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Die WächterInnen Gewerkschaftlich organisierte ZuckerarbeiterInnen nach 1920. Der 1919 abgeschlossene und 1920 in Kraft getretene Kollektivvertrag galt für die Fabriken in Hohenau, Leopoldsdorf, Bruck und Dürnkrut.

Die WächterInnen

Historie

Schon im ersten Betriebsrätegesetz von 1919 bekam der Betriebsrat die Aufgabe, die Einhaltung der Kollektivverträge zu überwachen.

1974 fasste das Arbeitsverfassungsgesetz die vielen einzelnen Gesetze, die das Arbeitsrecht regelten, zusammen; auch das Betriebsrätegesetz und das Kollektivvertragsgesetz gingen in ihm auf. Das Betriebsrätegesetz war erstmals 1919 in Kraft getreten und 1947 mit vielen Verbesserungen neu beschlossen worden, dem Kollektivvertragsgesetz der Zweiten Republik war das Einigungsamtsgesetz der Ersten Republik vorangegangen.
Die gesetzlich vorgesehene Möglichkeit für ArbeitnehmerInnen, einen von der Unternehmensleitung unabhängigen Betriebsrat zu wählen, zählt zu den Pionierleistungen der österreichischen Sozialpolitik nach 1918: Keine andere Demokratie konnte damals etwas Vergleichbares vorweisen, auch das deutsche Betriebsrätegesetz folgte erst nach dem österreichischen und gab der Belegschaftsvertretung außerdem weniger Handlungsspielraum. Eine der Aufgaben der Betriebsräte war es von Anfang an, über die Durchführung und Einhaltung der Kollektivverträge zu wachen. Diese Bestimmung erhielt Ende 1919 besonderes Gewicht, als die von den Gewerkschaften und den Unternehmensvertretungen abgeschlossenen Verträge über das ­Einigungsamtsgesetz eine gesicherte Rechtsverbindlichkeit erhielten. Das Einigungsamt, das aus VertreterInnen der Arbeitsmarktparteien paritätisch zusammengesetzt war, diente auch als Schlichtungsstelle bei "Streitigkeiten aus dem Arbeitsverhältnis".
Die ersten Betriebsräte mussten sehr oft vor das Einigungsamt gehen, da die Unternehmen immer wieder versuchten, die Kollektivverträge zu unterlaufen. Ihnen standen dabei keine Rechtsanwälte als professionelle Berater zur Verfügung, sie mussten ihre Anliegen selbst vorbringen und verteidigen. Viele der Betriebsratsmitglieder hatten im besten Fall einen Volksschulabschluss, deshalb begannen Gewerkschaften und Arbeiterkammern sofort mit Schulungsprogrammen zur Vermittlung von Arbeits- und ­Sozialrecht, Verhandlungstechnik und allen anderen notwendigen Kompetenzen. Der Erfolg stellte sich bald ein. Immer wieder gelang es Betriebsratsmitgliedern, sich beim Einigungsamt durchzusetzen, selbst in schwierigen Branchen wie der Zuckerindustrie.
1919 konnte die Chemiearbeiter-Gewerkschaft gemeinsam mit den erstmals gewählten Betriebsräten nach acht Tagen Streik einen ­Kollektivvertrag für die niederösterreichischen Zuckerfabriken durchsetzen, aber um seine praktische Anerkennung in den Betrieben musste - ob es nun um Lohnzahlungen oder um ­Arbeitszeitregelungen ging - hart gekämpft werden. Johann Swatschina, damals junger Betriebsratsvorsitzender und gewerkschaftlicher Vertrauensmann der Hohenauer Zuckerfabrik, erinnerte sich 1972 als Zeitzeuge an diese Kämpfe:
Nach 1919 gab es öfters Auseinandersetzungen über die Auslegung des Kollektivvertrags, so dass wir bis zum Einigungsamt gehen mussten. Wir hatten auch Erfolg, trotzdem ihr Vertreter ein Rechtsanwalt war und wir nur die Volksschule besuchten. Das war ein heißer Augusttag. Schulze und Frau Camizis bekamen einen roten heißen Kopf, sie mussten alles nachzahlen.

Brigitte Pellar
brigitte.pellar@aon.at

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