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Symbolbild zum Bericht Fast alle österreichischen Haushalte sparen und es gibt insgesamt große Ersparnisse. Gibt es daher auch viele reiche Haushalte? Die Antwort ist Nein.

Wer spart, der hat?

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Seit 2001 ist das Geldvermögen privater Haushalte um 200 Mrd. Euro auf 500 Mrd. Euro gestiegen - die ÖsterreicherInnen sind ein Volk von Sparefrohs.

Reich wird man nicht durch das, was man verdient, sondern durch das, was man nicht ausgibt“, sagte einst Henry Ford. Mit der Diskussion um Vermögenssteuern wirkt der Ausspruch des amerikanischen Großindustriellen aktueller denn je: Von Politikerinnen und Politikern, Wirtschaftstreibenden, Wohlhabenden bis hin zu Internetseiten mit Namen wie „wiewerdeichreich“ wird uns das Bild vermittelt, dass man vor allem durch (Arbeits-)Leistung und Sparwillen reich wird. Hält diese Botschaft der Realität stand? Ein Blick auf die Daten gibt Aufschluss.

In Österreich wird viel gespart

Seit 2001 ist das Geldvermögen privater Haushalte laut den Zahlen der österreichischen Nationalbank von etwas über 300 Milliarden Euro auf knapp 500 Milliarden Euro angestiegen. Treibende Kraft hinter dieser massiven Zunahme war die Ersparnisbildung der Haus-halte, da es in Österreich keine nennenswerte Geldvermögensbildung aus Kreditaufnahmen gibt. Laut Eurostat lagen Österreichs Haushalte 2012 mit einer Bruttosparquote von 12,62 Prozent auch klar über dem EU-Schnitt von 11,26 Prozent. Es zeigt sich also: In Österreich wird viel gespart.

Geändert hat sich allerdings die Art des Sparens. Zwar machten Bargeld und Einlagen (Sichteinlagen, Sparkonten, Bausparverträge) 2013 mit 47 Prozent weiterhin den Großteil des Geldvermögens aus, 1980 lag dieser Anteil jedoch noch bei 69 Prozent. An Bedeutung gewonnen haben seit damals vor allem versicherungstechnische Rückstellungen wie Lebens- und Pensionsversicherungen, deren Anteil von 12 auf 20 Prozent gestiegen ist, und Anteilspapiere (Aktien, Investmentzertifikate, Beteiligungen an GmbHs etc.) mit einem Anstieg von einem auf 12 Prozent.

Gespart wird dabei in fast allen Haushalten. Die Erhebung zur finanziellen Situation und zum Konsum von Haushalten (HFCS)1 aus dem Jahr 2010 zeigte, dass 87,1 Prozent aller Haushalte Sparkonten und immerhin noch 54,7 Prozent Bausparverträge hatten. Anteilspapiere und Fonds, die knapp 20 Prozent des Geldvermögens ausmachen, hielten jedoch nur zehn Prozent aller österreichischen Haushalte. Während klassische Sparkonten von Haushalten aller Vermögensschichten gehalten werden, kommen riskantere (aber auch ertragreichere) Sparformen wie Anleihen und Aktien in vermögensarmen Haushalten so gut wie gar nicht vor, bei vermögensreichen Haushalten dafür sehr häufig. Wer mehr Geldvermögen hat, kann viel diversifizierter anlegen, das Risiko breiter streuen und in den meisten Fällen auch höhere Renditen erzielen.

2,7 Sparkonten/ÖsterreicherIn

Doch auch innerhalb der Sparkonten gibt es große Unterschiede in der Verteilung. Insgesamt gab es 2011 rund 23 Millionen Sparkonten in Österreich oder etwa 2,7 Konten pro Person. Von den gesamt rund 157 Milliarden Euro an Spareinlagen lagen mehr als 80 Prozent auf Konten mit bis zu 10.000 Euro. Auf nur 0,03 Prozent aller Konten lagen Beträge über 500.000 Euro. Dennoch summierten sich darauf Spareinlagen von über acht Milliarden Euro und damit von über fünf Prozent des Gesamtvolumens. Das Sparbuch ist daher nicht nur die Sparform des „kleinen Mannes“.

Reich durch Sparen?

Fast alle österreichischen Haushalte sparen und es gibt insgesamt große Ersparnisse. Gibt es daher auch viele reiche Haushalte? Die Antwort ist Nein. Die Erhebung zur finanziellen Situation und zum Konsum von Haushalten (HFCS) hat gezeigt, dass 2010 die Hälfte aller österreichischen Haushalte ein Nettovermögen (also Sachvermögen plus Geldvermögen abzüglich Verschuldung) von maximal 77.000 Euro hatte. 80 Prozent verfügten über maximal 311.000 Euro.

Erst in den Top fünf Prozent der Haushalte fanden sich Euromillionäre. Diese konnten dafür aber etwa 45 Prozent des Gesamtvermögens auf sich vereinen, während die vermögensarme Hälfte nur vier Prozent des Vermögens besaß. Beim Geldvermögen war diese ungleiche Verteilung noch stärker.

Auch wenn Reichtum nicht eindeutig definiert werden kann, da es sich vor allem um eine relationale Größe handelt, und die Erhebung auch viele Haushalte umfasst, die erst am Anfang oder in der Mitte ihres Ersparnisaufbaus stehen, zeigen diese Zahlen, dass es in Österreich nur ein kleiner Teil der Bevölkerung zu größerem Reichtum bringt. Und Sparen allein war wohl für sehr wenige der Weg zum Reichtum. Denn ein wichtiger Teil des Vermögens österreichischer Haushalte – etwa ein Drittel – stammt aus Erbschaften, die bei den sehr vermögenden Haushalten deutlich häufiger und mit höheren Summen anfallen als beim Rest der Bevölkerung.

Woran liegt’s?

Sparen allein reicht für den Aufbau von Reichtum meist nicht aus, da viele Haushalte nicht genug Einkommen erzielen, um größere Beträge anzusparen. Laut der Konsumerhebung 2009/10 der Statistik Austria hatten österreichische Haushalte 2010 ein durchschnittliches monatliches Äquivalenznettoeinkommen2 von 2.020 Euro, dem monatliche Äquivalenzausgaben von 1.880 Euro gegenüberstanden. Im Durchschnitt sparten die Haushalte im Monat also 140 Euro oder sieben Prozent des Nettoeinkommens.

Die Schwierigkeit, durch Arbeit reich zu werden, zeigt auch ein kleines Gedankenspiel der Arbeiterkammer Wien. In ihrer Broschüre „Die Verteilung von Vermögen in Österreich“ stellt sie die Frage, wie viel Vermögen durch unselbstständige Arbeit über ein Erwerbsleben erspart werden kann. Vier beispielhafte Lebensläufe werden nachgezeichnet und ihre Ersparnisse am Ende von 45 Jahren Vollzeitarbeit verglichen. Millionäre werden alle vier nicht. Selbst jene fiktive Person, die durchgängig ein hohes Einkommen erzielt, davon monatlich 15 Prozent zur Seite gelegt und das Ersparnis mit fünf Prozent jährlich verzinst hat, hatte zum Pensionsantritt 2012 gerade einmal 270.000 Euro auf der Kante.

Neben dem Einkommen spielt die soziale Herkunft eine wichtige Rolle. Wer finanzielle Zuwendungen wie Schenkungen und Erbschaften erhält, kann leichter ein Vermögen aufbauen. Auch der Zugang zu guter Bildung und Ausbildung ist in Österreich einfacher für Kinder wohlhabender Familien. Außerdem haben Menschen mit höheren Bildungsabschlüssen durchschnittlich deutlich höhere Vermögen als der Rest der Bevölkerung.

Wer spart, der hat?

Die Daten zeigen, dass es in Österreich nur ein kleiner Teil der Bevölkerung zu größerem Reichtum bringt. Sparen allein reicht dafür meist nicht aus. Das Einkommen vieler Haushalte, kombiniert mit hohen Lebenskosten, ist zu niedrig, um große Schritte zu tun. Einfacher haben es jene, die in reiche Familien geboren werden, dank Schenkungen, Erbschaften und einem besseren Zugang zu Bildung und Arbeitsmarkt. Hinzu kommt, dass Arbeit in Österreich sehr hoch besteuert wird, Vermögen hingegen kaum. Das Versprechen, durch Leistung und Sparen reich werden zu können, wirkt daher hohl. Viel eher dient es dazu, die ungleiche Verteilung von Vermögen zu legitimieren und die Verantwortung für den persönlichen Reichtum zu individualisieren. Wer nicht reich wird, soll die Schuld bei sich selbst suchen und nicht bei den gesellschaftlichen Gegebenheiten. Im öffentlichen Diskurs ist daher mehr Ehrlichkeit nötig – und eine stärkere Umverteilung des gesellschaftlichen Wohlstands.

1 Die Erhebung zur finanziellen Situation und zum Konsum von Haushalten (HFCS – Household Finance and Consumption Survey) wurde 2010 unter Anleitung der EZB in allen Euro-Staaten von der jeweiligen Zentralbank durchgeführt. Sie gibt erstmals Aufschluss über die Vermögenssituation österreichischer Haushalte.
2 Äquivalisierung ist eine Methode, um Haushalte unterschiedlicher Größe und Zusammensetzung vergleichbar zu machen.


AK Wien: Die Verteilung von Vermögen in Österreich. Download unter: tinyurl.com/pwg2mzf

Statistik Austria: Konsumerhebung 2009/10: tinyurl.com/nhjggx7

Schreiben Sie Ihre Meinung an den Autor manuelmelzer@yahoo.com oder die Redaktion aw@oegb.at 

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