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Genuss mit Anhang Nachdem mit 1. April 2005 auch die Schaumweinsteuer fiel, muss für Wein überhaupt keine Verbrauchsteuer addiert werden.

Genuss mit Anhang

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Tabak qualmen, auf ein Bier gehen, heizen und das Auto kutschieren kostet Steuern. Für jeden gleich viel, doch nicht für alle gleich leistbar.

Altbekannt und doch nicht ausreichend lehrreich. Tabak konsumieren zählt nicht zum Gesündesten, was Mensch sich antun kann. Zu viel Gerstensaft trinken zumeist auch nicht. Und dass etwa Autofahren die Umwelt nicht gedeihen lässt, ist hinlänglich bekannt. Steuern für Mineralöl, Tabakwaren und Alkohol – sogenannte Verbrauchsteuern – im Umkehrschluss der Gesundheit zu widmen, ist eine schöne Idee. Allein, es bleibt beim Gedanken. Das Finanzministerium lässt wissen, dass es für die eingehobenen Verbrauchsteuern keine Zweckbindung gibt und dies auch nicht sinnvoll wäre – das Warum lässt das Ministerium offen. „Die Arbeiterkammer hat schon sehr oft gefordert, die ‚gesundheitsschädlichen‘ Produkte in Hinblick auf eine bessere Finanzierung der Krankenanstalten und der Gesundheitsförderung zu besteuern, doch das ist politisch immer gescheitert“, erklärt Otto Farny, Leiter der Abteilung Steuerrecht in der AK Wien. „Die ÖVP versucht, den Sektor schlank zu halten und keine Steuern außer den Krankenversicherungsbeiträgen zuzulassen.“

0,1248 Euro Steuer pro Krügel Bier

Dabei kommen gerade durch die Verbrauchsteuern extrem hohe Anteile in die Staatskassen. Beispiele: Bei einem Stammwürzegehalt von 12 beträgt die Biersteuer je 0,5-Liter-Flasche Bier 0,1248 Euro, bei Spirituosen mit z. B. 40 Volumprozent fällt die Alkoholsteuer mit vier Euro pro Liter ins Gewicht, bei Zwischenerzeugnissen (u. a. Martini) sind 0,73 Euro pro Liter fällig. Die Tabaksteuer setzt sich aus den Fixkosten (35 Euro pro 1.000 Stück) und der variablen Tabaksteuer zusammen, die jüngst dreimal angehoben wurde: im Jänner und Juli 2011 und erneut im Jänner 2012. Vom Preis jeder Packung Zigaretten fließen gut zwei Drittel an den Staat. Einnahmen 2010: 1,502 Mrd. Euro. Vorläufige Einnahmen 2011: 1,568 Mrd. Euro.

Null Prozent Weinsteuer

Bei Weitem größer fallen die Staatseinnahmen freilich aus, wenn es um den ins unbezahlbare steigenden Sprit und das Heizöl geht: 2010 brachte die Mineralölsteuer 3,853 Mrd. Euro ein, 2011 sind es vorläufig bereits 4,212 Mrd. Ohne viel Rechnerei zeigt sich: Gestiegene Steuern bringen mehr Geld. Auch wenn blauer Dunst, motorisierte Bewegung und Heizen teurer werden, so bleibt doch noch der Traube Kraft konstant günstig – zwar existiert ein Weinsteuergesetz, doch der Steuersatz beträgt null Prozent.
Nachdem mit 1. April 2005 auch die Schaumweinsteuer fiel, muss für Wein überhaupt keine Verbrauchsteuer addiert werden. „Dass in Ländern, die Weinproduzenten sind – wie Österreich, Italien und auch Frankreich –, keine Steuern auf Wein eingehoben werden, gibt zu denken. Ein Nicht-Weinproduzent wie Großbritannien hat sehr hohe Steuern auf Wein“, wundert sich Otto Farny. Eine verdeckte Subvention für Weinbäuerinnen und -bauern kann durchaus vermutet werden. Die Biersteuer hat Bund und Ländern 2010 noch 197,6 Mio. eingebracht, 2011 sind es vorläufig nur 188,9 Mio. Euro – ob den Menschen das Bier in Österreich bereits zu teuer geworden ist und sie deshalb auf den Wein ausweichen, lässt sich nicht beantworten. Ob generell eine Verhaltensänderung bei der österreichischen Bevölkerung erwirkt wird, wenn Verbrauchsteuern angehoben werden, kann das Finanzministerium beim Mineralöl bereits bejahen. Das Aufkommen trifft nicht den Voranschlag von 2012 – die Fachabteilung schätzt, dass verstärkt öffentliche Verkehrsmittel genutzt werden. Zwar wäre eine Zweckbindung eindeutiger, doch auch Wege durch Hintertüren erfreuen die Umwelt.

Verbrauchsteuer nicht progressiv

Bei der Finanzierung staatlicher Aufgaben gilt normalerweise das Prinzip der progressiven Besteuerung: Wer zahlungskräftiger ist, soll auch mehr zahlen und einen höheren Anteil seines Einkommens für Steuern verwenden. Schließlich rührt die Zahlungskraft der Besserverdienenden oft daher, dass auch sie einmal vom Gemeinwesen profitiert haben – von einer guten Ausbildung, von guten Investitionsbedingungen und nicht zuletzt vom sozialen Frieden. Doch ausgerechnet die Verbrauchsteuer kennt keine Progression. Lenkungseffekte sind zwar beabsichtigt, die positive Wirkung ist jedoch nicht bewiesen. Höhere Steuern auf Energie – also Steuern für „bad goods“ – sollten Energieeinsparungen zur Folge haben. Doch wie hoch die Verteilungswirkung solcher Steuern in Wirklichkeit ist, hängt auch davon ab, welche Ausnahmen beziehungsweise Kompensationen gemacht werden. Denn etwa die Lenkungswirkung der Mineralölsteuer wird durch die Erhöhung der Pendlerpauschale oder die Deckelung für die Industrie wieder gemindert. Farny: „Die Verbrauchsteuern wirken regressiv, sie belasten Konsumenten mit kleinem Einkommen natürlich stärker als Menschen mit einem größeren Einkommen. Was die Verteilungswirkung betrifft, sind diese Steuern sozial nicht gerecht.“
Anders ist es bei der Lohnsteuer, die stark progressiv ist. Im Jahr 2005 leistete das reichste Drittel der unselbstständigen Haushalte beinahe drei Viertel des gesamten Lohnsteueraufkommens. Doch Sozialabgaben (u. a. Sozialversicherungsbeiträge, Beitrag zur Arbeitslosenversicherung) treffen wiederum die unteren Einkommensschichten, denn die Beitragssätze zwischen Geringfügigkeitsgrenze und Höchstgrundlage sind konstant, darüber hinaus fällt ein Pauschalbetrag an. Ausmaß: Bei mehr als 80 Prozent der ArbeitnehmerInnen übertreffen die Sozialabgaben die tarifliche Lohnsteuerleistung.

Mehr Mehrwertsteuer

GeringverdienerInnen geben fast ihr ganzes Geld für Güter des täglichen Bedarfs aus – und zahlen dafür jedes Mal Mehrwertsteuer. Das heißt nichts anderes, als dass die Reichen einen geringeren Anteil ihres Gesamteinkommens für Verbrauchsteuern verausgaben und damit eine niedrigere Steuerbelastung haben als die Armen.
Schließlich landen die Verbrauchsteuern bei Bund und Ländern, der Schlüssel dazu findet sich im Finanzausgleich: „Die meisten Verbrauchsteuern werden auf Bund und Länder aufgeteilt. Grundsätzlich machen sich das die Gebietskörperschaften so aus, dass sie unter dem Strich auf die Einnahmen kommen“, weiß der AK-Steuerrechtsexperte.
Was ihre Bemessungsgrundlage betrifft, sind die Verbrauchsteuern in der Europäischen Union gleich, doch es existieren von Land zu Land eben verschiedene Steuersätze. „Zwar gibt es Bandbreiten, in denen sich die Steuer bewegen darf, doch bisher gibt es keine Angleichung der Umsatzsteuer.“ Abhilfe gegen das teure Leben schafft nicht nur die italienische Hausfrau Stefania Rossini, deren Blog zum praktischen Bestseller-Büchlein „Zu fünft mit fünf Euro leben“ avancierte (bisher nur in italienischer Sprache).

Huflattich rauchen, morgens tanken

Auch in Österreich wird gezeigt, wie am Verbrauch und damit an der Steuer kräftig gespart werden kann. Mit der Erklärung „Wir wollen ganz einfach dem Konsumterror mit kleinen Zeichen den Kampf ansagen.
Jeder noch so winzige Tipp gibt uns Anregung, unsere momentanen äußerst ressourcenverschwendenden Gewohnheiten zu ändern“, startete „Der Knauserer – weniger ist mehr“ (www.derknauserer.at) im Jahr 2000 als Newsletter und bietet heute u. a. ein breitgefächertes Lexikon zum täglichen Sparen von A bis Z (Initiatorin ist die Tirolerin Michaela Brötz).
Unter Bio-Zigaretten findet sich etwa folgendes Rezept: „In feine Streifen geschnittene, anschließend getrocknete Huflattichblätter können in einer Pfeife oder auch in Zigarettenpapier eingewickelt als Zigarette geraucht werden.“
Zum Punkt Benzinsparen verrät der Knauserer: „Nur morgens tanken, besonders im Sommer, bevor es richtig warm wird. Man bekommt mehr Benzin um dasselbe Geld, weil Benzin sich in der Wärme ausdehnt.“
Heiztipp: „Man überklebt Karton oder besser Styropor-Platten mit Aluminiumfolie. Diese werden hinter den Heizkörpern befestigt, damit möglichst die ganze Wärme in die gute Stube kommt.“ Und Bierreste werden als Pflanzendünger verwertet oder mit Zitronenlimonade zum Radler gestreckt.
Den Verbrauch zügeln mussten auch die damaligen Hartz-IV-Empfänger Kurt Meier und Uwe Glinka. Die beiden verfassten mit Erfolg u. a. das „Sparkochbuch“ (www.diesparratgeber.de).


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