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Chance auf den (Traum-)Job Nach dem Modell diverser TV-Castingshows gehen immer mehr Unternehmen dazu über, ihre Job-BewerberInnen zu "casten", ein Trend der vor allem Lehrstellensuchende betrifft.

Chance auf den (Traum-)Job

Schwerpunkt

Immer mehr Firmen suchen in den letzten Jahren über Castings neue MitarbeiterInnen und Lehrlinge.

Seit Jahren werden Models und SängerInnen in diversen Fernsehshows und Talentshows „gecastet“ –  nun setzt sich dieser Trend auch in der Arbeitswelt durch. Nach dem Modell diverser TV-Castingshows gehen immer mehr Unternehmen dazu über, ihre Job-BewerberInnen zu „casten“, ein Trend der vor allem Lehrstellensuchende betrifft. Die Unternehmen nutzen den Begriff „Casting“ zwar, um potenzielle MitarbeiterInnen zu finden, aber von öffentlichen Bloßstellungen und nörgelnden Jurymitgliedern wie etwa bei der berühmten Castingshow „Germanys Next Top Model“ kann nicht die Rede sein. Die Firmen versprechen sich vor allem „gegenseitiges Kennenlernen, welches bei nur einem persönlichen Gespräch oft nicht möglich ist.“

Professionelles Niveau

Lehrlingsrekrutierung auf diesem Wege kommt vor allem im Handel, aber vermehrt auch im Bereich der Banken und Versicherungen vor. Anscheinend kommen Lehrlingscastings bei den jungen Menschen gut an und stoßen auf großes Interesse.  Jährlich bewerben sich immerhin über 1.000 potenzielle Lehrlinge allein beim Casting des Möbelriesen Kika.
Neben den Lehrlingscastings setzen Unternehmen immer öfter auch auf andere, neue Modelle bei der Lehrlingssuche, zum Beispiel werden Schnuppertage oder Informationstage veranstaltet. „Wichtig ist, dass die Auswahl auf professionellem Niveau passiert und die Unternehmen mit den Testergebnissen absolut diskret umgehen“, kommentiert Jürgen Michlmayr, Vorsitzender der Österreichischen Gewerkschaftsjugend (ÖGJ) die Entwicklungen bei der Lehrlingssuche.
Schaut man sich im Internet um, merkt man, dass die Lehrlingssuche verstärkt über Social-Media-Kanäle wie Facebook, Twitter und YouTube stattfindet. Viele Unternehmen geben ihren potenziellen MitarbeiterInnen einen Einblick in die Lehre anhand von Videos, Interviews und Fotos. Vor allem auf den Facebook-Seiten können sich aktuelle Lehrlinge und AbsolventInnen austauschen. Doch Facebook und Co müssen nicht immer von Vorteil für Lehrlinge sein, viele PersonalchefInnen suchen in sozialen Netzwerken unter anderem nach Partyfotos oder Rechtschreibfehlern und nutzen diese Informationen bei ihrer Personalentscheidung. Social Networks gehören mittlerweile zum Leben junger Menschen, und sie müssen lernen, ihre Internetauftritte so zu gestalten, dass nicht jede persönliche Information für alle zugänglich ist. Das Netz vergisst nicht, ihr Auftritt im Web könnte Auswirkungen auf das spätere Berufsleben haben.

Vorteile für alle?

Bereits im Jahr 2006 veranstaltete auch Siemens Bacon Salzburg ein Lehrlingscasting. Die besten 15 BewerberInnen wurden zu einer Schnupperwoche eingeladen und in einer Endauswahl fiel die Entscheidung, wer einen Lehrlingsvertrag erhält. Die Jugendlichen sollten nicht nur fachliche Fragen beantworten können, sondern waren auch aufgefordert, sich zu präsentieren.
Ähnlich funktioniert die Lehrlingssuche bei Kika. Mit dem Slogan „KIKAmania – KIKA sucht den Superlehrling“ macht das Möbelhaus auf sein Unternehmen aufmerksam. Bevor die Jugendlichen zum Casting eingeladen werden, müssen sie ihre Bewerbungsunterlagen online abgeben. Wenn das Online-Casting bestanden ist, werden die BewerberInnen von ihrer Wunschfiliale kontaktiert und dürfen die Jury von ihren Talenten und ihrem Wissen live überzeugen.

Erste wertvolle Erfahrung

Einen großen Vorteil sehen viele GeschäftsleiterInnen darin, dass mehrere Personen die Leistung der Jugendlichen beurteilen können. Bei Castings ist es den Unternehmen möglich zu sehen, ob sich jemand präsentieren kann und ob er/sie teamfähig ist. Viele junge Menschen sind anfangs jedoch eher schüchtern. Bekommen diese auch die gleiche Chance wie die mutigeren von ihnen? Maximilian Gruber (16) sagte in der März-Ausgabe der ÖGB-Mitgliederzeitung Solidarität: „Am Anfang war ich natürlich sehr nervös. Aber die Nervosität hat sich dann schnell gelegt. Vor allem als wir dann viel im Team gearbeitet haben und jeder mitgeholfen hat, dass wir insgesamt gut abschneiden.“
Für viele Jugendliche scheint die Berufswelt sehr chaotisch, sie müssen sich erst einmal zurechtfinden. Lehrlingscastings sind auch eine erste wertvolle Erfahrung in ihrem jungen Berufsleben – werden sie doch einer stressigen Situation ausgesetzt. „Castings kennt man ja sonst eigentlich nur von Fernsehshows, und daher war ich gespannt, was mich beim Lehrlingscasting erwarten würde. Es ist aber überhaupt nicht mit den Fernsehshows vergleichbar und im Laufe des Tage, als ich die ganze Gruppe kennengelernt habe, ist auch meine Nervosität verflogen“, erzählt Fabian Schirl (15) in der Solidarität über seine erste Erfahrung beim Lehrlingscasting.

Bewerben über die Website

Weil heute das Internet zum Leben von Jugendlichen gehört und es auch immer schwieriger wird, sich für eine passende Lehrstelle zu entscheiden, informiert unter anderem der Möbelriese Kika auf der eigenen Website mögliche BewerberInnen, aber auch deren Eltern über die Lehrlingsausbildung im Betrieb. Viele Unternehmen veranstalten mittlerweile auch Schnuppertage für Jugendliche und ihre Eltern oder präsentieren ihren Betrieb auf diversen Jugend- und Lehrlingsmessen. Die Greiner-Gruppe mit Sitz in Kremsmünster ist von dem neuen Modell der Lehrlingssuche ebenfalls überzeugt und führt regelmäßig Castings durch.
Für die Jugendlichen scheint dieses Modell leichter bewältigbar zu sein als ein steifes Vorstellungsgespräch. „Wenn man sich für eine Lehrstelle wirklich interessiert, dann sind die Übungen nicht schwierig. Mir hat das Casting sehr viel Spaß gemacht, weil ich viele neue, nette Menschen kennengelernt habe“, erzählt Castingteilnehmerin Eva Trinkl (15).
Nichtsdestotrotz sollten die TeilnehmerInnen – wie bei jedem anderen Vorstellungsgespräch – über das Unternehmen Bescheid wissen. Und mit der Hilfe des Internets dürfte es heute kein Problem sein, wichtige Informationen herauszusuchen, verfügen doch fast alle großen Unternehmen über eine eigene Website, auf der man sich informieren kann. Jugendliche sollten aber nicht nur auf ihr Wissen vertrauen, denn bei Castings – die meisten werden in der Handelsbranche durchgeführt – wird auch auf soziale Kompetenz, Team- und Kommunikationsfähigkeit geachtet.

Tradition vs. Moderne

Während Kika und andere Unternehmen von den Castings überzeugt sind, haben andere wiederum damit aufgehört. So ist etwa die Drogeriekette dm, die mit ihrem ersten Casting im Jahr 2004 als Pionier galt, mehr oder weniger wieder auf den klassischen Weg der Lehrlingssuche zurückgekehrt.
Aufgrund einer Umfrage unter jungen Menschen hat sich das Unternehmen entschieden, nun in einzelnen Filialen Schnuppertage zu veranstalten. Denn während der Castings ist es den Jugendlichen nicht möglich eine bestimmte Filiale kennenzulernen, obwohl viele daran interessiert wären. Auch im Jahr 2012 bietet die Drogeriekette Lehrstellen an. Das Motto der dm-Lehrlingskampagne „Mich kriegt nicht jeder“ wurde gewählt, weil heute aus Sicht des Unternehmens anscheinend vermehrt Jugendliche ihre Lehrbetriebe aussuchen und nicht umgekehrt.

Online-Bewerbung und Schnuppertag

Das Unternehmen versucht dort präsent zu sein und auf sich aufmerksam zu machen, wo sich viele Jugendliche aufhalten, etwa bei Lehrlingsmessen, im Internet oder auf Facebook-Fanpages.
Ähnlich funktioniert auch die Lehrlingssuche beim Spezialisten für Sportartikel Eybl. Mit der Begründung des hohen organisatorischen Aufwands und der mittlerweile stark forcierten Schnuppertage durch die Schulen veranstaltet Intersport Eybl kein zentrales Casting mehr. Stattdessen werden die BewerberInnen nach der Einreichung der Online-Bewerbung zu einem Schnuppertag eingeladen und müssen einen theoretischen Aufnahmetest ablegen.

Internet:
Mehr Infos unter:
www.soli.at
Homepage der Österreichischen Gewerkschaftsjugend:
www.oegj.at

Schreiben Sie Ihre Meinung an die Autorin amela.muratovic@oegb.at
oder die Redaktion aw@oegb.at

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