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Was "rechts" ist Rechtsextremismus versteht sich als "natürliche" bzw. "biologische" Ideologie, alles Abgelehnte wird als "widernatürlich" diffamiert, was sich sehr deutlich im Nationalsozialismus und Faschismus widerspiegelt.
Was "rechts" ist

Was "rechts" ist

Schwerpunkt

Rechte Politik hat viele Gesichter und reicht von radikaler Marktwirtschaft über altbekannten Faschismus bis hin zur Islamophobie.

Worüber sprechen wir eigentlich, wenn wir uns mit rechter Gesinnung befassen? Die historische Herkunft der politischen Begriffe rechts und links lässt sich einfach erfassen: In Kontinentaleuropa reicht die Tradition dieser Bezeichnungen bis ins späte 18. Jahrhundert, in die Zeit der Französischen Revolution, zurück. "In den verschiedenen parlamentarischen Organen der Revolutionszeit saßen die konservativeren Kräfte vom vorsitzführenden Präsidenten aus gesehen rechts, die fortschrittlicheren links", so die Erklärung auf der Homepage des heimischen Parlaments.

Macht des Marktes

Im Laufe der Jahrhunderte verfestigte sich die genannte politische Rechts-links-Terminologie, wofür steht dieses Schema aber heute in der politischen Praxis? Dazu der Politologe Peter Filzmaier, Professor an der Donau-Universität Krems: "Linke Parteien sind egalitär und staatsinterventionistisch, rechte Parteien libertär - nicht liberal - und marktwirtschaftlich orientiert." Der Gegensatz lässt sich anhand der Parteienposition zu Fragen der Wirtschafts- und Sozialpolitik und des Widerspruchs von sozialer Gleichheit und Gerechtigkeit bzw. individueller Freiheit verdeutlichen. Rechte Parteien vertrauen auf das Konzept des freien Wettbewerbs bzw. der freien Marktwirtschaft - auf eine "invisible hand" als Regulativ - und lehnen eine zentralistische Einflussnahme des Staates weitgehend ab. Dagegen betonen linke Parteien die Notwendigkeit staatlicher Regelungen, um gleiche Chancen für alle zu schaffen.
Ein anderes Kriterium ist die Positionierung zu Sicherheitsthemen, wo "law and order" als kollektive Kontrolle rechts einzustufen ist, die höhere Einschätzung individueller Freiheitsrechte jedoch als links (siehe z. B. das Thema Datenschutz). "Man kann also durchaus wirtschaftspolitisch rechts und sozialpolitisch links sein, wie es das Liberale Forum (LIF) war", analysiert Filzmaier.
Das LIF fristet bekanntlich seit Jahren ein politisches Schattendasein, ganz im Gegenteil zur rechtspopulistischen FPÖ. Angesichts der starken FPÖ stellt sich natürlich die Frage, ob Österreich besonders weit rechts steht. Auf Bundesebene gab es tatsächlich bisher noch nie eine rot-grüne Mehrheit, jedoch eine schwarz-blaue. Wenn man also SPÖ und Grüne als mitte-links sowie ÖVP und FPÖ als mitte-rechts einstuft - was natürlich vereinfachend ist, jedoch anhand der Geschichte der Sozial- und Christdemokratie zulässig - so gibt es tendenziell eine leichte Rechtsorientierung.
Wie weit rechts stehen nun Österreichs Parteien, wird "rechts sein" in der politischen Kommunikation bewusst eingesetzt? Sprich: Ist es salonfähig rechte Gesinnung zuzugeben? Dazu Filzmaier: "Das BZÖ definiert sich als rechtsliberal, mittlere bzw. größere Parteien werden sich jedoch auf keiner Seite fix positionieren bzw. das nur ungern tun, da eine Mehrheit der Wähler ja in der Mitte zu finden ist." Das gilt allerdings nicht nur für ÖVP und FPÖ rechts dieser Mitte, sondern auch SPÖ und Grüne wollen sich nicht pauschalierend als "Linke" bezeichnen. Das tun allenfalls Teilorganisationen vom Bauernbund bis zu roten und grünen Studierendenorganisationen. Sie sprechen jedoch eine homogenere Zielgruppe an.

Rechts von der Mitte

Filzmaier meint weiters, dass die österreichische Bevölkerung selbst im Querschnitt leicht rechts der Mitte steht. Diese Einschätzung wird von einer aktuellen Umfrage untermauert: In der repräsentativen Studie erkundigte sich das Meinungsforschungsinstitut IMAS bei den Befragten, wo sie sich selbst politisch sehen. Eine solche Ermittlung ist laut IMAS zumindest in Deutschland ein wenig mit dem Geruch eines Tabus behaftet. "Niemand in Deutschland, der noch bei Trost ist, bezeichnet sich selbst als rechts", schrieb der prominente Spiegel-Redakteur Jan Fleischhauer in seinem Bestseller "Unter Linken". Rechts sei nicht die andere Seite des Meinungsspektrums, sondern ein Verdammungsurteil. Unabhängig davon, ob die deutsche Szene der österreichischen gleicht oder nicht, steht für IMAS fest, dass die Bevölkerung hierzulande keine Scheu hat, sich als zumindest knapp rechts der Mitte zu beschreiben: Der Skalenwert liegt bei 50,2. Wobei 50 die genau ausgeglichene Position im Rechts-links-Schema repräsentiert (0 = ganz links und 100 = ganz rechts). Die ÖsterreicherInnen positionieren sich im politischen Spektrum etwas rechts vom Scheitelpunkt.
Es stellt sich aber auch die interessante Frage, wie weit links oder rechts die einzelnen Parteien von den ÖsterreicherInnen eigentlich empfunden werden. Um Aufschluss darüber zu erhalten, hat IMAS einen repräsentativen Querschnitt der Bevölkerung gebeten, die politischen Positionen anhand der erwähnten Skala einzustufen. Aus den Antworten errechnet sich für die SPÖ ein durchschnittlicher Skalenwert von 42,2. Erheblich weiter links (bei 29,2) empfindet man jedoch die Grünen. Die ÖVP wird von der Bevölkerung bei der Position 53,9, das BZÖ bei 68,7, die FPÖ hingegen bei 73,0 positioniert. Ob eine der Parteien als rechtsextrem eingeschätzt wird, darüber gibt die Umfrage keinen Aufschluss. Wobei sich wiederum die Frage stellt, was Rechtsextremismus bedeutet?
Das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes greift hier auf die Definition des Klagenfurter Univ. Doz. Dr. Willibald Holzer zurück: Rechtsextreme Ideologie wird von Holzer als Phänomen aus einem Bündel von Einzelaussagen, die in erster Linie durch die Berufung auf das Prinzip der Natur/Natürlichkeit verklammert werden, beschrieben. Natur, verstanden als vorgegebene Konstante, entzieht sich jeglicher Kritik, ein derartiger Begründungszusammenhang kann nicht infrage gestellt werden. Über dieses Prinzip der Natur wird die Ideologie der Ungleichheit in die rechtsextreme Weltanschauung eingeführt. Rechtsextremismus versteht sich als "natürliche" bzw. "biologische" Ideologie, alles Abgelehnte wird als "widernatürlich" diffamiert, was sich sehr deutlich im Nationalsozialismus und Faschismus widerspiegelt.
In enger Verbindung mit diesen Konzepten wird verschiedensten Gruppen die Sündenbockfunktion zugeschrieben. Das kann AusländerInnen ebenso betreffen wie sprachliche oder religiöse Minderheiten (vergleiche www.doew.at). Diesen Gruppen wird Verantwortung für gesellschaftliche und ökonomische Missstände zugeschoben, sie werden der Kriminalität und anderer unerwünschter Verhaltensweisen bezichtigt und erfüllen eine Entlastungs- und Integrationsfunktion nach innen, indem Ängste und Ärger auf die Feindgruppe abgelenkt werden.

Angst vor dem Islam

In Österreich hat offensichtlich der Islam diese Sündenbockfunktion übernommen. Eine wiederum vom IMAS (2010) durchgeführte Studie bestätigt das große Unbehagen der ÖsterreicherInnen gegenüber dem Islam. Die Kluft zwischen der islamischen und der westlichen Lebenswelt in der einheimischen Bevölkerung gilt demnach als groß: 71 Prozent der ÖsterreicherInnen erklären, dass sich die unterschiedlichen Vorstellungen von Demokratie, Freiheit und Toleranz auf beiden Seiten nicht miteinander vereinen lassen. Lediglich elf Prozent glauben an eine Annäherung zwischen einem westlich-christlichen und einem islamischen Gesellschaftsverständnis. Die Islam-Skepsis der ÖsterreicherInnen wird nun wiederum leider von rechtspopulistischen Parteien missbraucht: Slogans wie "Islam statt Daham", das Video-Spiel "Moschee Baba" oder das Anti-Islam-Comic der FPÖ im Wiener Wahlkampf sprechen hier eine nur allzu deutliche Sprache.
Übrigens glaubt immerhin ein Drittel der AnhängerInnen der Grünen an eine Vereinbarkeit der westlichen und orientalischen Lebenswelten. Bei der SPÖ sind 15 Prozent, bei der ÖVP vier und bei der FPÖ drei Prozent der WählerInnen dieser Meinung. Daraus lässt sich ableiten: Je rechter die politische Einstellung, desto größer die Inakzeptanz gegenüber anderen Kulturen, Religionen und Lebensweisen.

Internet:
Mehr Infos unter:
www.parlament.gv.at/PERK/FAQ/PARLA 
www.doew.at 
www.imas.at 
Schreiben Sie Ihre Meinung an den Autor
haraldkolerus@yahoo.com 
oder die Redaktion
aw@oegb.at 

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