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Symbolfoto zum Bericht: Von schlauen Frauen Noch immer wählen junge Menschen Fachrichtungen, die "typisch" für das jeweilige Geschlecht sind.

Von schlauen Frauen

Schwerpunkt

Frauen sind immer besser ausgebildet. Das spiegelt sich aber nur unzureichend in den Berufschancen wider.

In den letzten drei Jahrzehnten haben Frauen in Sachen Bildung einen enormen Schub gemacht. Das zeigt sich an beiden Enden der Qualifikationsstufen. Auf der einen Seite ist der Anteil an Frauen mit höchstens Pflichtschulabschluss in den letzten Jahren von der Hälfte auf nunmehr ein Fünftel geschrumpft. Auf der anderen Seite haben Frauen bei der höheren Bildung die Männer klar überholt: Der Anteil an Maturantinnen hat sich auf 19 Prozent mehr als verdoppelt, der Anteil an Hochschulabsolventinnen und -absolventen hat sich auf 16 Prozent sogar vervierfacht! Von den Männern können dagegen „nur“ 15 Prozent Matura und weitere 14 Prozent einen Hochschulabschluss vorweisen. Die Lehre bleibt allerdings eine Männerdomäne So verfügten im Jahr 2010 knapp die Hälfte der Männer, aber weniger als ein Drittel der Frauen über einen Lehrabschluss. Das wird sich auch künftig nicht ändern, denn nur ein Drittel aller Lehrstellen wird mit Mädchen besetzt.

Mehr Frauen erwerbstätig

Mit der höheren Bildung ist auch die Erwerbsbeteiligung der Frauen deutlich angestiegen, während die der Männer fast unverändert blieb. Damit ist der Unterschied in der Erwerbstätigenquote deutlich gesunken. Heute sind 88 Prozent der Männer und 67 Prozent der Frauen im Erwerbsalter erwerbstätig. Der Dienstleistungssektor ist schon seit vielen Jahren der wichtigste Beschäftigungsbereich für Frauen. Allerdings gab es innerhalb des Sektors bemerkenswerte Verschiebungen. So war vor dreißig Jahren im Bereich der „einfachen“ Dienstleistungen („Grundversorgung“ wie z. B. Handel, Beherbergungs- und Gaststättenwesen) mit einem Drittel ein ähnlich hoher Anteil von Frauen beschäftigt wie bei wissensbasierten Dienstleistungen (wie öffentliche und private Verwaltung, Forschung oder Management). 2010 zeigt sich ein deutlich anderes Bild: Mehr als jede zweite Frau ist dem Bereich der wissensbasierten Dienstleistungen zuzuordnen, womit diese zum eindeutig wichtigsten Beschäftigungsbereich geworden sind.

Teilzeitquote angestiegen

Die steigende Zahl von erwerbstätigen Frauen ist aber nicht mit einer entsprechenden Ausweitung der Arbeitsstunden einhergegangen – die Zunahme weiblicher Erwerbstätigkeit war mit einem enormen Anstieg der Teilzeitquote von Frauen verbunden: von 16 Prozent (1981) auf 45 Prozent (2012) – das sind über 870.000 teilzeitbeschäftigte Frauen im Jahr 2012. Für Frauen mit Betreuungspflichten ist Teilzeit überhaupt zur deutlich dominierenden Beschäftigungsform angewachsen: Mittlerweile sind sieben von zehn Frauen mit Kindern unter 15 Jahren teilzeitbeschäftigt. Bei den Männern bleibt diese Beschäftigungsform ein Programm für eine kleine Minderheit: Nur neun Prozent haben einen Teilzeitjob. Höhere Bildung heißt nicht, dass Frauen und Männer die gleichen Ausbildungswege beschreiten. Noch immer wählen junge Menschen Fachrichtungen, die „typisch“ für das jeweilige Geschlecht sind. Acht von zehn SchülerInnen in wirtschafts- und sozialberuflichen Schulen sind Mädchen. Umgekehrt ist fast ein gleich hoher Anteil an technisch-gewerblichen Schulen (HTL) männlich.

Geringere Einkommenschancen

Das schlägt sich in deutlich geringeren Einkommenschancen für Frauen nieder. So ist Handel der von Frauen am häufigsten gewählte Lehrberuf. Hier verdienen aber nur drei Prozent der Frauen nach Ende der Ausbildung zumindest 1.800 Euro brutto. Anders die jungen Männer: Bei einem „typischen“ Lehrabschluss in Maschinenbau und Metallverarbeitung geht mehr als die Hälfte beim ersten Job mit einem Lohn von 1.800 Euro oder mehr nach Hause.

Einen schulischen oder beruflichen Abschluss zu haben, ist ein Vorteil am Arbeitsmarkt, trotzdem ist damit nicht zwangsläufig auch eine entsprechende Beschäftigung verbunden: Nur zwei Drittel der Erwerbspersonen sind im Jahr 2010 „bildungsadäquat“ beschäftigt (2,5 von etwa 4 Mio. Erwerbspersonen); 22 Prozent sind unter ihrem Bildungs- bzw. Qualifikationsniveau beschäftigt. Bei MigrantInnen stehen die Chancen auf eine adäquate Tätigkeit noch schlechter: Hier sind sogar 33 Prozent unter ihrem Bildungsniveau beschäftigt.

Oberflächlich betrachtet, trifft das für Frauen und Männer im gleichen Ausmaß zu. Allerdings zeigen sich wesentliche Unterschiede nach Abschluss.

Überqualifiziert

Mit einem mittleren Abschluss finden Frauen häufiger eine Beschäftigung entsprechend ihrem Ausbildungsniveau als Männer. So finden sich Absolventinnen einer Berufsbildenden Mittleren Schule (BMS) nur zu neun Prozent in einer Tätigkeit unter ihrer formalen Qualifikation, während das für 20 Prozent der Absolventen der Fall ist.

Auch Frauen mit Lehrabschluss werden deutlich weniger oft unter ihrem Ausbildungsniveau eingesetzt (17 Prozent, Männer 24 Prozent). Dieser Befund ist jedoch mit Vorsicht zu genießen: Frauen haben nur etwa halb so oft einen Lehrabschluss und sind aufgrund der geschlechterstereotypen Lehrstellenwahl sehr stark in den Dienstleistungsberufen Einzelhandel, Friseurin, Gastronomie zu finden. Eine Tätigkeit, die ein höheres Ausbildungsniveau erfordert, geht bei Frauen daher nicht automatisch mit einem höheren Entgelt einher: So verdienen Frauen, die einen Lehrabschluss haben und in ihrem Beruf arbeiten, wie etwa eine ausgebildete Einzelhandelskauffrau, 9,50 Euro brutto in der Stunde, während ein un- oder angelernter Hilfsarbeiter durchschnittlich einen Stundenlohn von 10,30 Euro erhält (Statistik Austria, Verdienststrukturerhebung 2010).

Für MaturantInnen beiderlei Geschlechts ist es am schwierigsten, eine ihrer Ausbildung entsprechende Arbeitsstelle zu finden. Frauen mit Matura müssen sich mehrheitlich(!) mit einer Beschäftigung begnügen, die nicht ihrem Qualifikationsniveau entspricht: Sowohl für je rund 57 Prozent der AHS- als auch BHS-Absolventinnen ist das der Fall. Männer mit einem AHS-Abschluss sind dahingegen mit 48 Prozent stark, aber deutlich weniger davon betroffen. Jene mit einer BHS-Matura nur zu 30 Prozent – was vermutlich die größere Nachfrage am Arbeitsmarkt nach technischen Ausbildungen widerspiegelt.

Höhere Ausbildung lohnt sich

Jene Arbeitsplätze, die formal eine akademische Ausbildung verlangen, werden zu 85 Prozent mit einer Person mit entsprechendem Abschluss besetzt. Das trifft ebenso für technische und gleichrangige nicht-technische Berufe zu.

Umgekehrt ist ein nicht geringer Anteil von Beschäftigten mit einem hohen Ausbildungsniveau in einer Tätigkeit mit geringeren formalen Anforderungen zu finden, was daran liegt, dass diese Berufe die Spitze der Karrierepyramide darstellen. Auch AkademikerInnen sind für bestimmte Phasen damit konfrontiert, dass sie gerade keinen adäquaten Arbeitsplatz finden und sie daher „nach unten“ ausweichen müssen. Frauen sind von diesem Phänomen besonders betroffen: Mehr als ein Drittel der Akademikerinnen (35 Prozent) hatte 2010 eine solche Arbeitsstelle, bei den Männern ist es ein Viertel (26 Prozent) und damit deutlich weniger.

Dennoch lohnt sich die höhere Ausbildung, denn AbsolventInnen einer Hoch- oder Fachhochschule haben quer durch alle Tätigkeiten die höchsten Einkommen. Frauen profitieren allerdings nicht im gleichen Ausmaß davon, denn der Abstand zu den Männern ist in dieser Stufe besonders hoch (25 Prozent). Dennoch verdienen sie mehr als ihre Geschlechtsgenossinnen in allen anderen Ausbildungsstufen.

Keine Gleichstellung am Arbeitsmarkt

Insgesamt kann gesagt werden, dass hinsichtlich des formalen Bildungsniveaus mittlerweile weitgehend Gleichstellung erreicht wurde. Am Arbeitsmarkt selbst kann von Gleichstellung noch keine Rede sein.

Die Ursachen liegen nicht nur in den Bildungswegen und der Verwertbarkeit der Abschlüsse, sondern auch in traditionellen Rollenbildern und in der ungleichen Verteilung von unbezahlter Haus- und Versorgungsarbeit. Es braucht daher Maßnahmen in unterschiedlichsten Bereichen – aber auch im Bildungssystem.

Mehr Infos unter: tinyurl.com/k72w8hm

Schreiben Sie Ihre Meinung an die Autorinnen sybille.pirklbauer@akwien.at petra.voelkerer@akwien.at oder die Redaktion aw@oegb.at

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