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Symbolbild zum Bericht "Gleich und gleicher" Bei der Berufswahl sollen junge Menschen ermutigt werden, sich für einen Beruf zu entscheiden, der typischerweise vom anderen Geschlecht ausgeübt wird.

Gleich und gleicher

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Von schreiten kann keine Rede sein - die Gleichstellung humpelt voran. Da heißt es dranbleiben, damit Frauen genauso gute Chancen wie Männer haben.

Die Chancen in der Gesellschaft sind alles andere als fair verteilt. Eine gerechte Verteilung muss sich auch um die noch immer vorhandenen Unterschiede zwischen Frauen und Männern kümmern, und das in vielen Bereichen: bei Jobs und Einkommen, in der Familie und bei der Bildung. Gleichstellung fängt beim Einstieg in die Bildung an – und die beginnt schon bei Krippe und Kindergarten. Wesentliche Entscheidungen werden bei der Frage getroffen, für welchen beruflichen Ausbildungsweg sich jemand entscheidet. Leider gibt es da noch immer Nachteile für Mädchen. So sind zwei Drittel aller Lehrstellen mit Burschen besetzt. Gute Chancen auf einen Lehrplatz haben junge Frauen nur in typischen Frauenberufen. Im Job selbst können Frauen oft nicht im gleichen Ausmaß an betrieblicher Qualifizierung teilnehmen wie Männer. Ein Hauptgrund dafür ist, dass Teilzeitbeschäftigte hier nicht ausreichend berücksichtigt werden – und das sind eben ganz überwiegend Frauen.Wir wollen, dass bereits im Kindergarten Mädchen und Buben gefördert werden, ohne dabei die klassischen Rollen zu bestärken. Außerdem trägt gute Kinderbetreuung entscheidend dazu bei, Unterschiede aufgrund der sozialen Herkunft auszugleichen.
Bei der Berufswahl sollen junge Menschen ermutigt werden, sich für einen Beruf zu entscheiden, der typischerweise vom anderen Geschlecht ausgeübt wird. Das muss in der Schule, aber auch vom Arbeitsmarktservice unterstützt werden. Und in der Lehrausbildung müssen sich Betriebe darum bemühen, junge Frauen für technische Ausbildungen zu gewinnen. Später im Job sollen sich ArbeitnehmerInnen fix eine Woche im Jahr weiterbilden dürfen – und zwar auch jene, die in Teilzeit beschäftigt sind. Viele weibliche Beschäftigte hätten dann endlich eine faire Möglichkeit, sich besser zu qualifizieren.

Nicht ohne Arbeitsmarkt

Dreh- und Angelpunkt der Gleichstellung ist und bleibt der Arbeitsmarkt. Frauen müssen eine bezahlte Beschäftigung haben können – und dabei gleich viel verdienen wie ihre männlichen Kollegen. Das sichert auch ihre Pension. Nur so können sie wirtschaftlich unabhängig sein. Der Anteil der erwerbstätigen Frauen ist in den vergangenen Jahrzehnten laufend gestiegen. Der Preis dafür ist allerdings, dass eine Vollzeitstelle ohne Befristung mittlerweile die Ausnahme für weibliche Beschäftigte bildet. 44 Prozent der Frauen arbeiten in Teilzeit. Und viele sind nur geringfügig, also ohne Arbeitslosen- und Pensionsversicherung angestellt. Oder sie sind als freie Dienstnehmerinnen tätig – ohne arbeitsrechtlichen Schutz.
Teilzeit ist zwar in rechtlicher Hinsicht gut abgesichert, aber der Verdienst reicht oft nicht zum Leben. Die im Rahmen einer Teilzeitarbeit geleistete Stunde ist nämlich auch um ein Viertel schlechter bezahlt als die Vollzeitstunde. Dass Frauen sich trotzdem so oft auf Teilzeit einlassen, liegt häufig an fehlender Kinderbetreuung und der zu geringen Beteiligung der Väter. Aber in manchen Bereichen – etwa der mobilen Pflege – werden fast nur noch Teilzeitjobs angeboten. Wer dort Vollzeit arbeiten möchte, muss den Beruf wechseln. Auf der anderen Seite müssen viele Männer oft deutlich mehr als 40 Stunden in der Woche arbeiten – und stöhnen unter dieser Belastung.
Wir wollen, dass Beschäftigte den gesamten Schutz des Arbeits- und Sozialrechts genießen. Wie viele Stunden sie tätig sind, sollen ArbeitnehmerInnen selbst entscheiden können. Dazu braucht es eine Umverteilung der Arbeitszeit in Richtung einer ausgewogeneren Verteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit zwischen Frauen und Männern. Außerdem müssen Überstunden für ArbeitgeberInnen teurer werden. Und wird eine Vollzeitstelle frei, soll der Betrieb zuerst Teilzeitarbeitskräfte fragen müssen, ob sie aufstocken möchten.

Zu wenig zum Leben

Frauen verdienen um fast ein Viertel weniger als Männer, auch wenn die Arbeitszeit herausgerechnet wird. Das ist an sich ungerecht. Dramatisch wird es, wenn sie zu wenig Einkommen zum Leben haben. Zwei von drei beschäftigten Frauen kommen gerade oder gar nicht mit ihrem Einkommen aus. Neben Teilzeit sind deutlich schlechtere berufliche Entwicklungsmöglichkeiten und viele Jobs in schlecht bezahlten Branchen wesentliche Gründe dafür. So kommt es, dass auch ein Vollzeit-Einkommen oft nicht ausreicht. Drei von zehn in Vollzeit beschäftigten Frauen erhalten nur einen „Niedriglohn“. Das bedeutet, sie verdienen nicht einmal zwei Drittel des Durchschnitts. Bei den Männern ist es nur einer von zehn. Nicht zuletzt die schlechtere Bewertung typisch weiblicher Tätigkeiten, wie Pflege oder Kinderbetreuung, ist mit daran schuld. Dabei können wir ganz bestimmt nicht auf diese Arbeiten verzichten.
Wir wollen ein Einkommen, von dem man leben kann. Deswegen fordern wir die Einführung eines kollektivvertraglichen Mindestlohns/Mindestgehalts von 1.500 Euro. Und wer beruflich in der Sackgasse steckt, soll die Möglichkeit haben, eine neue Ausbildung zu absolvieren. Die Kosten dafür sowie die Deckung des Lebensunterhalts sollen dabei vom Arbeitsmarktservice übernommen werden. Außerdem braucht es eine neue Bewertung von Arbeit, nach der alle Anforderungen angemessen bezahlt werden.

Family Business

Es ist ein altes Lied, trotzdem ist es leider noch aktuell: Es gibt zu wenig Plätze in der Kinderbetreuung. Mehr als 140.000 Eltern (vor allem Frauen) sind aufgrund fehlender Kinderbetreuungsplätze nicht oder nur in Teilzeit berufstätig. Zusätzlich beklagen mehr als 100.000 Eltern ungenügende Öffnungszeiten, zu viele Schließtage in den Ferien oder zu hohe Kosten.
Das Argument, mehr Plätze seien nicht leistbar, ist wenig glaubwürdig. Schließlich wurden steuerliche Förderungen in den vergangenen Jahren am laufenden Band eingeführt (z. B. Kinderfreibetrag, Freibetrag Kinderbetreuungskosten). Die begünstigen aber hohe Einkommen, während Eltern mit geringem Verdienst leer ausgehen. Zudem werden Paare mit traditioneller Arbeitsteilung durch den Alleinverdienerabsetzbetrag höher gefördert als solche mit einer partnerschaftlichen Aufteilung.
Wir wollen mehr und bessere Kinderbetreuungsplätze – überall in Österreich. Vor allem für Kleinkinder gibt es viel zu wenig Plätze. Kindergärten sperren oft schon am frühen Nachmittag zu oder haben in den Ferien wochenlang geschlossen. Das muss sich ändern! Außerdem wollen wir mehr Personal für kleinere Gruppen und bessere Betreuung. Das Geld dafür soll aus den ungerechten Steuerförderungen umgeschichtet werden. Das zahlt sich dreifach aus, denn Kinderbetreuung schafft nicht nur bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie, sondern bringt auch Tausende zusätzliche Arbeitsplätze. Durch die neue Beschäftigung fließt mittelfristig mehr Geld an die öffentli-che Hand zurück, als die Kinderbetreuung kostet.

Arme Frauen?

Die geringeren Einkommen von Frauen führen zu schlechteren Sozialleistungen. So bekommen Frauen rund 150 Euro monatlich weniger Arbeitslosengeld als Männer. Zudem wird die Notstandshilfe gestrichen, wenn der Partner zu viel verdient – obwohl oft jahrelang Beiträge gezahlt wurden. Acht von zehn dieser Streichungen betreffen Frauen.
Auch am Ende des Erwerbslebens schaut es nicht gut aus: Frauenpensionen sind so gering, dass 26 Prozent der allein lebenden Pensionistinnen von Armut betroffen sind. Auch Alleinerzieherinnen gehören zu den Gruppen, die besonders armutsgefährdet sind. Gerade sie müssen die Nachteile einer Teilzeitbeschäftigung – weniger Geld, weniger betriebliche Bildung, weniger Aufstiegsmöglichkeiten – tragen.
Wir wollen den Ausbau arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen und weiterhin 50 Prozent der Mittel für Frauen. Mit diesem Geld können Frauen Beratung und Qualifizierung erhalten, die ihre Jobsituation verbessert. In der Arbeitslosenversicherung muss endlich die Regelung beseitigt werden, dass die Notstandshilfe wegen dem Einkommen des Partners gekürzt oder gar gestrichen wird. Und die Zeiten der Kindererziehung müssen bei der Anrechnung für die Pension mehr wert sein als derzeit.

Gender Budgeting:
www.bka.gv.at/site/5557/default.aspx

Schreiben Sie Ihre Meinung an die Autorin sybille.pirklbauer@akwien.at oder die Redaktion aw@oegb.at

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