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Wir wollen Zusammenarbeit …

Wir sind Europa

SOZAK-Auslandspraktikum-Teilnehmerin Szilvia Leisser hat in Ungarn die Gewerkschaftsarbeit bei der MSZOSZ, einem der sechs Dachverbände, kennengelernt.

Die MSZOSZ organisierte Kontakte zu allen Dachverbänden, zur Friedrich-Ebert-Stiftung (FES), Betriebsgewerkschaften sowie Betriebsrätinnen und Betriebsräten in verschiedenen Branchen. Nach kurzer Zeit wurde mir klar, dass ich mein Auslandspraktikum in einem Land absolviere, in dem die Herausforderungen an die Gewerkschaften, sich in der Arbeitswelt zu positionieren, kein Spaziergang sind.

Herausforderungen nach der Wende

Die Gewerkschaften mussten sich nach der politischen und wirtschaftlichen Wende 1989 neuen Herausforderungen in Arbeitswelt und Gesellschaft stellen. Viele Menschen bringen Gewerkschaft immer noch, wie im Sozialismus, mit Partei in Verbindung. Aus meiner Sicht ist der Abnabelungsprozess zu einer überparteilichen, aber nicht unpolitischen Organisation im Bewusstsein der Menschen bis heute nicht gelungen. Allerdings wurden die Gewerkschaften auch mit einer „Turboprivatisierung in einem Turbokapitalismus“ konfrontiert, das erschwerte die Ausrichtung von Strategien zusätzlich. Um Ideologien der ArbeitnehmerInnenvertretung, wie Solidarität, Demokratie und Sozialpartnerschaft (um nur einige zu nennen), in die Gesellschaft zu transportieren, braucht es eine starke Gewerkschaft, die ihre Kräfte bündeln und mobilisieren kann. In Ungarn haben sich nach der Wende sechs Dachverbände herausgebildet. Drei davon verhandeln über einen Zusammenschluss bis 2014. Dies wäre aus meiner Sicht ein wichtiger Schritt, um gemeinsame Visionen und Strategien für eine starke ArbeitnehmerInnenvertretung in Ungarn zu entwickeln.
Durch die Abschaffung der Pflichtmitgliedschaft nach Ende des Sozialismus wurden starke Mitgliederrückgänge verzeichnet. Die Privatisierung hat die Gewerkschaften durch den Mitgliederverlust in ihrer Mitsprachestärke und ihren Ressourcen stark geschwächt. Bei Gründung eines BR/EUBR wird den Kolleginnen und Kollegen mit Schulungen unter die Arme gegriffen, damit sie die Möglichkeiten sozialpartnerschaftlicher Elemente bestmöglich nutzen können. In vielen Gesprächen wurde erwähnt, dass durch die Einführung des neuen Arbeitsrechts im Jahr 2012 die derzeitige Regierung nicht nur ArbeitnehmerInnenrechte beschnitten hat, sondern auch die Schwächung der Gewerkschaften im Visier hatte. Im November wird dazu eine mit Spannung erwartete Arbeitsrechtsstudie der FES in Budapest präsentiert.

Gewerkschaftsjugend

Die ungarische Gewerkschaftsjugend kämpft gegen die Hoffnungslosigkeit in Bezug auf eine stabile Zukunft, gegen hohe Arbeitslosigkeit und gegen die Abwanderung der unter 25-Jährigen. Ich hatte die Gelegenheit, an einer von der FES Budapest organisierten Veranstaltung teilzunehmen. Themenschwerpunkt war „Demokratie 2020 – Wie erleben die Jugendlichen die Demokratie und wie ist ihr Zukunftsbild davon?“. An der Diskussion nahmen junge GewerkschafterInnen aus allen Dachverbänden, junge MSZP-PolitikerInnen (Sozialistische Partei) und ProjektleiterInnen (AK Linz, FES, Gewerkschaft Handel Budapest) teil. Wir diskutierten mit den Jugendlichen über die Bedeutung der Demokratie, die Rolle der Gewerkschaften bei der Demokratieförderung und über Politik. Es wurde eine österreichisch-ungarische Studie vorgestellt, in der das Zukunftsbild von Demokratie und Politik von Jugendlichen der beiden Länder miteinander verglichen wurde. Zusammenfassend wurde klar, dass in beiden Ländern nicht Parteipolitik, sondern politische Bildung das Bewusstsein und das Engagement der Jugend erweckt, Demokratie aktiv mitzugestalten. Die Gewerkschaftsjugend hat die Möglichkeit, sich in diesem Zusammenspiel zu positionieren. Wir wollen eine aktive Mitgestaltung der Jugend in der Gewerkschaftsbewegung. Wir wollen eine internationale Zusammenarbeit, und wir wollen keine nationalen Angstmacher, die uns rücksichtslos in die Ecke drängen.
Ich möchte meinen Kolleginnen und Kollegen in Ungarn meinen Dank für die hervorragende Betreuung, für die offenen Gespräche und Diskussionen aussprechen und ihnen viel Erfolg bei der Umsetzung ihrer Visionen wünschen.


INTERVIEW:
Zur Person

Erika Gulyásné Háhl
Alter: 45, Wohnort: 1222 Budapest
Beruf: Einzelhandelskauffrau
Gewerkschaftssekretärin bei der Handelsgewerkschaft, BR-Vorsitzende bei SPAR
Firma: SPAR Magyarország Kereskedelmi Kft.
Anzahl der MitarbeiterInnen: 13.000
Gewerkschaft: KASZ-SPAR Alapszervezet, untergeordnete Gewerkschaft der Handelsgewerkschaft  (diese ist eine Teilgewerkschaft der MSZOSZ)



Seit wann bist du im Betriebsrat?

Seit November 2007.

Was bedeutet für dich gute Arbeit? 

Einkommen, wovon man leben kann. Die Arbeit muss mein Interesse wecken und Spaß machen – gute Arbeitsbedingungen.

Wie siehst du die Wirtschaft und die politische Lage deiner Heimat?

Nicht berechenbar, nicht nachhaltig, labil, hohe Steuerbelastung, hohe Verschuldung, für viele Menschen ist die Zukunft aussichtslos.

Wie hoch ist der durchschnittliche Monatsverdienst in Ungarn?

Das ist regional unterschiedlich. In Budapest sind das 185.274 Forint, in der Region Békés lediglich 109.961 Forint, der Landesdurchschnitt beträgt 147.771 Forint.

Kommt man damit aus?

Die durchschnittlichen Mindestlebenshaltungskosten in Ungarn betragen 180.000 Forint.

Was bedeutet dir Gewerkschaft?

Meine derzeitige Arbeit.

Was bedeutet dir die EU?

Die Beschäftigungs- und Reisefreiheit.

Dein Lieblingsland in Europa?

Leider habe ich noch nicht viel reisen können, aber Österreich gefällt mir wegen der geografischen Lage sehr gut. In Deutschland gefallen mir die Schlösser und Spanien mag ich wegen der Lebendigkeit.

Was bringt der Betriebsrat?

Die Interessen der ArbeitnehmerInnen gegenüber dem Arbeitgeber vertreten.

Wie und wie oft machst du Urlaub?

Ich habe 30 Tage Jahresurlaub. Ich verbringe meine Zeit zu Hause, um die liegen gebliebene Hausarbeit zu erledigen und mich etwas auszuruhen.

Was wünschst du dir für deine Zukunft?
 
Für meine Familie und für mich wünsche ich Gesundheit, dass wir uns öfter entspannen und ausruhen können. Dass das, was ich mache und wie ich lebe, gut ist.

Schreiben Sie Ihre Meinung an die Autorin szilvia.leisser@dhl.com
oder die Redaktion aw@oegb.at

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