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Arbeiten auf Zeit 1988 schließlich entstand das Arbeitskräfte­überlassungsgesetz (AÜG), mit dem vor allem die Ausbeutung der LeiharbeitnehmerInnen verhindert werden sollte.

Arbeiten auf Zeit

Schwerpunkt

Bei der letzten Vollerhebung im Juli 2011 erreichte die Zahl der ZeitarbeiterInnen in Österreich ein Hoch von rund 74.800 Personen, Tendenz weiter steigend.

Krise hin oder her: Die Zeichen der Zeit sprechen für Personallösungen, die den Unternehmen ermöglichen, rasch und flexibel auf aktuelle Marktentwicklungen zu reagieren und dabei die Personalkosten möglichst niedrig zu halten. Ein Click auf die Wachstumsraten von Manpower, Trenkwalder & Co. zeigt, dass Arbeitskräfteüberlassung ein international aufstrebender Geschäftsbereich ist. In Österreich setzten sich ÖGB und AK anfangs für ein grundsätzliches Verbot der Leiharbeit ein. 1988 schließlich entstand das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz (AÜG), mit dem vor allem die Ausbeutung der LeiharbeitnehmerInnen verhindert werden sollte (kein erzwungener Urlaub während Stehzeiten, keine Kündigungen wegen Ende eines Einsatzes etc.). Das AÜG schützt zum Teil auch die Stammbelegschaft, so wurde unter anderem verboten, Arbeitskräfte in von Streiks oder Aussperrungen betroffene Betriebe zu verleihen.

Zehn Jahre Kollektivvertrag

2002 entstand - europaweit bis heute einzigartig - der Kollektivvertrag für die Arbeitskräfteüberlassung, der Mindestlöhne, Arbeitszeiten, Sozialleistungen und andere Ansprüche von ZeitarbeiterInnen regelt. Auch für diese ArbeitnehmerInnengruppe besteht damit ein allgemein bekanntes, leicht kontrollierbares Lohnniveau (auch für die Stehzeiten). Um eine Annäherung an die tatsächlich üblichen Ist-Löhne im Beschäftigerbetrieb zu erreichen, wurde bei manchen Branchen sogar eine Überzahlung der jeweiligen Kollektivverträge vereinbart. AK und ÖGB können beantragen, Leihfirmen die Konzession zu entziehen, wenn diese arbeitsrechtliche Vorschriften verletzen.

2008 EU-Mindestvorschriften

2008 einigte man sich europaweit auf Mindestvorschriften für ZeitarbeitnehmerInnen, in Zusammenhang mit dieser Richtlinie werden in Österreich die letzten Anpassungen (z. B. betriebliche Sonderleistungen auch für LeiharbeiterInnen) in der AÜG-Novelle im Frühjahr 2012 erfolgen. Bezüglich Urlaubsanspruch, Bezahlung etc. sind ZeitarbeitnehmerInnen auch heute schon dem Stammpersonal eines Unternehmens weitestgehend gleichgestellt. Die Unternehmen/Beschäftiger profitieren in vielerlei Hinsicht von Leiharbeit, doch es gibt durchaus auch für die ArbeitnehmerInnen einige Vorteile: 1 

  • Zeitlich begrenzte Abdeckung von kurzfristigem/vorübergehendem Personalbedarf (starke saisonale Schwankungen, Ausfälle in Grippezeiten, kurzfristiger Einsatz von Arbeitskräften mit Spezialkenntnissen etc.) sind einerseits Vorteile für die Unternehmen, andererseits können so unter Umständen viele, oft illegale Überstunden vermieden oder aber auch zusätzliche Aufträge akzeptiert werden, die mit der Stammbelegschaft allein nicht möglich wären. Indirekt wird so auch deren Arbeitsplatz gesichert.
  • Unternehmen können sich auf ihr Kerngeschäft konzentrieren, Personalsuche, Bewerbungsgespräche etc. werden ausgelagert, die Kosten für die Personalabteilung werden reduziert.
  • Soll in einem Betrieb Personal abgebaut werden, so bieten Zeitarbeitsunternehmen an, das Stammpersonal zu übernehmen. Das kann für fast alle Beteiligten ein Vorteil sein: Die Kosten für die Personalvermittlungsfirma zählen in der Regel nicht zu den Personalkosten, der Personalstand (Headcounts) wird reduziert, trotzdem können die betreffenden (entsprechend qualifizierten und eingearbeiteten) ArbeitnehmerInnen ihren Arbeitsplatz behalten. Und last but not least: das Unternehmen erleidet keinen Imageverlust durch offensichtlichen Personal­abbau.

Die Vorteile für ArbeitnehmerInnen: Zeitliche Flexibilität, Überbrückungsmöglichkeit zwischen zwei Jobs oder ­zwischen zwei biografischen Abschnitten ohne zeitaufwendige Arbeitssuche. Nebenbei kann man auf diese Weise verschiedene Unternehmen und Branchen kennenlernen.

Selten ein Sprungbrett

2009 wurde für eine Studie im Auftrag der AK-Wien das Thema Leiharbeit in Österreich1 von allen Seiten beleuchtet, unter anderem durch die Befragung von mehr als 500 Betroffenen. Vor allem ältere ZeitarbeiterInnen befürchten, dass ein Wechsel zur Standardbeschäftigung kaum mehr möglich ist. Tatsächlich sind seit 1997 in Österreich nur zwischen 19 und 23 Prozent der ArbeitnehmerInnen im Monat nach einem Leiharbeitsverhältnis in einer Standardbeschäftigung, deutlich weniger als im inter­nationalen Vergleich.
Die Chance, dass aus Zeitarbeit ein dauerhaftes Arbeitsverhältnis wird, ist noch geringer (durchschnittlich zwölf Prozent). Obwohl für LeiharbeitnehmerInnen die üblichen Kündigungsfristen gelten, kommen "einvernehmliche" Kündigungen (zum Teil in Zusammenhang mit Krankenständen) dort wesentlich häufiger vor als bei ­Standardarbeitsverhältnissen.
Angesichts der Tatsache, dass etwa im Jahr 2010 zwei Monate nach Auflösung des Arbeitsverhältnisses noch rund 47 Prozent der ArbeiterInnen und 63,5 Prozent der Angestellten ohne Beschäftigung waren, darf die Freiwilligkeit seitens der ArbeitnehmerInnen angezweifelt werden. Grenzüberschreitende Arbeitskräfteüberlassung wird in den nächsten Jahren ­vermutlich weiter zunehmen. Aus der EU bzw. dem EWR nach Österreich überlassene ArbeitnehmerInnen haben dieselben Rechte wie österreichische Leiharbeitskräfte. René Schindler, Bundessekretär für Recht und Soziales der PRO-GE: "Ein Sonderfall ist es, wenn ein/e österreichische/r ArbeitnehmerIn bei einer ausländischen Zeitarbeitsfirma angestellt wird, etwa ein Vorarlberger bei der Liechtensteiner Niederlassung eines international tätigen Personaldienstleisters. Hier gilt österreichisches Recht immer dann, wenn von Anfang an fest steht, dass der/die Betreffende in ­Österreich arbeiten wird." Dies kann auch eingeklagt werden - allerdings nur so lange, bis der erste Einsatz außerhalb ­Österreichs erfolgt ist. Danach gelten für diese ArbeitnehmerInnen die Regelungen des betreffenden Staates, was etwa bezüglich Sozialleistungen in der Regel eine Schlechterstellung bedeutet.
Der Betriebsrat muss im Vorhinein informiert werden, wenn ZeitarbeitnehmerInnen eingestellt werden sollen, und er kann eine Beratung darüber verlangen. Dabei sollte gleich über eine Betriebsvereinbarung zur Leiharbeit verhandelt werden. So kann etwa die Leiharbeit auf ein bestimmtes Ausmaß (höchstens fünf Prozent der Beschäftigten) beschränkt oder die Wahl des Personaldienstleisters beeinflusst werden, aber auch die Arbeitsbedingungen für die überlassenen KollegInnen. Weigert sich der/die Arbeit­geberIn, eine ­vernünftige Betriebsvereinbarung abzuschließen, kann der Betriebsrat diese auch gerichtlich durchsetzen.

Bei BR-Wahlen wahlberechtigt

ZeitarbeitnehmerInnen können sowohl vom Betriebsrat ihrer Verleihfirma als auch - wenn der Einsatz voraussichtlich mindestens sechs Monate dauern wird - vom Betriebsrat des Beschäftigers vertreten werden. Somit sind sie bei BR-Wahlen auch wahlberechtigt.

Internet:
Betriebsvereinbarung/Inhalte:Muster unter
tinyurl.com/73zyspa
zum Download
www.leiharbeiter.at 
Schreiben Sie Ihre Meinung an die Autorin
afadler@aon.at 
oder die Redaktion
aw@oegb.at 

Info&News
Zeitarbeit in Zahlen
Im Europavergleich liegt Österreich mit ca. 2,3 Prozent ZeitarbeiterInnen im Mittelfeld. Ein Drittel der LeiharbeitnehmerInnen arbeitet in der Industrie, ein weiteres im Gewerbe, ein Drittel ist in anderen Branchen wie im Gesundheitswesen tätig. Der Frauenanteil unter den LeiharbeitnehmerInnen ist seit 1997 zwar um fast ein Viertel gestiegen*), aber nach wie vor sind Männer deutlich in der Überzahl (ca. 73 Prozent). 2008 waren nur 49 Prozent der LeiharbeitnehmerInnen durchgehend erwerbstätig (Standardbeschäftigte: 82 Prozent). Die Verhandlungen für den LeiharbeitnehmerInnen-KV im November 2011 brachten im Übrigen einen weiteren Fortschritt: Karenzzeiten werden künftig zur Gänze angerechnet.

1 Andreas Riesenfelder, Petra Wetzel: Leiharbeit in Österreich, Wr. Beiträge zur empirischen Sozialwissenschaft, Band 4, LIT Verlag

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