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My Generation? Solange der Streit andauert, ob die Jugendlichen oder die PensionistInnen weniger vom Sozialstaat bekommen sollen, wird geschickt davon abgelenkt, wo es wirklich was zu holen gäbe: bei den Reichen.

My Generation?

Schwerpunkt

Manche versuchen aus der Euro-Krise einen großen Generationenkonflikt zu konstruieren und jammern das Pensionssystem krank.

Der Liedermacher Konstantin Wecker konstatierte vor ein paar Tagen auf Facebook aufgrund eines Artikels im „Spiegel“ – „Warum die Euro-Krise ein Generationskonflikt ist“ – den Beginn eines Generationskonfliktes, den er vehement ablehnt. In diesem „Spiegel“-Text heißt es unter anderem, dass „eben nicht nur Politiker und Banker schuld an der Krise sind. Weite Teile der älteren Generation waren Komplizen der taumelnden Systeme. In Griechenland gab es in fast jeder Familie einen Beamten, der vom aufgeblähten Staatsapparat profitierte. In Spanien haben Babyboomer massenweise Hypotheken aufgenommen und das Land so in die Schuldenkrise gestürzt. In Italien konnte wiederholt ein Politiker wie Silvio Berlusconi an die Macht gelangen, dessen Gaunereien offenbar auf breite Sympathie stießen – Rentner gehörten zu seinen wichtigsten Wählergruppen.“ Der Text läuft darauf hinaus, dass die Jungen den Aufstand wagen müssen und werden, ganz nach dem Motto: Trau keinem über 30. Versucht man also wieder mal einen Generationskonflikt zu inszenieren?

Europas abgehängte Generation

In einem wesentlich differenzierteren Text („Europas abgehängte Generation“), erschienen in der nicht unbedingt besonders gewerkschaftsfreundlichen „Zeit“, kann man schon mehr erfahren: „Verlieren Arbeitnehmer schon in jungen Jahren den Anschluss, braucht es viel Zeit, Energie und Geld, um sie später wieder zu integrieren. Wer als junger Mensch lange ohne Arbeit ist, in Billigjobs schuftet und enttäuscht ist, wird zudem häufiger kriminell, krank und hat keine Lust mehr etwas zu erreichen. Die alternden Gesellschaften in Europa sind zudem auf junge, gut ausgebildete Arbeitskräfte angewiesen – nicht zuletzt, um die viel beschworene Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten und die immer teurer werdenden Sozialsysteme zu finanzieren.“ Das Problem der Bildung ist erheblich virulenter, als wir es uns vorstellen. Knapp kann man es so zusammenfassen: Besonders schlimm wurde die Situation in und durch die Krise dort, wo die Jugend schlecht ausgebildet war. In Spanien hatte vor der Krise ein Drittel weder eine Ausbildung noch einen Schulabschluss. Als die Rezession kam, stieg die Quote nirgendwo stärker als hier. Ähnlich verlief die Entwicklung in Italien, wo 20 Prozent der Jungen ohne weiterführenden Schulabschluss sind.

Befristete Jobs

Es gibt aber unter den europäischen Jungen weitere Gemeinsamkeiten, zum Beispiel, dass ihre Jobs öfter befristet sind als die der Älteren. „Weil die Arbeitsmärkte in vielen Staaten – etwa in Spanien oder Italien – stark reguliert sind, sind viele Unternehmen zuletzt auf Zeitverträge ausgewichen. Die lassen sich schnell wieder auflösen, was für die Firmen angenehm ist, wenn die Umsätze wegbrechen. Zudem galt für viele Junge die Regel last in, first out: Wer zuletzt kommt, muss als erster gehen. Läuft es am Arbeitsmarkt rund, mögen die vielen kurzfristigen Beschäftigungen kein Problem sein – es findet sich schon wieder eine neue Stelle. Aber in der Krise war der Arbeitsmarkt wie eine Einbahnstraße, alle Wege führten hinaus und keiner mehr hinein.“
Die Situation ist in Österreich noch nicht so schlimm, doch sollte man daraus Lehren ziehen, weil die Krise der Jungen in Madrid, Athen und Paris die Zukunft Europas auf Dauer gefährden kann. Wachstum in wissensbasierten Volkswirtschaften kann langfristig nur dort entstehen, wo es ausreichend gut ausgebildete junge Menschen gibt, erst recht in schrumpfenden Gesellschaften.

Braucht es also einen neuen Generationenvertrag? Ist das staatliche Pensionssystem überholt? Mangelt es vielleicht gar an der Solidarität zwischen den Generationen? „Wir brauchen keinen neuen Generationenvertrag, wir sollten uns lieber darum kümmern, dass der alte eingehalten wird. Statt die Generationen gegeneinander auszuspielen, sollten wir uns im Interesse der Jugendlichen gemeinsam dafür einsetzen, dass es auch in Zukunft sichere Pensionen aus dem Umlagesystem gibt, denn nur das bietet sozialen Ausgleich,“ weiß Jürgen Michlmayr, Bundesvorsitzender der Österreichischen Gewerkschaftsjugend. „Das Gerede von der Unfinanzierbarkeit der Pensionen ist nichts als Panikmache und soll die jungen Menschen in die Arme der privaten Versicherer treiben. Die Verluste bei der zweiten und dritten Säule durch die Finanzkrise haben aber gezeigt, dass nur das staatliche Pensionssystem in der Lage ist, für eine verlässliche Alterssicherung zu sorgen.“

Wenn sich zwei streiten ...

Beschimpfen sich Alte und Junge gegenseitig als  SozialschmarotzerInnen, spielen sie nur denjenigen in die Hände, die beiden Gruppen etwas wegnehmen wollen. Solange der Streit andauert, ob die Jugendlichen oder die PensionistInnen weniger vom Sozialstaat bekommen sollen, wird geschickt davon abgelenkt, wo es wirklich was zu holen gäbe: bei den Reichen.
Dabei ist doch offensichtlich: Fast alle gehören mal zu den GeberInnen und mal zu den NehmerInnen. Als Kinder, während der Ausbildung und in der Arbeitslosigkeit ist man NettoempfängerIn, im Erwerbsalter zahlt man in das Sozialsystem ein, und in der Pension gehören viele wieder zu denen, für die der Staat etwas zuschießt.
Die Einkünfte der „einfachen Menschen“ (inklusive Sozialleistungen) sind in Österreich sehr gut erfasst. Mit der Datenlage über den Reichtum im Land sieht es schon schlechter aus, Zahlen über reiche Menschen und ihre Vermögen kennt man vor allem aus Rankings in Wirtschaftsmagazinen, wie die „Top 100 Reichen“ und ähnliche.
„Es macht keine einzige sozialstaatliche Leistung für junge Menschen sicherer, wenn man der älteren Generation die Pensionen zusammenstreicht oder Menschen, die sich krank gearbeitet haben, den Zugang zu Pensionen erschwert. Jung gegen Alt auszuspielen – von diesem inszenierten Konflikt profitieren nur diejenigen, die davon ablenken wollen, wo die eigentlichen Konfliktlinien verlaufen: zwischen Arm und Reich. Die Gesellschaft sollte sich zur Notwendigkeit von neuen Einnahmen für das Budget bekennen, also zu vermögensbezogenen Steuern und Erbschaftssteuern. Das Budgetdefizit ist nicht eine Folge von Sozialstaat und Pensionen. Erst die Wirtschaftskrise hat die Schulden explodieren lassen“, betont Jürgen Michlmayr. „Wenn wir den Jungen Sicherheit geben wollen, dann muss Schluss sein mit dem Schlechtreden der staatlichen Pensionsvorsorge. Denn die Finanzierbarkeit des Pensionssystems ist nicht nur eine Frage des politischen Willens, sondern auch eine Frage der Verteilungsgerechtigkeit in Österreich. Da besteht eindeutig Nachholbedarf.“

Geschäftemacherei

„Kein Wunder, dass das ewige Krankjammern des öffentlichen Pensionssystems, das unter anderem auch von den Pensionskassen betrieben wird, irgendwann Auswirkungen auf die Meinung der jungen Menschen hat, die dann glauben, dass sie keine Pension mehr bekommen werden“, meint auch Bernhard Achitz, Leitender Sekretär des ÖGB, und er kritisiert „Geschäftemacherei, die auf Kosten des Vertrauens in die Altersversorgung“ gehe.
Zusätzliche Steuerzuckerl für die private Vorsorge lehnt der ÖGB ab, denn davon würden nur diejenigen profitieren, die es sich leisten können, etwas anzusparen. „Staatliche Mittel müssen daher in die Absicherung des gesetzlichen Pensionssystems fließen. Denn nur dieses bringt soziale Gerechtigkeit, denn man sammelt Versicherungsmonate auch dann, wenn man krank, arbeitslos oder in Karenz ist. Die Privaten verlangen dafür hohe Extraprämien“, so Achitz. Auch eine Mindestpension gebe es nur im öffentlichen System.

Lebensstandard sichern

Das Vertrauen in die Zusatzpensionen sei nicht ganz grundlos gesunken, sagt Achitz: „Die aktuellen Verluste bei der kapitalgedeckten 2. und 3. Säule zeigen deutlich, dass die gesetzliche Pensionsversicherung der einzige Garant für eine Existenzsicherung im Alter ist. Will man das Vertrauen der Menschen in die Altersvorsorge wieder herstellen, dann muss die gesetzliche Pensionsversicherung so gestaltet sein, dass sie den Lebensstandard der Menschen auf hohem Niveau sichert.“

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