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Aktiv gegen rechts Fußballplätze und Eishockeystadien sind zwar weniger gefährlich als viele Medien uns glauben machen wollen, aber so mancher kommt (auch) dort mit rechten Sprüchen und Ideen in Kontakt.

Aktiv gegen rechts

Schwerpunkt

Die Initiative FairPlay und das Mauthausenkomitee Österreich kümmern sich mit Rat und Tat vor allem um junge Menschen, die politisch abdriften.

Neben Aufklärungskampagnen und politischer Bildung ist die individuelle Betreuung von Auffälligen und Straffälligen ein wichtiger Faktor im Kampf gegen Rassismus, Nationalismus und rechte Ideen.
Die Zahl rechtsextrem motivierter Tathandlungen steigt seit Jahren kontinuierlich. 2010 gab es laut aktuellem Sicherheitsbericht des Innenministeriums 580 entsprechende Anzeigen, um 28 Prozent mehr als im Jahr davor (453). Polizei und Verfassungsschutz gehen weiterhin von einer relativ großen Dunkelziffer aus, führen den Anstieg der gemeldeten Delikte aber nicht zuletzt auch darauf zurück, dass die allgemeine Sensibilität für dieses Thema gestiegen ist.
Laut, aggressiv, mit Springerstiefeln, Bomberjacke und kahl geschoren - das Bild vom typischen Rechtsradikalen stimmt so nicht mehr. Mehr als 80 Prozent der Tatverdächtigen gehören keiner einschlägigen Szene an. Was geblieben ist: Rechtsextreme Straftäter sind nach wie vor männlich, nur rund fünf Prozent der 2010 angezeigten Personen waren Frauen.

Vorübergehende Phase?

Im Verfassungsschutzbericht 2011 wird daher Rechtsextremismus auch als überwiegend männliche Adoleszenzerscheinung bezeichnet, die von den meisten irgendwann wieder überwunden wird. Übrig bleibt ein harter Kern von Unverbesserlichen. Hier gäbe es einen Generationenwechsel, bei den einschlägigen Treffen waren 2010 erstmals mehr junge Männer zu sehen.

Keine Programme für Aussteiger

Harald Embacher, heute Bewährungshelfer bei NEUSTART (Verein für Bewährungshilfe, Konfliktregelung, soziale Arbeit) arbeitete fünf Jahre lang als Streetworker mit Skinheads und Hooligans. Er legt Wert auf die Differenzierung zwischen rechtsorientiert und rechtsextrem: "Viele meiner Klienten sind rechtsorientiert, aber an den harten Kern, dort, wo es ums Arische geht, kommt man als Sozialarbeiter nicht heran." Spezielle Programme für Personen, die aus der Neonazi-Szene aussteigen wollen, gibt es in Österreich nicht.
Sein Kollege Jürgen Kaiser hatte mit einschlägig Vorbestraften bisher noch nicht zu tun. "Aber extrem rechtes Gedankengut, Rassismus etc. kommen bei unseren Klienten häufig vor, meist stellt sich das aber erst im Laufe der Betreuungsarbeit heraus." Die Motive, sich der rechten Szene anzuschließen, sind sehr unterschiedlich. "Aus meiner Sicht", so Kaiser, "ist es wichtig zu verstehen, warum jemand diese Haltung an den Tag legt oder sich gar einer rechten Gruppierung anschließt. Absurderweise gibt es häufig Klienten mit Migrationshintergrund, die Politiker wählen, die einen (rechts-)radikalen Ansatz in der Migrationsfrage vertreten. Sie haben Angst, dass ihnen das, was sie sich erarbeitet haben, weggenommen wird. Sie erhöhen sich dadurch, dass es einen noch Schwächeren gibt, vor dem man sich schützen muss. Sie sind ja quasi schon die, die dazugehören."
Wie man mit rechtsorientierten Jugendlichen am besten umgeht? Zuhören, akzeptieren, nichts dramatisieren, positive Alternativen aufzeigen. Sobald man auf die rechten Provokationen eingeht, macht ihnen das Ganze nur noch mehr Spaß.
Fußballplätze und Eishockeystadien sind zwar weniger gefährlich als viele Medien uns glauben machen wollen, aber so mancher kommt (auch) dort mit rechten Sprüchen und Ideen in Kontakt. Erhöhte Gewaltbereitschaft ist eines der offensichtlichen Probleme: Militante Fußballfans verabreden sich in der sogenannten dritten Halbzeit außerhalb eines Stadions zum gegenseitigen Verprügeln. Dass Hooligans immer rechtsorientiert sind, ist ein Vorurteil. Der Ansatz der hier eingesetzten BetreuerInnen ist ebenfalls, individuell auf die Klienten einzugehen und an den Ursachen für erhöhte Gewaltbereitschaft und die Attraktivität rechter Ideen zu arbeiten.

Initiative FairPlay

"Die Initiative FairPlay. Viele Farben. Ein Spiel." wurde 1997 im Rahmen des EU-Jahres gegen Rassismus mit Unterstützung der Europäischen Kommission und des BKA-Sport gestartet. FairPlay führt seitdem mit Verbänden, Vereinen, Fanclubs, MigrantInnen- und Jugendorganisationen Aktivitäten gegen Diskriminierung im österreichischen Fußball und Sport durch. Außerdem ist FairPlay auch im Schulbereich aktiv. Markus Pinter: "Zahlen dazu, wie verbreitet rechtes Gedankengut unter Fußballfans ist, gibt es nicht. Und von außen erkennbar sind Rechtsextreme nicht eindeutig. Auffällig werden ja zuerst nur die, die betrunken sind, andere anpöbeln oder gewalttätig werden. Es kann aber durchaus sein, dass gerade die Unauffälligen in der rechtsextremen Szene eine Rolle spielen." Bereits Ende der 1970er-Jahre gab es in Österreich gezielte Fanarbeit mit StreetworkerInnen, derzeit gibt es keine speziellen Projekte mit Fans aller Altersstufen. StreetworkerInnen sind zwar nach wie vor bei jedem Heimspiel in den Fansektoren beider Wiener Vereine unterwegs, sie sind aber nur für die Altersgruppe 14 bis 25 zuständig. Von einer umfassenden sozialpädagogischen Fußballfanarbeit kann aber nicht mehr die Rede sein. Derzeit startet nur in Innsbruck ein Fanbetreuungsprojekt, ansonsten sollen FanbetreuerInnen der Klubs und szenekundige Beamte/Beamtinnen (SKB) des Innenministeriums Ausschreitungen verhindern.

Einstiegsdroge Musik

Rechte Sager kommen nicht nur von (Möchtegern-)PolitikerInnen, sondern werden mittlerweile in allen Musikstilen von Hard Rock bis Hip-Hop verbreitet - ganz einfach übers Internet. Dort kann man auch die entsprechende Kleidung bestellen oder in Netzwerken mit Gleichgesinnten kommunizieren. "Die Kleidung wird cooler - modische Accessoires und Mainstream-Produkte versus Schlägeroutfits. Mit jugendkulturellen Codes auf der Kleidung, deren Bedeutung in der Regel nur in der Szene bekannt ist, outet man sich szeneintern", so die MKÖ-MitarbeiterInnen Christa Bauer und Willi Mernyi in ihrem Buch "Rechtsextrem". Es ist also nicht immer einfach zu erkennen, wer zur rechtsextremen Szene gehört. Und auch nicht, wer hauptsächlich provozieren möchte und - angesichts entsprechender Wahlplakate und PolitikerInnen-Statements - Rassismus & Co. einfach cool findet.
Seit 1997 kämpft das von ÖGB, Bischofskonferenz und Israelitischer Kultusgemeinde gegründete Mauthausenkomitee Österreich (MKÖ) gegen Wiederbetätigung, rechtsextremes Gedankengut und Rassismus. Ein wichtiger Bestandteil sind die Zivilcourage-Trainings, seit April 2010 wurden in rund 400 Workshops in ganz Österreich 6.000 Jugendliche trainiert. Die Zivilcourage-Trainings sind kostenlos und werden direkt vor Ort in den Räumlichkeiten von Schulen oder Bildungseinrichtungen durchgeführt. Ein Training dauert vier Stunden, Zielgruppe sind SchülerInnen und Lehrlinge ab der 10. Schulstufe.
Außerdem bietet das MKÖ unter der Hotline 0810 500 190 die Möglichkeit, individuelle Fragen zu rechtsextremen Symbolen, einschlägiger Musik usw. zu klären. Für Probleme wie "Mein Kind/Freund/Schüler trifft sich mit Rechtsradikalen, was kann ich tun?" gibt es eine Kooperation mit Rat auf Draht (147 - rund um die Uhr, kostenlos und österreichweit).

Internet:
Mauthausen-Komitee Österreich
www.mkoe.at 
Schreiben Sie Ihre Meinung an die Autorin
afadler@aon.at 
oder die Redaktion
aw@oegb.at 

Info&News
Rechte Ideen - transnational
In der rechten Szene sind sowohl Jugendliche als auch Erwachsene sehr mobil. Man trifft sich nicht selten bei Veranstaltungen außerhalb Österreichs, dort, wo nicht so viel verboten ist. Nach wie vor stehen österreichische Rechte in regem Austausch mit deutschen Gesinnungsgenossen. Aber entsprechendes Gedankengut kommt auch aus den Nachfolgestaaten Jugoslawiens oder aus der Türkei. Zum Teil gelten die entsprechenden Symbole und Logos (z. B. der Grauen Wölfe oder der Ustascha) unter den jungen Leuten der MigrantInnencommunity als cool. Viele sind in Österreich aufgewachsen, in der Schule haben sie vor allem österreichische Geschichte gelernt, über die Geschichte der Heimatländer ihrer Eltern erfahren sie in der Schule kaum etwas. Die TrägerInnen von Schmuckstücken (oder Tatoos) mit den Symbolen nationalistischer/rechter Organisationen wissen daher nicht immer genau, welche Statements sie damit eigentlich abgeben.

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