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Symbolbild zum Bericht "Mama daheim, Papa in der Arbeit" Väter, die Karenz in Anspruch nehmen, beteiligen sich deutlich regelmäßiger an der Betreuung der Kinder als Väter, die keine Karenz in Anspruch nehmen.

Mama daheim, Papa in der Arbeit

Aus AK und Gewerkschaften

Das AK-Wiedereinstiegsmonitoring zeigt nachteilige Auswirkungen langer Berufsunterbrechungen von Frauen auf die weitere Berufskarriere.

Ein Kind kommt auf die Welt, die Mutter bleibt eher und länger weg vom Arbeitsplatz, der Mann seltener und kürzer. Diese bekannte Tatsache wurde vom Wiedereinstiegsmonitoring bestätigt. Dieses neue Beobachtungsinstrument wurde im Auftrag und in Zusammenarbeit mit der AK Wien von L&R Sozialforschung erstellt.1

Aufgrund der längerfristigen, bis zu fünfjährigen Beobachtungsmöglichkeit des Wiedereinstiegsverhaltens und des Vergleichs der Erwerbssituation nach dem Wiedereinstieg mit der Zeit vor der Karenz ermöglicht es nun allerdings differenziertere Aussagen.

Zurück in den Job

Die Hälfte jener Väter, die vor dem Kinderbetreuungsgeldbezug gut erwerbsintegriert2 waren, war spätestens drei Monate nach Beginn des Kinderbetreuungsgeldbezuges wieder erwerbstätig3. Weitere drei Monate später erhöht sich dieser Anteil auf insgesamt fast drei Viertel (71 Prozent). Die Mehrheit der Frauen hingegen, die vor der Geburt des Kindes gut erwerbsintegriert waren, ist auch mit Ende der gesetzlich möglichen kündigungsgeschützten Karenzdauer – dem zweiten Geburtstag des Kindes – noch nicht wieder erwerbstätig. Nur 38 Prozent finden sich zu diesem Stichtag erneut in einer Beschäftigung.4 Erst zum Stichtag dritter Geburtstag des Kindes ist die überwiegende Mehrheit der Frauen wieder in einer Beschäftigung (63 Prozent).5 Viele Frauen schöpfen offensichtlich die maximale Bezugsdauer der längsten Variante des Kinderbetreuungsgeldes weitgehend aus und steigen erst dann wieder ein. Bei Frauen, die vor der Geburt des Kindes nicht oder nicht überwiegend erwerbstätig waren, ist die Wiedereinstiegswahrscheinlichkeit noch geringer: Hier sind mit Stichtag vierter Geburtstag immer noch deutlich weniger als die Hälfte, nämlich nur 41 Prozent, in einer Beschäftigung. Durch den Vergleich der Ergebnisse der Jahreskohorten, in denen bereits Kurzmodelle in Anspruch genommen werden konnten6, mit denen, in denen es nur eine, die längste Kinderbetreuungsgeldbezugsmöglichkeit gab, können zwei positive Trends beobachtet werden. So hat sich der Männeranteil deutlich erhöht7 und Kurzmodelle scheinen einen frühen Wiedereinstieg bei Frauen zu unterstützen. Diese Trends sind allerdings nur bei Personen, die vor der Karenz gut erwerbsintegriert waren feststellbar und nicht bei jenen, die davor nicht bzw. schlecht erwerbsintegriert waren.

Kontinuität oder Bruch?

30 Prozent der Frauen arbeiten nach dem Wiedereinstieg nicht mehr im selben Betrieb. Bei den Männern wechselt nur jeder Fünfte den/die ArbeitgeberIn. Die Ergebnisse zeigen, dass auch die Dauer der Unterbrechung beim ArbeitgeberInnenwechsel eine Rolle spielt: Je früher der Wiedereinstieg erfolgt, desto eher ist eine Kontinuität im Arbeitsverhältnis gegeben. Diese Befunde sind zunächst weder positiv noch negativ zu werten. So wissen wir, dass die Karenzzeit von Frauen auch genutzt wird, um die berufliche Situation zu überdenken und gegebenenfalls eine berufliche Neuorientierung anzugehen oder eine unbefriedigende Beschäftigungssituation zu beenden, also durchaus positive Veränderungsprozesse abbilden kann.

Diskriminiert beim Wiedereinstieg

Aber viele Frauen können auch nicht mehr auf ihren Arbeitsplatz zurück, entweder weil die Arbeitszeiten mit den Kinderbetreuungszeiten nicht vereinbar sind, oder weil ein Wechsel aufgrund betrieblicher Schikanen als einzige Option bleibt. Allein in den Monaten April bis Juni 2013 zählten die ArbeitsrechtsberaterInnen der AK Wien rund 180 in der Beratung zu behandelnde Diskriminierungen im Zusammenhang mit dem Wiedereinstieg.

Die häufigsten Benachteiligungen sind, dass Frauen nach der Karenz geringwertigere Tätigkeiten ausüben müssen (z. B. Verlust der Filialleitung), an einen schlecht erreichbaren Arbeitsort versetzt werden oder Arbeitszeiten angeordnet bekommen, die mit der Kinderbetreuung nicht vereinbar sind. Beim Vergleich des Einkommens vor und nach der Karenz zeigt sich, dass Frauen nach der Karenz mit deutlich niedrigeren Monatslöhnen zurechtkommen müssen als zuvor – und zwar auch noch mehrere Jahre nach der Geburt des Kindes. So verdienten im Jahr vor der Geburt des Kindes 45 Prozent der überwiegend erwerbstätigen Frauen, die 2006 ein Kind geboren haben, 2.000 Euro brutto im Monat oder mehr. Im vierten Jahr nach der Geburt dagegen kommen nur noch 17 Prozent auf ein Monatsentgelt ab 2.000 Euro. Bei Männern unterscheidet sich das Einkommen dagegen kaum. Der Anteil der Männer mit einem Erwerbseinkommen von 2.000 Euro und mehr sank im selben Vergleichszeitraum kaum: So waren in diesem Einkommenssegment im Jahr vor Beginn des Kinderbetreuungsgeldbezugs 52 Prozent der Männer einzuordnen, im vierten Jahr danach beträgt dieser Anteil 50 Prozent, d. h. die Einkommenssituation hat sich bei den Männern – ganz im Unterschied zu den Frauen – kaum verändert.

Einkommensentwicklung

Die großen Unterschiede in der Einkommensentwicklung zwischen Männern und Frauen liegen in den ersten zwei bis drei Jahren nach Beginn der Kinderauszeit vor allem am hohen Anteil an Frauen, deren Berufsunterbrechung noch andauert. Im vierten Jahr kann das allerdings nicht mehr der wesentlichste Grund sein. Einkommenseinbußen aufgrund des hohen Anteils von Müttern, die in Teilzeit wieder einsteigen, werden hier wahrscheinlich den größten Einfluss haben. Da die Arbeitszeit allerdings vom Hauptverband nicht erhoben wird, kann über das genaue Ausmaß des Einkommensnachteils durch Teilzeit im Wiedereinstiegsmonitoring keine Aussage gemacht werden. Ein weiterer Grund sind die oben dargestellten Benachteiligungen, die Frauen im Zusammenhang mit dem Wiedereinstieg erfahren.

Handlungsbedarf

Neben einem forcierten Ausbau qualitativ hochwertiger Kinderbetreuung brauchen wir einen besseren Schutz vor Benachteiligungen beim Wiedereinstieg, die Bekämpfung der Schlechterstellung von Teilzeitbeschäftigung bei den beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten, und mit Kinderbetreuungspflichten zu vereinbarende Arbeitszeitarrangements für beide Geschlechter. Es braucht auch einen Ausbau der Möglichkeiten der Stundenaufstockung bei Teilzeit bzw. zur Rückkehr in Vollzeit. Teilzeit mit geringem Stundenausmaß von Frauen als alleinige längerfristige Vereinbarkeitsstrategie, wie sie in Österreich dominierend ist, schränkt die beruflichen Chancen von Frauen viel zu sehr ein.

Um die deutlich schlechteren (Wieder-)Einstiegschancen von Frauen, die vor der Geburt des Kindes nicht oder schlecht erwerbsintegriert waren, zu verbessern, ist es notwendig, ganzheitliche arbeitsmarktpolitische Unterstützungsangebote auszubauen. Diese müssen sich von der Beratung über die Berufsorientierung bis zur Qualifizierung und Unterstützung bei der Arbeitssuche erstrecken und damit individuell angepasste Unterstützung ermöglichen.

Bessere Vater-Kind-Beziehung

Die Erweiterung der Erwerbsbeteiligungsmöglichkeiten von Müttern wird auch ganz wesentlich davon abhängen, ob sich zukünftig Väter stärker an der Kinderbetreuung beteiligen werden. Wie die Ergebnisse des Wiedereinstiegsmonitorings zur Einkommensentwicklung von Männern, die Kinderbetreuungsgeld bezogen haben, zeigen, spricht hinsichtlich der Einkommenschancen – die sich nach einer Väterkarenz in der Regel nicht verschlechtern – nichts dagegen. Und hinsichtlich der Vater-Kind-Beziehung ist Väterkarenz – wie in einer ebenfalls erst kürzlich erschienenen OECD-Studie8 nachgewiesen wird – eindeutig positiv. Denn Väter, die Karenz in Anspruch nehmen, beteiligen sich deutlich regelmäßiger an der Betreuung der Kinder als Väter, die keine Karenz in Anspruch nehmen.

1 Kurzbericht zum Wiedereinstiegsmonitoring unter www.arbeiterkammer.at.
2 = mehr als 50 Prozent Beschäftigungstage im Jahr vor der Geburt des Kindes (Frauen) bzw. vor dem Beginn des Kinderbetreuungsgeldbezuges (Männer).
3 = vollversicherte Standardbeschäftigung, d. h. ohne geringfügig Beschäftigte.
4 Von den weiteren 62 Prozent dieser Frauen befindet sich ein kleiner Teil aufgrund eines weiteren Kindes erneut in Karenz.
5 Diese Ergebnisse beziehen sich auf die Jahreskohorte 2006.
6 Ab 2008 gab es neben dem 30+6-Modell die neu eingeführten Kurzmodelle 20+4 und 15+3.
7 Er hat sich von 2006 auf 2010 fast verdoppelt von 9 Prozent (2006) auf 17 Prozent (2010).
8 „Fathers Leave, Fathers’ Involvement and Child Development. Are they related? Evidence from four OECD Countries“, OECD Social, Employment and Migration Working Papers, No. 140, 2013, OECD Publishing.

Mehr Info unter: tinyurl.com/ouwqwmu

Schreiben Sie Ihre Meinung an die Autorin gerlinde.hauer@akwien.at oder die Redaktion aw@oegb.at

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