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Teurer Wohnen Eine der Forderungen: Verpflichtung zur raschen Bebauung brach liegender Baugründe mit entsprechenden Sanktionen, wenn die Fristen nicht eingehalten werden.

Teurer Wohnen

Schwerpunkt

Ein Maßnahmenpaket für leistbaren Wohnbau noch vor der Nationalratswahl ist dringend nötig.

Es war einmal ein Altbau in vielversprechender Lage, dessen Wohnungen renoviert und in Eigentum verkauft werden sollten. Dafür musste erst entmietet werden, soll heißen, die AltmieterInnen sollten durch Geld, Überredungskunst u. Ä. zum Ausziehen bewegt werden. Bald war das Haus fast bestandsfrei.
Da eine Handvoll MieterInnen trotz aller Widrigkeiten hartnäckig den Auszug verweigerten, bot der Eigentümer einer Gruppe wohnungssuchender Punks das leer stehende Gassenlokal in dem Gebäude zur sogenannten Zwischennutzung an. Die Punks waren zwar erwartungsgemäß manchmal laut, aber trotzdem freundeten sich die MieterInnen mit ihnen an und solidarisierten sich schließlich gemeinsam gegen den Hauseigentümer.

Enorme Preisanstiege

Ein vielleicht etwas extremes, aber leider durchaus nicht außergewöhnliches Beispiel aus Wien, wo die (privaten) Mieten von 2008 bis 2012 um bis zu 38 Prozent1 gestiegen sind. Auch in Innsbruck, Salzburg-Stadt und Linz waren die Teuerungsraten in diesem Zeitraum zweistellig. Die Preise für Zinshäuser in der Wiener Innenstadt sind vom Jahr 2000 bis 2010 auf rund das Dreifache gestiegen, so eine Studie der TU Wien.2 Zusätzlich zum Mietpreisanstieg kommt es zu einem starken Absiedlungsdruck bei Altmietern. „Die reinen Mieten, darunter vor allem die privaten, sind zwischen 2000 und 2011 um knapp 40 Prozent in die Höhe geschnalzt“, so AK-Wohnrechtsexperte Walter Rosifka, „um zwei Drittel mehr als die allgemeine Teuerung von 25 Prozent.“
Im internationalen Vergleich ist in Österreich die Belastung durch Wohnkosten noch immer relativ niedrig (unter dem EU-Durchschnitt) und die Wohnqualität hoch. Doch wir holen auf: Die Mieten in Österreich sind von 2000 bis 2011 deutlich stärker gestiegen als im Durchschnitt des Euro-Raumes. Das österreichische System der Wohnpolitik ist in den vergangenen Jahren zum Nachteil der MieterInnen geschwächt worden. Weniger Neubauten, die nicht mehr zweckgebundene Wohnbauförderung sowie die dramatisch gestiegenen Grundstückspreise machen auch den sozialen Wohnbau teurer. Der Anteil an frei finanzierten Neubauten ist merklich gestiegen: Während die Zahl der Förderungszusicherungen bis 2011 auf ein historisch niedriges Niveau von 27.600 Einheiten gesunken ist, erreichte gleichzeitig die Zahl der Baubewilligungen 2011 den höchsten Wert seit Mitte der 1990er-Jahre.
Allgemein ist schon seit Ende der Neuzigerjahre eine Verlagerung der Wohnbauförderung vom Neubau zur Sanierung zu beobachten. Dass fast ein Drittel der Förderungen für Sanierungen verwendet wird, könnte angesichts einer Bevölkerungszunahme von mehr als 303.000 Haushalten (= 387.000 Personen) in der letzten Dekade problematisch werden. Der auf diese Weise in manchen Regionen bereits merkliche Nachfrageüberhang treibt die Mietpreise in die Höhe.
Die Autorinnen und Autoren der WIFO-Studie „Instrumente und Wirkungen der österreichischen Wohnungspolitik“3 erwarten, dass „die Leistbarkeit von Mietwohnungen in Österreich mittelfristig zu einem zunehmenden Spannungsfeld werden könnte, besonders wenn man bedenkt, dass es zu einer Einschränkung der Neubautätigkeit in Folge der Aufhebung der Zweckbindung der Wohnbaufördermittel seit 2009 und damit zu einer Verknappung des (Miet)Wohnungsangebots kommen könnte“. Generell kommen Mittel für die Wohnbauförderung überwiegend aus dem Bundesbudget. Der Bund überweist den Ländern sogenannte Bedarfsmittel, die sich aus Steueranteilen und dem Wohnbauförderungsbeitrag zusammensetzen.
Während die Überweisungen des Bundes zum Ausgleich des Landeshaushalts laufend gestiegen sind, wurden die vom Bund an die Länder überwiesenen Wohnbauförderungsbeiträge seit 1996 gleichbleibend mit knapp 1,8 Mrd. Euro budgetiert!

Zweckbindung aufgehoben

Zurückgezahlte Wohnbauförderungsdarlehen (Rückflüsse) müssen seit 2001 nicht mehr nur in den Wohnbau fließen. Die Darlehen durften sogar verkauft werden. Diese Möglichkeit haben einige Bundesländer sehr ausgiebig genutzt. 2008 wurde letztlich auch die Zweckbindung für die Wohnbauförderungsbeiträge aufgehoben. Seither können die Bundesländer selbst entscheiden, wie viel sie für Wohnbauförderung ausgeben. „Wie die Bundesländer auf die Auflassung der Zweckbindung – vor allem in Hinblick auf Konsolidierungsanstrengungen – reagieren werden und die Wohnbauförderung zukünftig gestalten, muss sich erst zeigen … Erste Daten zeigen jedoch einen deutlichen Rückgang der Neubauförderungszusicherungen und -ausgaben, vor allem in den östlichen Bundesländern“, so die WIFO-Studie.

Trend zum Eigentum hat Nachteile

Eine qualitative und quantitative Versorgung mit ausreichendem und leistbarem Wohnraum kann durch den freien Markt nicht gewährleistet werden und rechtfertigt staatliches Eingreifen. Beispiele für die negativen Auswirkungen von ungenügender Planung und zu viel Marktwirtschaft gibt es genug, so beschäftigt etwa die Privatisierung der BUWOG-Wohnungen unter Schwarz-Blau bis heute die Gerichte.
Im Übrigen bringt der gegenwärtige (für viele Menschen ohnehin utopische) Trend zum Eigentum zwei gravierende Nachteile mit sich: das Risiko von Immobilienblasen und geringere Mobilität der Arbeitskräfte. Sind Arbeitskräfte zu wenig mobil, dann sehen sich Unternehmen unter Umständen gezwungen, weniger geeignete Arbeitskräfte aus der Umgebung einzustellen – was zu verringerter Wertschöpfung führen kann.
Die wichtigsten Forderungen

  • Eine eigene Widmungskategorie mit ermäßigten Grundpreisen für den geförderten Wohnbau.
  • Die Wohnbauförderung und deren Rückflüsse sollen wieder zweckgewidmet werden.
  • Objektförderung (= Wohnbauförderung) ist nicht zuletzt wegen der allgemein preisregulierenden Wirkung der Subjektförderung (Wohnbeihilfen etc.) vorzuziehen.
  • Verpflichtung zur raschen Bebauung brach liegender Baugründe mit entsprechenden Sanktionen, wenn die Fristen nicht eingehalten werden.
  • Klare Mietobergrenzen bei privaten Mieten: Der undurchschaubare Dschungel an Zu- und Abschlägen beim Richtwertmietzinssystem muss beseitigt werden.
  • Als Betriebskosten sollen nur jene gelten, die die MieterInnen unmittelbar verursachen, zum Beispiel Kosten für die Wasserversorgung, Abwasser- und Müllentsorgung. Grundsteuer, Verwaltungs- und Versicherungskosten fallen nicht darunter.
  • Maklerprovisionen sollen nur die VermieterInnen zahlen. Wer in Österreich eine unbefristete Mietwohnung von einem Immobilienmakler vermittelt bekommt, zahlt derzeit im Schnitt 1.248 Euro Maklergebühr.
  • Einschränkung der Privatisierung von gemeinnützigen Wohnungen.

Die seit 2010 bestehende Nachhaltigkeitsinitiative UMWELT + BAUEN, ein Zusammenschluss von 15 überparteilichen Interessenvertretungen, fordert außerdem eine Milliarde Euro zusätz-lich für leistbares Wohnen. 500 Mio. (niedrig verzinste) Euro sollten von der Europäischen Investitionsbank kommen, 300 Mio. dadurch, dass Pensionsvorsorgekassen auch in Wohnbau veranlagen dürfen, und drittens: 200 Mio. Euro aus dem regulären Budget, indem die Summe für den Bundessanierungsscheck von 100 auf 300 Mio. Euro erhöht wird.
Außerdem sollten bei Auftragsvergaben mit öffentlichen Geldern und Fördermitteln ausschließlich österreichische Firmen mit Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die in Österreich angemeldet sind, zum Zug kommen dürfen. „Eine EU-Gerichtsentscheidung besagt, dass eine regionale Vergabe auch rechtlich in Ordnung ist, wenn damit die überdurchschnittlich hohe Arbeitslosigkeit bekämpft wird“, so der Sprecher der Initiative, Gewerkschaft-Bau-Holz-Chef Josef Muchitsch (
www.umwelt-bauen.at).
 

1 WKO-Immobilienspiegel
2 „Analyse der Angebots- und Preisentwicklung von Wohnbauland und Zinshäusern in Wien“, tinyurl.com/nkgrpzv
3 „Instrumente und Wirkungen der österreichischen Wohnungspolitik“, tinyurl.com/o5unpc9

Arbeiterkammer Wien:
wien.arbeiterkammer.at/wohnen.htm

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