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Familienfreundlicher Fonds mit Verbesserungspotenzial Mittlerweile geht es auch um Leistungsanerkennung für die Tätigkeit der Kindererziehung ...

Familienfreundlicher Fonds mit Verbesserungspotenzial

Schwerpunkt

Der Familienlastenausgleichsfonds (FLAF) ist in den roten Zahlen.

Seit einigen Jahren ist der Familienlastenausgleichsfonds (FLAF) in den roten Zahlen. Die Ursache dafür allein in Leistungserweiterungen wie dem Kinderbetreuungsgeld zu suchen wäre aber zu einfach. Denn in Relation zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) sind die Ausgaben des FLAF anteilsmäßig gesunken. Reformen sind nötig, soviel steht seit Längerem fest. Über das Wie herrscht allerdings schon mindestens genauso lange Uneinigkeit. Die wohl bekannteste bereits erfolgte Sparmaßnahme war die Kürzung der Familienbeihilfe Ende 2010. Nicht nur StudentInnen liefen Sturm gegen die Senkung des Höchstanspruchsalters auf 24 Jahre. Gleichzeitig wurden unter anderem auch die 2008 eingeführte 13. Familienbeihilfe und der Mehrkindzuschlag reduziert. Dank dieser Sparmaßnahmen und steigenden Einnahmen aus den Dienstgeberbeiträgen soll der FLAF erstmals seit 2003 schwarze Zahlen aufweisen.

Reservefonds im Minus

Dieser prognostizierte Überschuss von rund 180 Mio. Euro wandert in den sogenannten Reservefonds, dessen Schuldenstand sich auf mehr als drei Mrd. Euro beläuft. Der FLAF ist durch seine Zweckgebundenheit vom allgemeinen Bundeshaushalt entkoppelt und ein geschlossener Finanzierungskreislauf. Dies bedeutet auch, dass Überschüsse nicht zur Abdeckung eines allfälligen Defizits des Gesamthaushaltes verwendet werden dürfen. Ende 2011 präsentierte Familienminister Reinhold Mitterlehner die IHS-Studie „Familienlastenausgleich in Österreich 2011 – Rückblick, Status quo und Zukunftsperspektiven“, die neben Reformoptionen auch viele aufschlussreiche Daten und Fakten liefert. So sind etwa die Ausgaben des FLAF in Relation zum BIP heute niedriger als in den 1980er-Jahren – trotz Leistungserweiterungen und stetigen Wachstums der nominellen Ausgaben. 1980 betrug dieser Anteil fast 3 Prozent, im Jahr 2010 waren es 2,27 Prozent. Deutlich verändert hat sich jedenfalls die Gewichtung der Ausgaben des FLAF. Der anteilige Aufwand für die Familienbeihilfe ist etwa von ursprünglich 97,4 Prozent der FLAF-Ausgaben (1970) auf 53,5 Prozent (2010) gesunken. Hingegen ist der anteilige Aufwand für Pensionsbeiträge für Kindererziehungszeiten von 1990 bis 2010 von 1,7 Prozent auf 12,8 Prozent gestiegen. Anders formuliert: Von 1998 bis 2010 haben sich die Transfers an die Sozialversicherungsträger versechsfacht.1 Das IHS empfiehlt daher im Zuge einer Neustrukturierung des FLAF, dass alle nur bedingt familienrelevanten Leistungen (auch) von anderen Ressorts (mit)finanziert werden. Daraus ergäben sich Einsparungsmöglichkeiten von ca. 470 Mio. Euro. Laut IHS-Studie könnten etwa Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen (Gesundheit/Sozialversicherung), uneinbringliche Unterhaltsvorschüsse (Justiz) sowie die Schülerunfallversicherung (Bildung) von den jeweils geeigneten Ressorts getragen werden. Die Aufwendungen für Wochengeld und Betriebshilfe werden derzeit zu 70 Prozent aus dem FLAF finanziert, das IHS empfiehlt eine 50-zu-50-Finanzierung gemeinsam mit dem Gesundheitsministerium und den Sozialversicherungsträgern. Zwar wird der FLAF-Anteil am Pensionsversicherungsbeitrag für Kindererziehungszeiten bis 2015 von 75 auf 72 Prozent reduziert werden, laut IHS wären allerdings 50 Prozent angebracht. Der Rest sollte vom Sozialressort und der Pensionsversicherung finanziert werden. Mit entsprechenden Umstrukturierungen und bei gleichbleibender Wirtschaftslage – schließlich sind die FLAF-Einnahmen größtenteils konjunkturabhängig – könnte der FLAF (inklusive Reservefonds) bis 2019 seine Schulden abgebaut haben. Mittelfristig sei, so Mitterlehner bei der Präsentation des neuen Familienförderungsmodells im November, auch an eine Valorisierung der Familienbeihilfe gedacht – eine langjährige Forderung von Familienorganisationen. Diese argumentieren u. a. damit, dass etwa Pensionen deutlich stärker erhöht wurden als die Familienbeihilfe. Auch ÖGB-Bundesfrauenvorsitzende Brigitte Ruprecht urgiert neben der raschen Neugestaltung des FLAF: „Mit dem Stabilitätspaket haben Familien viel Geld verloren. Die Valorisierung der Familienbeihilfe ist daher nur sinnvoll.“

Wertschöpfungsabgabe

AK und ÖGB fordern grundlegende Veränderungen auch bei den Einnahmen. Denn die derzeitige Finanzierung ist doppelt ungerecht: „Das Geld kommt erstens aus beschäftigungsintensiven Unternehmen und zweitens überwiegend von den Unselbstständigen“, so Bernhard Achitz, leitender ÖGB-Sekretär. Leistungen wie Familienbeihilfe, Kinderbetreuungsgeld oder Freifahrten erhalten aber alle unterhaltspflichtigen Eltern. Die Einführung einer Wertschöpfungsabgabe könnte hier gegensteuern, gleichzeitig könnte der Dienstgeberbeitrag von 4,5 auf 2,5 Prozent gesenkt werden. Das würde Industrie, Gewerbe, Handel und den Bausektor, aber auch den öffentlichen Dienst entlasten. Kapitalintensive Branchen wie Energiewirtschaft, Banken, Versicherungen würden durch die Wertschöpfungsabgabe verstärkt zur Kasse gebeten.
Zu den ursprünglichen Zielen des 1967 eingerichteten FLAF – Ausgleich für Unterhaltslasten und Betreuungsleistungen von Eltern, Armutsvermeidung – sind im Laufe der Zeit einige neue gekommen. Mittlerweile geht es ebenso um Leistungsanerkennung für die Tätigkeit der Kindererziehung, etwa durch das Kinderbetreuungsgeld sowie den dazugehörigen Pensionsbeitrag, und immer mehr auch darum, dass Kinder für Frauen möglichst keine beruflichen/finanziellen Nachteile mit sich bringen. Dies hat schließlich auch Auswirkungen auf die Geburtenrate, die in Österreich im Vergleich zu den meisten anderen EU-Staaten seit Jahren gleichbleibend niedrig ist. Vermutlich in diesem Sinne hat die IHS-Studie die künstliche Befruchtung (In-Vitro-Fertilisation) als familienrelevante Leistung und dem FLAF zugehörig eingestuft. Worüber sich alle einig sind: Die Umstrukturierung des FLAF soll nicht nur dessen Budget sanieren, sondern zudem den Spielraum für Familienleistungen erhöhen. Durch den Fokus auf die Kernaufgaben sollen mehr Transparenz und Kostenwahrheit möglich werden. Mit dem Inkrafttreten der zweiten Etappe des neuen Haushaltsrechts im Jänner 2013 wird es für den FLAF erstmals Wirkungsziele und Benchmarks geben. Es gibt allerdings auch Stimmen, die eine Überführung des FLAF in das allgemeine Budget befürworten. Dies würde der Grundidee des neuen Haushaltsrechts entsprechen, in welchem die Fondslösung nur durch Sonderregelungen beibehalten werden konnte.

1 MMag. Andreas Mayrbäurl: Der Familienlastenausgleichsfonds (FLAF) Entwicklung und Optionen; BMF Working-Paper 5/2010

Einnahmen und Ausgaben des FLAF
Insgesamt ist auf der Ausgabenseite des FLAF wesentlich mehr Dynamik zu erkennen als bei den Einnahmen. Das ist nicht zuletzt bedingt durch aktuelle Leistungserweiterungen wie etwa Väterkarenz und In-Vitro-Fertilisation (FLAF und Sozialversicherungen zahlen je 50 Prozent in den IVF-Fonds, der 70 Prozent der IVF-Kosten übernimmt). Aber auch auf der Einnahmenseite ist durch das historisch gewachsene Finanzierungssystem nicht exakt feststellbar, welche Bevölkerungsgruppen wie viel zum FLAF beitragen. Als gesichert gilt, dass Selbstständige und Bauern vor allem seit Einführung des Kinderbetreuungsgeldes mehr erhalten als sie beitragen.
Einnahmen 2011 (2010), in Mio. Euro:
Dienstgeberbeiträge (4,5 Prozent der Bruttolohnsumme): 4.762 (4.624)
Anteil der Einkommens- und Körperschaftssteuer: 217 (190)
Beiträge von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben: 6 (6)
Abgeltung von Ansätzen für Einkommenssteuern: 690 (690) – fixer Pauschalbetrag
Insgesamt (inkl. sonstiger Einnahmen): 5.757 (5.585)
Ausgaben 2011 (2010) in Mio. Euro:
Familienbeihilfen: 3.447 (3.444)
Wochengeld und Betriebshilfe: 311 (294) – zu 70 Prozent durch den FLAF finanziert
Kinderbetreuungsgeld (seit 2002): 1.155 (1.137)
Freifahrten/Fahrbeihilfen: 389 (388)
Schulbücher: 102 (103)
Beiträge zur Sozialversicherung: 841 (566)
PV-Beitrag Kinderbetreuungsgeld: 825 (550)
Unterhaltsvorschüsse: 112 (105)
Mutter-Kind-Pass: 36 (–), FLAF-Anteil 50 Prozent
Insgesamt (inkl. sonstiger Ausgaben): 6.447 (6.152)

Mehr Infos unter: tinyurl.com/ahza9lo

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