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Buchtipp Der Begriff Angst kommt aus dem Lateinischen und bedeutet "eng" - von Angst erfüllt wird die Perspektive eng und letztlich auch der Handlungsspielraum.
Buchtipp

Die Sorge ums Geld aus verschiedenen Blickwinkeln

Schwerpunkt

Existenzängste und das Streben nach materiellen Gütern und Geld.

Der Dalai Lama, der im Mai Österreich besuchte, meint, ein wirksames Mittel gegen Angst sei, sich weniger mit sich selbst zu beschäftigen und mehr mit anderen Menschen. Denn die eigenen Ängste verlieren an Bedeutung, wenn die der anderen voll und ganz erkannt werden. Zudem steigt das eigene Selbst-Vertrauen, wenn wir Mitmenschen helfen, so der Friedensnobelpreisträger Dalai Lama. Der Begriff Angst kommt aus dem Lateinischen und bedeutet "eng" - von Angst erfüllt wird die Perspektive eng und letztlich auch der Handlungsspielraum. Die vom Dalai Lama vorgeschlagene Strategie ist nicht die, der üblicherweise gefolgt wird, denn beim Umgang mit realen oder vermeintlichen Bedrohungen wird der Fokus genau darauf - auf die Angst - gelegt.

Angstsparen

In Zeiten der Schuldenkrise ist ein einfaches Beispiel dafür der Umgang mit materiellen Ängsten. Durch die allgegenwärtige, in den Medien häufig gestellte Frage zur Sicherheit des Euros manifestierten sich die Zweifel und führten beispielsweise zu einem Rekordstand beim Goldpreis. Das Bunkern von monetären Mitteln in Gold löst jedoch weder die Schulden- noch die Vertrauenskrise des Euro.
Auf das Individuum bezogen wird in der Psychologie zwischen Signalangst/Realangst und Triebangst/neurotischer Angst unterschieden. Während Realangst überlebensnotwendig ist, um Gefahren erkennen zu können, führen neurotische Ängste zu Handlungen, die den Ist-Zustand erst recht verschlechtern. Denn Ängste können distanziertes und entspanntes Denken blockieren. Auf eine übergeordneten Ebene umgelegt ist diese psychologische Erklärung der Schlüssel dafür, warum es im Umgang mit der Schuldenkrise möglich war zu suggerieren, dass nicht die Wirtschaftskrise die Schulden verursacht habe, sondern die Staaten sich so verschuldet hätten, dass eine Wirtschaftskrise entstanden sei. Dies ist aber nicht korrekt, wenn man bedenkt, dass gerade die Länder, die nun in großen Schwierigkeiten stecken, ihre Staatsverschuldung in den Jahren vor der Finanz- und Wirtschaftskrise durch hohe Steuereinnahmen beziehungsweise durch gutes Wirtschaftswachstum verringern konnten (z. B. Spanien, Irland).
Mit dem Schüren von Ängsten und irrationalen Begründungen ist es somit gelungen, einen eisernen Sparkurs in ganz Europa durchzusetzen und das Modell "Wohlfahrtsstaat" in eine ungünstige Betrachtung zu rücken. Der Begriff "Wohlfahrtsstaat" meint eigentlich weitreichende Maßnahmen zur Steigerung des sozialen, materiellen und kulturellen Wohlergehens seiner BürgerInnen. Grundsätzlich ein gutes Konzept, das allerdings mithilfe von Ängsten mit negativen Assoziationen (Stichwort "Über die Verhältnisse gelebt") besetzt wurde.
Der Zusammenhang zwischen Wohlstand und Zufriedenheit findet sich in auch in der Glücksforschung (bedingt) wieder. So wurde von der University of Leicester die Zufriedenheit verschiedener Nationen verglichen und eine "World Map of Happiness" erstellt: Unter Berücksichtigung sozi-aler und wirtschaftlicher Entwicklung konnte eine starker Zusammenhang zwischen subjektiv wahrgenommenem Glücksempfinden und Gesundheit, Reichtum und Bildung ausgemacht werden. Österreich gehört demnach zu einem der Länder mit den glücklichsten BewohnerInnen.

Einkommen und Stress

Es existieren weiters Studien, welche den Einfluss der Einkommenshöhe auf Stress- und Glücksempfinden untersuchen. Und auch hier gibt es eine Korrelation - einer Studie der US-Universität Princeton zufolge allerdings nur, bis ein bestimmter Lebensstandard erreicht ist. Ab umgerechnet etwa 5.000 Euro Haushaltseinkommen empfinden zwar viele Menschen jede weitere Einkommenssteigerung positiv, es hat jedoch keinen Einfluss mehr auf ihr Stress- oder Glücksempfinden. Umgekehrt betrachtet, potenziert niedriges Einkommen laut dieser Studie emotionalen Stress, welcher durch unglückliche Lebensumstände (z. B. Scheidung, Krankheit) hervorgerufen wird. Auch die Psychologin und Glücksforscherin Sonja Lyubomirsky bestätigt in ihren Publikationen, dass Geld zwar glücklicher macht, jedoch nur kurzfristig und beschränkt. Schließlich tritt ein Gewöhnungseffekt ein und der Nutzen ist nicht mehr so groß. Somit wird - gesamtgesellschaftlich betrachtet - die Gewerkschaftsforderung nach mehr Verteilungsgerechtigkeit unterstützt.
Die Arbeiterkammer hat Managergehälter unter die Lupe genommen: Laut dem Austrian Traded Index (ATX), dem wichtigsten Aktienindex Österreichs, verdient ein Top-Manager das 48-Fache eines durchschnittlichen Beschäftigten, vor zehn Jahren war es das 20-Fache. 2011 belief sich die Vorstandsgage auf 1.301.070 Euro, während das Medianeinkommen bei 27.347 Euro lag. Abgesehen von der moralischen Bewertung kann aufgrund der oben angeführten Erhebungen ganz nüchtern davon ausgegangen werden, dass die Lebenssituation der SpitzenverdienerInnen nicht um das 48-Fache besser ist. Genauso unwahrscheinlich ist auch, dass diese Spitzenverdiener 48-mal so viel arbeiten wie die übrigen Beschäftigten. Insofern ist es doch umso verwunderlicher, warum dermaßen verbissen gegen vermögensbezogene Steuern lobbyiert wird.

Dagobert-Duck-Syndrom?

Diese Mentalität erinnert unweigerlich an Dagobert Duck. In seiner Überzeichnung bringt der Charakter dieser Comic-Figur zum Ausdruck, dass ihn sein Reichtum weder sorgenfrei noch glücklich macht. Im Gegenteil: Sein ganzes Streben ist dahingehend ausgerichtet, sein Vermögen zu vermehren, dabei kann er jedoch weder sich selbst noch anderen etwas gönnen. Er bezahlt seine Angestellten schlecht und widerwillig, spielt dabei gleichzeitig seinen eigenen gigantischen Reichtum so herunter, als ob ihm jemand unrechtmäßig etwas vom "kleinen" Ersparten wegnehmen würde. Dagobert Duck ist von der ständigen Angst besessen, auch nur einen Dollar zu verlieren. Eigentlich kein erstrebenswerter Zustand.
Und doch: Gerade bei den vermögensbezogenen Steuern, wo es lediglich um die Herstellung von etwas mehr Verteilungsgerechtigkeit geht, wird - nicht in Comics, sondern ganz ernsthaft und real - gerne von "Enteignung des Mittelstands" gesprochen, was bei den Geldbeträgen und vorgeschlagenen Steuermodellen (ÖGB-Vermögenssteuermodell: Gestaffelte moderate Steuersätze ab einem Reinvermögen von 700.000 Euro) natürlich an den Fakten komplett vorbeigeht.

Nutzen aus spiritueller Sicht

Oder wie der Dalai Lama unwissenschaftlich, aber einleuchtend erklärt: Selbst bei unermesslichem Reichtum können Reiche nicht mehr essen als andere, da sie nur einen Magen besitzen, und an ihren Händen ebenfalls nicht mehr Finger haben, die sie mit Ringen schmücken könnten. Er räumt zwar ein, dass es Befriedigung verschaffen mag, sagen zu können "Ich bin reich" - aber der Stress, um das Vermögen aufzubauen, die provozierte Eifersucht und Missgunst anderer Menschen bergen gewaltige Nachteile.
Unterm Strich kommt der Dalai Lama zu dem Schluss, der einzige echte Vorteil, im Besitz von viel Geld zu sein, bestünde darin, dass man durch Reichtum anderen besser helfen könne. Somit ist das spirituelle Oberhaupt des tibetischen Buddhismus sehr stringent in seinen Überlegungen, schließlich rät er auch beim Kampf gegen die Angst ähnliches.

Internet:
ATX - Managergehälter-Analyse per April 2012: tinyurl.com/ce8upzb

Schreiben Sie Ihre Meinung an die Autorin elke.radhuber@oegb.at oder die Redaktion aw@oegb.at 

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