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Netzwerkforscher Harald Katzmair Netzwerkforscher Harald Katzmair vergleicht die männliche Machtlogik mit einer Beutegemeinschaft, die auf dem Prinzip wechselseitigen Nutzens beruht.

Im Reich der Männer

Schwerpunkt

Mit einer informellen Männerquote von fast 90 Prozent in den Aufsichtsräten gerät Österreich im internationalen Ranking immer mehr unter Druck.

Nicht Ausbildung und Wissen bestimmen, ob der Sprung in den Aufsichtsrat gelingt, vielmehr entscheidet das ein umtriebiges Männernetzwerk bei den Salzburger Festspielen, beim Jagdausflug in Irdning oder zwanglosen Abenden in Wiener Zigarrenklubs. Frauen exklusive. Denn Netzwerke können nicht unabhängig von Macht gedacht werden und die ist in der Hand der Männer. Netzwerkforscher Harald Katzmair vergleicht die männliche Machtlogik mit einer Beutegemeinschaft, die auf dem Prinzip wechselseitigen Nutzens beruht. Die Berufung in den Aufsichtsrat ermöglicht großes Ansehen und Prestige, kommt gewissermaßen einem Ritterschlag gleich. Die Übernahme eines oder sogar mehrerer Mandate ist gleichzusetzen mit Machtsteigerung. Je mehr Mandate jemand hält, umso mehr Federn im Häuptlingsschmuck und umso mehr Potenzsymbole kann er vorweisen, resümiert die Aufsichtsratsstudie „Blick in den erlauchten Kreis“. Angesichts dieser Systematik überrascht es nicht, dass ein überschaubarer, elitärer und blitzlichterprobter Männerzirkel die Zügel der österreichischen Unternehmensführung fest in der Hand hält.

Geschlossene Reihen

Der Frauen.Management.Report.2014 der AK Wien zeigt, dass die Repräsentanz von Frauen an der Unternehmensspitze (Geschäftsführung, Aufsichtsrat) in den letzten Jahren konstant auf niedrigem Niveau bleibt und die oberste Führungsebene weitgehend von Männern dominiert wird: In den Aufsichtsräten der umsatzstärksten Top 200 Unternehmen des Landes stieg der Frauenanteil von 2013 auf 2014 um marginale 0,5 Prozentpunkte auf 13,9 Prozent.

Nur zehn der untersuchten Aufsichtsratsgremien erreichen derzeit den angestrebten Zielwert von 40 Prozent und mehr Frauen. In fast einem Drittel der Top 200 Unternehmen sind noch immer sämtliche Spitzenpositionen in Geschäftsführung und Aufsichtsrat mit Männern besetzt. Im Gegensatz dazu sind Frauen nur in 25 Unternehmen sowohl im Aufsichtsrat als auch in der Geschäftsführung vertreten. Die Schlüsselrolle der Aufsichtsratsvorsitzenden ist lediglich in elf Unternehmen weiblich besetzt, diese Frauen stammen zumeist selbst aus einflussreichen Unternehmerdynastien wie Mathilde Umdasch oder Heidegunde Senger-Weiss.

Macht bleibt männlich

Frauenkarrieren finden ihr Ende zumeist in der zweiten oder dritten Führungsebene, dann verwehrt die gläserne Decke den Durchlass an die Spitze: In den Top 200 Unternehmen sind von insgesamt 606 Geschäftsführungen nur 34 weiblich besetzt (5,6 Prozent). Bei den meisten österreichischen Unternehmen ist eine Frau im Vorstand oder gar als Vorsitzende noch immer undenkbar. Top-Managerinnen finden sich eher in Tochterunternehmen internationaler Konzerne wie Tatjana Oppitz bei IBM oder Claudia Oszwald bei H&M.

In den börsennotierten Unternehmen hat sich der Anteil von Frauen in Vorstandspositionen sogar rückläufig entwickelt und ist auf 3,1 Prozent gesunken. So sind (nach dem Ausscheiden von Ulrike Baumgartner-Gabitzer aus der börsennotierten Verbund AG) überhaupt nur mehr sechs statt sieben Frauen in den Vorständen vertreten, im vergangenen Jahr hat es nicht eine Neubesetzung gegeben. Der Frauenanteil in den Aufsichtsräten der börsennotierten Unternehmen hat sich trotz zahlreicher Initiativen der Wirtschaft im Jahr 2014 nur leicht erhöht und liegt mit 12 Prozent unter dem Ergebnis der Top 200 Unternehmen (13,9 Prozent). Freiwillige Berichtspflichten und Empfehlungen des Corporate Governance Kodex für börsennotierte Gesellschaften bleiben wirkungslos.

Öffentliche Unternehmen als Vorbild

Die staatsnahen Unternehmen erzielten zuletzt spürbare Fortschritte, die auf die Quotenregelung aus dem Jahr 2011 zurückzuführen sind (Stufenplan: 25 Prozent bis 2013, 35 Prozent bis 2013): Unter den 285 vom Bund entsandten Aufsichtsratsmitgliedern sind laut jüngsten Zahlen bereits mehr als ein Drittel Frauen vertreten (2011: 26 Prozent). Die Regelung umfasst jene 55 Unternehmen, an denen der Staat mit mehr als 50 Prozent beteiligt ist. Bei 19 dieser Betriebe beträgt der Frauenanteil sogar mehr als 50 Prozent. Als Positivbeispiel ist hier die ASFINAG AG zu nennen: Trotz einer vergleichsweise niedrigen Frauenbeschäftigung von 19,7 Prozent sind im Jänner 2014 die Hälfte der AufsichtsrätInnen Frauen. Mit Claudia Kahr führt eine Vorsitzende den Aufsichtsrat an.

Öffentliche Unternehmen nehmen also eine Vorreiterrolle ein, die Privatwirtschaft und dabei besonders die Kapitalmarktunternehmen hinken bei der geschlechtergerechten Besetzung von Spitzenpositionen deutlich nach. Insgesamt ist es den österreichischen Unternehmen damit ein weiteres Jahr nicht gelungen, die männliche Dominanz im Top-Management aufzubrechen, dazu ist die Dynamik zu gering und das Ausgangsniveau zu niedrig.

EU-Vergleich: Österreich auf Rang 23

Mit dem niedrigen Frauenanteil in Führungspositionen bleibt Österreich deutlich hinter dem EU-Schnitt (17 Prozent) zurück: Die wichtigsten Impulse kommen europaweit aus jenen Staaten (z. B. Frankreich, Niederlande, Italien), die verbindliche Ziele verankert haben. Den höchsten Frauenanteil in den obersten Leitungsorganen der europäischen Wirtschaft halten laut Daten der EU-Kommission Island (49 Prozent) und Norwegen (42 Prozent).

Während Österreich seit Jahren auf der Stelle tritt, ist der Frauenanteil in Frankreich dank Quote von 12 Prozent im Jahr 2011 auf 27 Prozent im Jahr 2013 gestiegen. Diesem Beispiel folgt auch Deutschland, wo das Regierungsabkommen vom November 2013 eine verbindliche Quote von 30 Prozent Aufsichtsrätinnen in börsennotierten und mitbestimmten Unternehmen ab 2016 vorsieht.

Kein Ziel- oder Zeitplan

Zur selben Zeit hat das EU-Parlament einen Richtlinienvorschlag ohne konkrete Zielvorgabe beschlossen: Kernstück der Richtlinie ist es, den Einstellungsprozess nach transparenten und geschlechtsneutralen Kriterien zu gestalten, bei gleicher Qualifikation soll dann das unterrepräsentierte Geschlecht bevorzugt werden. Es bleibt allerdings abzuwarten, ob es auf diesem Weg gelingt, für mehr Frauen in Führungspositionen zu sorgen. Nun liegt es am Rat und damit an den einzelnen Mitgliedstaaten die Richtlinie mit einer verbindlichen Zielvereinbarung zu schärfen. 

Das österreichische Regierungsprogramm 2013-2018 sieht im Gegensatz zum Koalitionsabkommen in Deutschland keinen konkreten Ziel- und Zeitplan zur Steigerung des Frauenanteils in Aufsichtsräten vor. Es bleibt einmal mehr bei der vagen Ankündigung von „Maßnahmen zur Erhöhung des Frauenanteils in Spitzenpositionen“. Freiwillige Maßnahmen und wohlmeinende Absichtserklärungen der Wirtschaft sichern Österreich schon jetzt einen abgeschlagenen Platz im Europa-Ranking.

Die Hüter der gläsernen Decke haben die heimischen Führungsetagen fest im Griff, Frauen bleiben die absolute Ausnahme. Deshalb braucht es dringend ein entsprechendes Gesetz, das die Zielgröße von 40 Prozent Frauen für den Aufsichtsrat vorsieht, empfindliche Sanktionen bei Nichterfüllung inklusive.

Mehr Geschlechtergerechtigkeit im Top-Management trägt dazu bei eine vielversprechende, neue Unternehmenskultur einzuläuten, aus dem Quotenpionierland Norwegen berichtet dazu die Vorstandsvorsitzende Torhild Barlaup: „Bei uns gilt die Grundregel: Kein Meeting mehr nach vier Uhr. Denn die meisten sind dann bereits unterwegs, ihre Kinder abzuholen. Frauen wie Männer.“ Übrigens: Unternehmen ohne Frauen im Aufsichtsrat gelten in Norwegen als konservativ, altmodisch und verschlafen. Aufwachen, Österreich!

Info&News

AK-Zahlen zu Frauen in Führungspositionen:
Frauen.Management.Report.2014
Diesen Report können Sie downloaden unter: tinyurl.com/o4rfkuk

Schreiben Sie Ihre Meinung an die Autorin christina.wieser@akwien.at oder die Redaktion aw@oegb.at

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