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Nicht das Ende der Geschichte Bei anderen Maßnahmen, die ins Sparpaket ­eingerechnet wurden, steht in den Sternen, ob sie jemals umgesetzt werden, etwa bei der Abgeltungssteuer für Menschen, die ihr Schwarzgeld in die Schweiz transferiert haben.
Abgaben- und Sozialquote

Nicht das Ende der Geschichte

Aus AK und Gewerkschaften

Das Sparpaket sichert Wachstum und Beschäftigung, enthält aber unnötige Härten. Der ÖGB fordert eine Entschärfung - sowie Vermögens- und Erbschaftssteuer.

Der ÖGB hat immer anerkannt, dass eine Konsolidierung der Staatsfinanzen notwendig ist. Über das Wie kann man natürlich streiten - man muss sogar, wenn man nicht hinnehmen will, dass die ArbeitnehmerInnen die Zeche zahlen für die Folgen einer Krise, die sie nicht verursacht haben. Der Anstieg der Staatsschulden in Österreich wie auch in der EU ist eine direkte Folge der von Banken und Finanzmärkten ausgelös­ten Wirtschaftskrise. Er ist hingegen nicht auf eine unfinanzierbare Ausweitung des Sozialstaats zurückzuführen (siehe Grafik). Wir haben nicht über unsere Verhältnisse gelebt. Entgegen der gängigen Fehleinschätzung haben sich die Sozialausgaben im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung seit Mitte der 1990er-Jahre relativ stabil entwickelt.

Höherer Beitrag für Grundbesitzer

Die Abhängigkeit von den Finanzmärkten soll nun mit sinkender Neuverschuldung und Schuldenquote reduziert werden, um den Staat so aufzustellen, dass auch künftig die Möglichkeit besteht, zielgerichtet zu investieren und Bereiche zu fördern, die Österreichs Platz als eines der sozial­sten, wohlhabendsten und erfolgreichsten Länder der Welt sichern. Wenn das Sparpaket - von der Regierung Stabilitätspaket genannt - nun auch einnahmenseitige Maßnahmen enthält, die UnternehmerInnen, GrundbesitzerInnen und BesserverdienerInnen einen höheren Beitrag abverlangen, wie die Besteuerung von Immobilienvermögenszuwachs, ist das gerecht. Denn künftig müssen dadurch jene einen Beitrag leisten, die Vermögen haben, und denen dieses durch steuerfinanzierte Bankenrettungspakete gerettet wurde. Außerdem ist es nachhaltig, denn Maßnahmen, die die Vermögenden betreffen, wirken sich nicht negativ auf Wachstum und Beschäftigung aus. Bei einer Erhöhung der Massensteuern wie der Mehrwertsteuer wäre das Gegenteil der Fall gewesen. Das hätte nämlich die untersten Einkommensschichten überproportional getroffen, die im Gegensatz zu den Reichen einen Großteil ihres Einkommens sofort wieder ausgeben müssen. Was man bei ihnen kürzt, wirkt sich direkt auf die Inlandsnachfrage aus und bremst das Wirtschaftswachstum.
Dazu kommen Kürzungen bei der Wirtschaftsförderung, Bekämpfung der Steuerhinterziehung und (zu kleine) Korrekturen bei der Gruppenbesteuerung. Die Bäuerinnen und Bauern werden künftig Mineralölsteuer für ihre Traktoren zahlen müssen. Und schon vor diesem Sparpaket hat die Regierung Wichtiges wie die Bankenabgabe beschlossen, die sich in den kommenden Jahren auf das Budget auswirken wird.

Finanzsteuern: Umsetzung offen

Auf weitere Forderungen des ÖGB, zum Beispiel Vermögens-, Erbschafts- und Schenkungssteuer, ist die Regierung nicht eingegangen - die Schieflage im Steuersystem bleibt aufrecht: Arbeit ist deutlich überbelastet, Vermögen wird verschont. Bei anderen Maßnahmen, die ins Sparpaket eingerechnet wurden, steht in den Sternen, ob sie jemals umgesetzt werden, etwa bei der Abgeltungssteuer für Menschen, die ihr Schwarzgeld in die Schweiz transferiert haben und die erst bilateral ausgehandelt werden muss, oder bei der Finanztransaktionssteuer. Der ÖGB wird weiterhin Druck machen, dass letztere in Österreich jedenfalls eingeführt wird, auch wenn die wünschenswerte EU-weite Umsetzung nicht kommen sollte.

Gesetzliches Pensionsalter bleibt

Ein Pluspunkt: Die Regierung verzichtet darauf, das gesetzliche Pensionsantrittsalter hinaufzusetzen. Vor allem eine vorzeitige Angleichung des Antrittsalters der Frauen an das der Männer wurde heftig diskutiert. Letztendlich ist die Regierung aber einigen Forderungen gefolgt, die die Sozialpartner 2011 im Papier von Bad Ischl aufgestellt haben: Statt des gesetzlichen soll das faktische Antrittsalter hinaufgesetzt werden. Im Vordergrund stehen dabei Maßnahmen, die dafür sorgen, dass die Menschen länger gesund und arbeitsfähig bleiben. Die Regierung hält aber im Gegensatz zu den Vorschlägen der Sozialpartner auch Leistungsverschlechterungen für notwendig. So sollen etwa Menschen, die ihre Tätigkeit, die sie in zehn der letzten 15 Jahre ausgeübt haben, nicht mehr ausüben können, erst mit 60 - also um drei Jahre später als derzeit - in Pension gehen dürfen. Faktisch werden sie dadurch in die Arbeitslosigkeit gedrängt; vor allem Frauen werden (wegen der Partnereinkommensanrechnung bei der Notstandshilfe) komplett ohne eigenes Einkommen dastehen. Auch die Zugangsvoraussetzungen für die Korridorpension und für die Hacklerregelung (Pension bei langer Versicherungszeit) sollen erschwert werden, sprich: Mehr Beitragsjahre werden notwendig sein. Der ÖGB wird sich diese Punkte betreffend in den parlamentarischen Prozess einbringen und Druck ausüben, damit die Verschlechterungen aus dem Paket genommen werden.
Für mehr Gerechtigkeit soll eine Erhöhung der Versicherungsbeiträge der Selbstständigen sowie der Bäuerinnen und Bauern sorgen; allerdings werden die auch zukünftig noch unter den Beiträgen der ASVG-Versicherten liegen. Zu kurz kommen hingegen Maßnahmen, mit denen die UnternehmerInnen in die Pflicht genommen werden: Für sie wäre ein Malus notwendig, wenn sie ältere ArbeitnehmerInnen kündigen, und ein Bonus, wenn sie diese weiterbeschäftigen.
Eine Art Malus wird es hingegen erstmals für ArbeitgeberInnen geben, die ihr Unternehmerrisiko auf die Sozialversicherung abwälzen, indem sie ArbeitnehmerInnen zwischendurch auf die Straße setzen, wenn die Auftragslage vorübergehend schlecht ausfällt. Sie müssen pro Kündigung bzw. einvernehmlicher Auflösung künftig 110 Euro als "Auflösungsabgabe" zahlen. Die Schattenseite: Die Hälfte davon soll die Wirtschaft in Form von Lohnsubventionen für schwer Vermittelbare zurückbekommen.
Positiv bewertet der ÖGB weitere Offensivmaßnahmen in den Bereichen Arbeitsmarkt, Bildung und Pflege. Dadurch werden zusätzliche Spielräume und Akzente für die aktive Arbeitsmarktpolitik geschaffen. Eine Verbesserung ist auch, dass die Altersteilzeit jetzt bis zum gesetzlichen Pensionsantrittsalter möglich ist und nicht nur bis zum Antrittsalter der Korridorpension. Allerdings sollten nach der ursprünglichen Regierungsvorlage viele durch den Wegfall der Blockvariante überhaupt nicht mehr in Altersteilzeit gehen können, weil die dann überbleibende kontinuierliche Variante von vielen ArbeitgeberInnen nicht bewilligt wird. Das wurde aber nach heftiger Kritik von ÖGB und AK korrigiert; nun soll die Blockvariante bestehen bleiben, wenn im Unternehmen eine Ersatzkraft eingestellt wird.

Vermögensteuer weiter gefordert

Abschließend muss noch gesagt sein: ­Dieses Paket ist nicht das Ende der Geschichte. Der Beschluss im Nationalrat ist für März geplant, bis dahin wird der ÖGB Druck ausüben, damit die eine oder andere Härte aus dem Stabilitätspaket verschwindet. Dass kleine Änderungen noch möglich sind, zeigt die Tatsache, dass das ursprünglich geplante Diversion-statt-Strafe-Modell bei Korruption wieder zurückgezogen wurde. Es besteht also Hoffnung. Die Forderung nach einem gerechten Steueranteil der Vermögenden und nach einer Entlastung der Arbeit bleibt selbstverständlich aufrecht, auch wenn der Konsolidierungsbedarf jetzt auch ohne diese Punkte erreicht werden sollte.

Internet:
Die ÖGB-Stellungnahme zum ­Stabilitätspaket zum Download:
tinyurl.com/7fbzwwf
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