems. Die Städte, Gemeinden und Gemeindeverbände spielen bei der Erbringung von Dienstleistungen zur Abdeckung kollektiver Bedürfnisse und Interessen eine bedeutende Rolle. Darüber hinaus hat sich die öffentliche Hand, hier vor allem die Kommunen, bei der Abfederung der Finanz- und Wirtschaftskrise hervorgetan. Schon bisher hat die kommunale Ebene versucht, ihrer verschärften finanziellen Lage durch Verwaltungs- und Personaleinsparungen zu begegnen. Da weitere Effizienzsteigerungen über Einsparungen kaum mehr realisierbar sind, stehen Leistungseinsparungen für die Bevölkerung im Raum. Notwendig ist daher eine verteilungsgerechtere und breitere Finanzierung der Staatsausgaben durch den Ausbau vermögensbezogener Steuern.

Neue Initiative Gemeinderesolution

Die Gewerkschaft der Gemeindebediensteten - Kunst, Medien, Sport, freie Berufe (GdG-KMSfB) hat gemeinsam mit der Allianz "Wege aus der Krise" die Initiative ergriffen: Eine Gemeinderesolution fordert ausreichende Finanzierung der Gemeinden und Maßnahmen zur Absicherung der kommunalen Dienstleistungen für die BürgerInnen. BürgermeisterInnen in ganz Österreich sind dazu aufgerufen, diese Petition mit ihrer Unterschrift zu unterstützen oder ihren Gemeinderäten/-innen zum Beschluss vorzulegen.
"Wege aus der Krise" fordert gemeinsam mit bereits mehr als 150 unterstützenden Städten, Gemeinden und BürgermeisterInnen:
Eine faire Mittelaufteilung durch einen aufgabenorientierten Finanzausgleich und eine klare Kompetenzaufteilung zwischen den Gebietskörperschaften. Klare Aufgaben und eindeutige Zuständigkeiten zwischen den Gebietskörperschaften, damit verbunden aber auch eine klare Finanzierungsverantwortung sind notwendig. Aufgaben- und Ausgabenverantwortung gehören zusammengeführt. Nur ein aufgabenorientierter Finanzausgleich unter Berücksichtigung von Einwohnerzahl, demografischen Kriterien (z. B. Bevölkerungs-
entwicklung, Altersstruktur), sozio-ökonomischen Kriterien (z. B. Beschäftigungsquote, Personen ohne Ausbildung), geografisch-topografischen Kriterien (z. B. Siedlungsdichte, Berggebiete) und zentralörtlicher Funktion garantiert auch eine faire Mittelverteilung - es ist unzeitgemäß, Geld ausschließlich nach Köpfen zu verteilen, es müssen die tatsächlichen Aufgaben und Leistungen finanziert werden.
Zusätzliches Geld aus dem Bundesbudget, um öffentliche Dienstleistungen (Altenpflege, Gesundheitsdienste, Bildung etc.) und kommunale Investitionen (öffentlicher Verkehr, Infrastruktur etc.) in die öffentliche Daseinsvorsorge sicherzustellen und auszubauen. Aufgrund der finanziellen Situation ist ein "Investitionspaket" des Bundes von rund 1,5 Mrd. Euro notwendig, um das aktuelle Investitionsniveau halten zu können.
Eine Modernisierung der gemeindeeigenen Abgaben (z. B. Bemessungsgrundlage der Grundsteuer). Gerechte Steuern: Die gemeindeeigenen Steuern müssen modernisiert und verfassungsmäßig abgesichert werden. Es darf nicht sein, dass die Steuern der Kommunen von Bund und Ländern durch Ausnahmebestimmungen und Nicht-Aktualisierung ausgehöhlt und zunehmend sogar von Verfassungswidrigkeit bedroht werden.
Ausreichende Besteuerung von Vermögen, Vermögenseinkommen bzw. Vermögenszuwächsen, wie Zinsen, Dividenden, Kursgewinnen oder Fondserträgen, im Vergleich zu Arbeitseinkommen. Die aktuelle Diskussion zeigt, dass die vom ÖGB und weiteren Organisationen forcierte Besteuerung von Vermögen ab 700.000 Euro breite Zustimmung genießt.
Damit wären die so oft strapazierten "kleinen Häuslbauer" und die "Erbschaft von der Oma" klar ausgenommen. Ein Prozent der Haushalte besitzen 33 Prozent des Vermögens in Österreich. Auch die Wiedereinführung der Erbschafts- und Schenkungssteuer soll hier einen Beitrag leisten. Die rund 150 Mio. Euro, die der Staat aus der Erbschafts- und Schenkungssteuer in der Vergangenheit eingenommen hatte, kamen ausschließlich von großen Vermögen. Wenn man die Vermögenssteuern auf den europäischen Durchschnitt von mehr als fünf Prozent des gesamten Steueraufkommens anhebt, hätte man vier Mrd. Euro mehr fürs Budget. Derzeit ist dieser Anteil mit 1,4 Prozent beschämend gering.

Für eine Finanztransaktionssteuer

Eine EU-weite Finanztransaktionssteuer: Die EU-weite Einführung einer Finanztransaktionssteuer macht dringend notwendige Investitionen in essenzielle öffentliche Dienstleistungen wie
z. B. Gesundheits- und Sozialdienstleistungen, Bildung und Armutsbekämpfung möglich. 83 Prozent der reichsten zehn Prozent der Bevölkerung sind an der Börse aktiv. Große Finanzinstitutionen verdienen Unsummen mit Wetten auf den Finanzmärkten. Nach den Berechnungen des Wirtschaftsforschungsinstituts wäre bei einem Steuersatz von nur 0,1 Prozent das Aufkommen in Österreich 1,7 Mrd. Euro, EU-weit etwa 260 Mrd. Euro pro Jahr.

Besseres gesellschaftliches Klima

Mit den aus diesen Maßnahmen resultierenden Einnahmen bzw. den dadurch frei werdenden Mitteln sollen und können zahlreiche gesellschaftlich wertvolle Arbeitsplätze in den Bereichen Bildung, Gesundheitsversorgung, Altenpflege, Kinderbetreuung, öffentlicher Verkehr, erneuerbare Energien, thermische Gebäudesanierung und Gemeindedienstleistungen finanziert werden. Die Kommunen sind dadurch finanziell in der Lage ihren Beitrag zu leisten, um zahllose Menschen in Österreich aus der Armut und Armutsgefährdung zu holen, die wirtschaftliche Nachfrage zu stärken, die Situation am Arbeitsmarkt spürbar zu entspannen und damit das gesellschaftliche Klima in Österreich - ohne große VerliererInnen - wesentlich zu verbessern.

Internet:
Mehr Infos unter:
www.kommunale-grundversorgung-sichern.at 
www.gdg-kmsfb.at

Schreiben Sie Ihre Meinung
an den Autor
thomas.kattnig@gdg-kmsfb.at 
oder die Redaktion
aw@oegb.at 

Artikel weiterempfehlen

Kommentar verfassen

Teilen |

(C) AK und ÖGB

Impressum