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Weltkarte Staaten, die ein weibliches Staatsoberhaupt oder/und einen weiblichen Regierungschef haben, sind rotorange eingefärbt; Staaten, die bereits ein weibliches Staatsoberhaupt oder/und einen weiblichen Regierungschef hatten, sind in hellem Orange eingefärbt.

Was will die Frau?

Schwerpunkt

Politisch aktiv sein, Medizin studieren, ein Flugzeug steuern, selbstbestimmt leben - dafür mussten viele Frauen lange kämpfen und viel einstecken.

Die Frau soll zu jedem Beruf berechtigt sein“ – Mit ihrer Rede vor dem „Wiener Frauenerwerbsverein“ forderte Marianne Hainisch, eine der Leitfiguren der österreichischen Frauenbewegung, 1870 das Recht auf höhere Bildung auch für Mädchen.

Was heute harmlos klingt, war damals ein aberwitziges und radikales Ansinnen. Koedukation, das bedeutete Sittenverfall – und ohnehin wäre das Frauenhirn größeren Anstrengungen nicht gewachsen.1

„In brüderlicher (!) Einigkeit“

Während die sozialistische Frauenbewegung vor allem für das Wahlrecht kämpfte und überzeugt war, dass in brüderlicher (!) Einigkeit zuerst die bestehende Gesellschaftsordnung revolutioniert werden müsste, konnten sich die bürgerlichen Frauenrechtlerinnen – in der Regel unbehelligt vom Kampf um das tägliche Brot – voll auf ihre Anliegen (Gleichberechtigung in allen Lebensbereichen) konzentrieren.

1866 hatten Iduna Laube, Ehefrau des späteren Burgtheaterdirektors und die Schriftstellerin Auguste Littrow-Bischoff den „Wiener Frauenerwerbsverein“ gegründet, um vor allem Krieger-Witwen und Waisen Ausbildungsmöglichkeiten zu bieten. Begonnen wurde traditionell mit einer Weißnähschule, 1867 folgte die Handelsschule.

Zölibat für Lehrerinnen

Bis dahin waren Lehrerinnenbildungsanstalten für Frauen die einzige Quelle höherer Bildung im Sinne von Ausbildung. Allerdings verdienten Lehrerinnen nicht nur um ein Drittel weniger als ihre männlichen Kollegen, sie waren auch zum Zölibat verurteilt. Im Falle einer Heirat verloren sie die Stelle samt allen Pensionsansprüchen.

1871 entstand der erste Arbeiterinnen-Bildungsverein, er löste sich jedoch relativ bald wieder auf. 1890 wurde der Verein mit Unterstützung von Victor Adler neu gegründet und bildete die Wurzel der sozialdemokratischen Frauenbewegung. Er verlor allerdings durch die neu gegründeten Gewerkschaftsorganisationen bald wieder an Bedeutung.

Die negativen Auswirkungen der industriellen Revolution und des amerikanischen Bürgerkriegs (1861–1865) waren in fast allen Gesellschaftsschichten spürbar. Die Baumwoll-Lieferungen blieben aus, zahlreiche kleine Betriebe gingen bankrott. Väter konnten ihre Familien nicht mehr ernähren. Eine der Betroffenen war die spätere Frauenrechtlerin und Sozialistin Adelheid Popp (1869–1939), geb. Dworak, deren Vater, ein Weber, nach dem Aufkommen der mechanischen Webstühle seine Familie kaum ernähren konnte. Die Familie mit mehreren Kindern lebte in einem einzigen Raum. Adelheid arbeitete schon als Kind zwölf Stunden täglich in der Fabrik – so lange, bis sie irgendwann, erschöpft und unterernährt, ohnmächtig wurde, fantasierte und in die Psychiatrie kam. Das Personal dort pflegte sie liebevoll und versorgte sie mit Büchern. Später bezeichnete Adelheid Popp den Aufenthalt als die schönste Zeit ihrer Kindheit. Mit nur drei Jahren Volksschule erarbeitete sie sich ihre Bildung weitgehend selbst – auch noch als Redakteurin der Arbeiterinnen-Zeitung im Arbeiter-Bildungsheim, wo die Frau von Victor Adler (die aus einer liberal-jüdischen Unternehmer-Familie stammte) Kurse abhielt.

Reife Mädchen

1892 wurde in Wien mit privaten Mitteln die erste gymnasiale Mädchenschule gegründet. Als die ersten fünf Mädchen zur Reifeprüfung antraten, fielen sie alle durch. Eine von ihnen stürzte sich aus Verzweiflung in die Donau, konnte aber gerettet werden. Danach traten die fünf Mädchen in Prag zur Wiederholungsprüfung an – alle fünf bestanden mit Auszeichnung.

Erst ab 1897 durften Frauen in Österreich-Ungarn als ordentliche Hörerinnen studieren – vorerst nur an der philosophischen Fakultät. Drei Jahre später folgte die medizinische Fakultät. Die juridische Fakultät und die TU ermöglichten Frauen erst 1919 das reguläre Studium. Zwar war Frauen das Studium nirgends ausdrücklich verboten, aber die traditionelle Zuweisung der Geschlechterrollen und die männerbündischen Strukturen der Universitäten ließen schon den Gedanken an ein formales Studium von Frauen unmöglich erscheinen. Als erste deutschsprachige Hochschule hat die Universität Zürich ordentliche Studentinnen zugelassen, ambitionierte Frauen aus vielen Ländern waren dort inskribiert. 1867 promovierte dort die Russin Nadeschda Suslova als erste Frau im deutschen Sprachraum.

Das erste Mal

Erste Professorin in Österreich: 1905 wurde Elise Richter (1865–1943) an der Philosophischen Fakultät habilitiert, 1921 wurde sie außerordentlicher Professor. 1922 gründete sie den „Verband der akademischen Frauen Österreichs“. Obwohl ihr sprachwissenschaftliches Werk international große Beachtung fand, wurde ihr die ordentliche Professur versagt.

Erste Nobelpreisträgerin: Marie Curie (1867–1934) verließ ihre Heimat, das heutige Polen, um 1891 in Paris ein Studium zu beginnen. Sie studierte und arbeitete unter schwierigsten Bedingungen. 1903 erhielt sie gemeinsam mit Henri Becquerel und ihrem Mann Pierre den Nobelpreis für Physik für die Erforschung der Radioaktivität. Als bisher einzige Frau ist sie zweifache Nobelpreisträgerin (1911 Nobelpreis für Chemie). Curie war die erste Frau, die an der Sorbonne lehrte. 24 Jahre danach erhielt ihre Tochter Irène Joliot-Curie den Chemie-Nobelpreis. Die beiden sind damit das bislang einzige Mutter-Tochter-Gespann unter den Preisträgerinnen. Mehrere Jahre nach ihrem ersten Nobelpreis bewarb sich Marie Curie um einen Platz in der französischen Akademie der Wissenschaften und wurde abgelehnt. Die gesamte Presse nahm an diesem Vorgang regen Anteil, konservative und rechte Medien höhnten unter anderem, „man solle nicht versuchen, die Frau dem Manne gleichzumachen.“

Erst 1962, mehr als 50 Jahre später, wurde mit Marguerite Perey eine Frau in die Akademie der Wissenschaften aufgenommen. Erstes weibliches Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften war 1973 die Physikerin Berta Karlik (1904–1990).

Nach der Einführung des Frauen-Wahlrechts 1918 zogen 1919 acht weibliche Abgeordnete ins Parlament ein: Anna Boschek, Emmy Freundlich, Adelheid Popp, Gabriele Proft, Therese Schlesinger, Amalie Seidel und Maria Tusch für die Sozialdemokraten sowie Hildegard Burjan für die Christlichsoziale Partei. Die erste Ministerin war Sozialministerin Grete Rehor (ÖVP) von 1966 bis 1970. Sie richtete eine eigene Frauenabteilung im Ministerium ein.

Erste ÖGB-Vizepräsidentin: 1979 Maria Metzker (1916–2010), damals wurde festgelegt, dass eine der VizepräsidentInnen eine Frau sein muss.

Die erste Österreicherin, die mit Polizeiaufgaben betraut wurde, begann ihren Dienst im Juli 1909 in Wien als „Polizeiassistentin für Jugendfragen“:  Franziska Wessely hatte eine pädagogische Ausbildung und war seit 1904 in der Verwaltung der Polizeidirektion Wien beschäftigt.

Die ersten österreichischen Soldatinnen wurden 1998 angelobt. Leicht haben es Soldatinnen dort vermutlich bis heute nicht, 2010 ergab eine Studie, dass weibliche Soldaten mehr als drei Mal häufiger gemobbt wurden als männliche.

Am großen Sprung

Amelia Earhart (1897–1937) war die erste Frau, die einen Pilotenschein des internationalen Luftsportverbandes FAI (Fédération Aéronautique Internationale) erhielt. Sie überquerte 1932, fünf Jahre nach Charles Lindbergh, als erste Frau den Atlantik im Alleinflug. Die erste Frau, die sich in die Lüfte erhob, war übrigens die Opernsängerin Élisabeth Thible. Im Juni 1784 unternahm sie in Lyon eine 45-Minuten-Ballon-Fahrt vor den Augen des Königs von Schweden. Sie war als Minerva verkleidet, um ihre Angst zu überdecken, sang sie die ganze Zeit lang Arien. Im Cockpit moderner Linienflugzeuge sitzen Frauen etwa bei der Lufthansa seit 1988, allerdings bis zum Jahr 2000 nur als Kopilotinnen.

Und selbst heute noch gibt es männliche Bastionen zu erobern, so durften etwa in Sotschi erstmals auch weibliche Skispringerinnen um Olympia-Medaillen kämpfen. 

1 Thea Leitner (1991): Fürstin, Dame, Armes Weib – Ungewöhnliche Frauen im Wien der Jahrhundertwende, R. Piper, München.

Frauenforschungsprojekt der Österreichischen Nationalbibliothek: tinyurl.com/obqu44p

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