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Oft muss es Kaviar sein Wobei dem Wohlhabenden wiederum mehr Geld für wertvollere dauerhafte Konsumgüter wie Schmuck, Automobile oder (Fern-)Reisen übrig bleibt ...
Buchtipp

Oft muss es Kaviar sein

Schwerpunkt

Wie geben vermögende Menschen ihr Geld wieder aus? Neben Luxusartikeln stehen meistens Wiederinvestments des Kapitals im Vordergrund.

Einer der stärksten Vorsätze der ÖsterreicherInnen für 2013 lautet: Mehr sparen! Manche Menschen stehen aber eher vor dem „Problem“, wie sie ihr Kapital wieder ausgeben sollen. So leistet sich der russische Multimillionär Roman Abramowitsch mit dem FC Chelsea das Vergnügen eines eigenen Fußballklubs (kolportiert werden Gesamtinvestitionen von rund einer Milliarde Euro) sowie mit der „Eclipse“ eine der teuersten Privatjachten der Welt. Sie misst stolze 162 Meter und bietet circa 6.000 Quadratmeter Nutzfläche. Angeblich soll Abramowitsch 800 Mio. Euro für das Prunkstück hingeblättert haben. Die teuerste Jacht der Welt ist aber die „History Supreme“ mit einem geschätzten Wert von 3,4 Mrd. Euro. Sie misst zwar „nur“ 30 Meter, dafür ist sie aber mit 100 Kilogramm Gold und Platin vom Stardesigner Stuart Hughes „veredelt“ worden. Der Käufer, angeblich ein Geschäftsmann aus Malaysia, möchte anonym bleiben.

Empirische Lücken

Hier handelt es sich wohlgemerkt um Extrembeispiele – wohin fließt aber das liebe Geld wohlhabender Menschen, die nicht zu den Super-Superreichen zählen? Die Frage ist nicht einfach zu beantworten. Zwar existieren viele Forschungen zur Vermögensverteilung, was „die Reichen“ mit ihrem Kapital anfangen, ist aber nur teilweise erfasst. Detaillierte Auskunft über die Vermögensstrukturierung in Österreich gibt der Sozialbericht 2011–2012. Wobei diese Untersuchung auf Umfragen beruht; gewisse Ergebnisunschärfen sind also aufgrund mangelnder Selbsteinschätzung oder schlichtweg bewusster Fehlaussagen (wer spricht schon gerne über das eigene Geld?) möglich.
Jedenfalls erfahren wir hier, dass fünf Prozent der Österreicher über durchschnittlich 2,57 Mio. Euro pro Hauhalt verfügen und somit 45 Prozent des Gesamtvermögens halten. Die „untere Hälfte“ der Haushalte nennt im Gegensatz dazu im Schnitt lediglich 18.000 Euro ihr Eigen, insgesamt macht das vier Prozent des Gesamtvermögens aus. Der Sozialbericht untersucht auch, wie das vorhandene Kapital wieder investiert wird: In der wohlhabenden Top-Fünf-Prozent-Gruppe besitzt immerhin die Hälfte nicht selbst genutzte Immobilien, 68 Prozent halten Unternehmensbeteiligungen. 12 bis 14 Prozent verfügen über Aktien, Anleihen und anderes Finanzvermögen, zumindest 30 Prozent haben einen Teil ihres Vermögens in Fonds angelegt. Bei den ärmeren 50 Prozent besitzen hingegen nur drei Prozent eine nicht selbst genutzte Immobilie, lediglich zwei Prozent sind an Unternehmen beteiligt und jeweils zwischen ein und drei Prozent haben einen Teil ihres Vermögens in Fonds, Aktien, Anleihen oder anderen Finanzvermögen angelegt.
Die Ergebnisse sind nicht besonders überraschend, aber dennoch aufschlussreich: Wer über viel Geld verfügt, kann dementsprechend große Summen reinvestieren und genießt somit die Möglichkeit sein Vermögen weiter zu vermehren. Laut der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) verfügen über 80 Prozent des obersten Einkommens-Dezils in Österreich über sogenannte risikoaffine Investments. Damit sind etwa Aktien, Zertifikate und Fonds gemeint, keine konservativen Anlageformen wie Sparbücher oder Bausparverträge. Im Median der Gesamtbevölkerung greifen hingegen nur 20 Prozent zu risikoreicheren Investments. Kein Wunder, denn DurchschnittsverdienerInnen bzw. die unteren Einkommensschichten müssen einen Großteil ihrer Ausgaben für die Sicherung des täglichen Lebensunterhalts tätigen. „Bei einkommensschwächeren Haushalten wird fast das gesamte Einkommen für den laufenden Konsum ausgegeben (Lebensmittel, Energie, Wohnen etc.). Bei einkommensstärkeren Haushalten macht dies nur einen kleinen Teil des Einkommens aus“, heißt es in einer Vermögensstudie der OeNB aus dem Jahr 2010.

Wer wenig hat, muss viel ausgeben

Markus Marterbauer, Leiter der Abteilung Wirtschaftswissenschaft der AK Wien, bestätigt: „In den unteren Einkommensschichten ist der Konsum sehr hoch und liegt aufgrund von aufgenommenen Krediten teilweise sogar über dem verfügbaren Einkommen. Am oberen Ende der Wohlstandspyramide fällt die Konsumrate gemessen am Einkommen hingegen sehr niedrig aus.“ Zur Verdeutlichung: Von 100 Euro Einkommenszuwachs geben die unteren Einkommensschichten praktisch alles wieder aus. Das obere Einkommensdrittel steckt von diesen 100 Euro wieder 40 Euro in den Konsum, 60 Euro werden auf die hohe Kante gelegt. Das bedeutet: Gerade in konjunkturell schwierigen Zeiten erscheint eine Stärkung sozial schwächerer Gruppen sinnvoll, weil das Geld sofort wieder in den Konsum fließt und so die Volkswirtschaft stärkt. Man könnte allerdings anführen, dass auch die Spareinlagen vermögender Menschen volkswirtschaftlich sinnvoll sind, weil sie ja in Form von Krediten wieder der Realwirtschaft zugutekommen. Marterbauer relativiert: „Für klassische Bankeinlagen mag das gelten, nicht aber für risikoreiche, finanzspekulative Investments. Diese haben sich, polemisch ausgedrückt, im Zuge der großen Wirtschaftskrise in Luft aufgelöst. Ein volkswirtschaftlich positiver Effekt bleibt aus!“ Wobei auch sehr vermögende Menschen bei ihren Investmententscheidungen nicht mehr auf volles Risiko gehen, wie Wolfgang Traindl, Leiter des Bereichs Private Banking der Erste Bank, berichtet.
Im Rahmen ihrer Private-Banking-Schiene bietet die Erste Kunden ab einem Finanzvermögen von 300.000 Euro individuelle Anlagemöglichkeiten an. Sie betreut aber auch sogenannte High Net Worth Individuals (HNWIs, sie sind laut gängiger internationaler Definition mehr als fünf Mio. Dollar schwer) und Ultra High Net Worth Individuals (UHNWIs, ihr Vermögen beläuft sich auf über 30 Mio. Dollar). „Vor dem Ausbruch der Finanzkrise waren bei den HNWIs und UHNWIs risikoreichere Investmentformen wie Hedgefonds oder Private Equity sehr gefragt. Heute geht die Tendenz aber eindeutig in Richtung Sicherheit.“ Deshalb investieren wohlhabende Menschen verstärkt in als krisensicher eingestufte Aktien, Gold und vor allem Immobilen. „Immobilien sind auch bei weniger finanziell potenten Menschen gefragt, offene Immobilienfonds bieten hier Anlagemöglichkeiten. Im Vergleich dazu haben wohlhabendere Investoren die Möglichkeit direkt in Eigentumswohnungen oder Zinshäuser zu veranlagen“, erklärt Traindl einen der Hauptunterschiede zwischen dem Anlageverhalten von „normalsterblichen“ und begüterten Menschen.

Wo Tauben sind ...

Fassen wir zusammen: Der „kleine Mann“ muss sich bei Investments, falls diese überhaupt möglich sind, zurückhalten. Somit stagniert sein Vermögen oder es wird inflationsbedingt kleiner. Reiche genießen hingegen die Möglichkeit über breit gestreute Veranlagungen das angehäufte stattliche Kapital weiter zu vermehren. Wo Tauben sind, fliegen eben gerne Tauben zu. Man könnte auch sagen: Der „Große“ investiert, der „Kleine“ konsumiert. In Österreich muss das unterste Einkommens-Dezil (weniger als 837 Euro monatliches Haushaltseinkommen) immerhin 18 Prozent des verfügbaren Einkommens alleine für Lebensmittel ausgeben, im obersten Dezil (über 2.677 Euro) sind es mit 8,6 Prozent um rund die Hälfte weniger. Wobei dem Wohlhabenden wiederum mehr Geld für wertvollere dauerhafte Konsumgüter wie Schmuck, Automobile oder (Fern-)Reisen übrig bleibt (letztere sind rein volkswirtschaftlich betrachtet wenig sinnvoll, weil Kaufkraft vom Inland in ferne Kontinente abgezogen wird). Laut Statistik Austria gibt das unterste Einkommens-Dezil 2,3 Prozent seines verfügbaren Einkommens für den Urlaub aus, im obersten Einkommens-Dezil sind es 6,2 Prozent. Übrigens verzeichnet der in den USA erhobene Luxury Consumption Index 2012 den größten Anstieg seit 2004. 95 Prozent der befragten reichen AmerikanerInnen gaben beispielsweise an, mehr Geld für luxuriöse Bekleidung ausgeben zu wollen. Die „Reichen“ lassen es sich also gut gehen. Weniger Begüterte bleiben hingegen oft auf der Strecke. Ist in diesem Zusammenhang die Diskussion um eine höhere und effizientere Besteuerung von Vermögen tatsächlich eine „Neiddebatte“?

Mehr Infos unter:
news.centurionjewelry.com

www.seissmo.com

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