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Symbolbild zum Bericht: Sparen bei der Bildung Auf drei Millionen Euro muss das Bundesinstitut für Bildungsforschung (bifie) verzichten und weitere sieben Millionen Euro sollen bei Schulbauten eingespart werden.

Sparen bei der Bildung

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Die Bildungsministerin muss heuer 87 Millionen Euro einsparen. Für einen schmerzfreien Prozess lässt das Budget nur wenig Spielraum.

Eines vorweg: Die Sparpläne bei der Bildung sind kein Ruhmesblatt für die Regierung. Und dass gerade eine Partei, die im Wahlkampf groß Bildung plakatierte, nun den Sparstift zückt, ist politisch schmerzhaft. Überraschend kam dies aber keineswegs. „Dass bei der Bildung gespart werden muss, rufen seit Jahren die Spatzen von den Dächern“, weiß Stefan Hopmann vom Institut für Bildungswissenschaft. Nun ist es so weit. Obwohl das Bildungsbudget heuer um 185 Millionen Euro höher ist als im Finanzrahmen 2013 vorgesehen, muss die Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) heuer 87 Millionen Euro und nächstes Jahr 90 Millionen Euro bei den Ermessensausgaben einsparen.

Wo wird gespart?

Beim Erarbeiten der Sparpläne war die Ministerin äußerst ungeschickt. Ursprünglich wollte sie durch größere Schülergruppen in einzelnen Fächern an den AHS-Oberstufen und Berufsbildenden mittleren und höheren Schulen, durch weniger Zweitlehrer (Team-teaching) und mehr Kostenwahrheit bei der Abrechnung der Landeslehrer (LandeslehrerInnen-Controlling) sparen. Diese Pläne waren unausgegoren und wirkten eher zufällig ausgewählt als gut durchdacht. Nachdem es sich die Ministerin mit Lehrerinnen und Lehrern, Schülerinnen und Schülern, Eltern, Ländern und Gewerkschaft gleichermaßen zu verscherzen drohte, hat Heinisch-Hosek die Sparpläne am Karfreitag zurückgezogen. Kurz darauf hat die Bildungsministerin neue Pläne vorgestellt: 50 Millionen sollen aus dem Topf der Ganztagsschulen finanziert werden, und zwar durch  jene Mittel, die die Länder in den Jahren 2011 und 2012 nicht für den Ausbau der Ganztagsschulen beansprucht haben. Dieses Geld ist quasi übrig und tut den Länderchefs nicht weh. 2018 sollen diese 50 Millionen wieder in den Topf eingezahlt werden. „Wie vereinbart fließen bis zum Jahr 2018 400 Millionen Euro in den Ausbau der Ganztagsschule. Die Bundesregierung investiert keinen einzigen Cent weniger“, stellt die Ministerin klar. Weitere 18 Millionen Euro will Heinisch-Hosek in der Verwaltung einsparen – weniger Eigenwerbung, weniger Förderungen und weniger Mittel für einzelne Projekte. Auf drei Millionen Euro muss das Bundesinstitut für Bildungsforschung (bifie) verzichten und weitere sieben Millionen Euro sollen bei Schulbauten eingespart werden. Für die noch fehlenden Millionen, um auf das Sparziel von 87 Millionen Euro zu kommen, werden derzeit Vorschläge erarbeitet.

Kritik an neuen Sparplänen

„Durch die neuen Sparpläne konnte die Bildungsministerin gerade noch den Kopf aus der Schlinge ziehen. Von einer langfristigen Lösung sind diese Maßnahmen aber weit entfernt“, kommentiert Bildungsforscher Stefan Hopmann die Vorschläge des Bildungsministeriums. Auch Arbeiterkammer und ÖGB sind wenig zufrieden, dass nun die Hand auf den Topf der Ganztagsschulen gelegt wird. Besser wäre es gewesen, so AK-Chef Rudi Kaske, das übrig gebliebene Geld auf jene Bundesländer zu verteilen, die die Mittel für den Ausbau der Ganztagsschulen tatsächlich verwenden. Auch beim LandeslehrerInnen-Controlling und bei den Kleinstschulen hätte sinnvoll gespart werden können.

Die neue Verordnung zum LandeslehrerInnen-Controlling hätte vorgesehen, dass die Länder künftig für LehrerInnen, die sie über den mit dem Bund vereinbarten Stellenplan hinaus anstellen, mehr Geld als bisher an das Bildungsministerium zurückzahlen müssen. Derzeit streckt der Bund die Gehälter für sogenannte „Überhang-LehrerInnen“ vor, wenn die Länder den mit dem Bund vereinbarten Stellenplan überziehen. Die Länder zahlen jedoch nicht die tatsächlichen Gehälter der LehrerInnen zurück, sondern nur jene der JunglehrerInnen – auch wenn älteres und teureres Personal eingestellt wird. Sich von dieser politischen Altlast zu lösen, hätte dem Bund jährlich 30 Millionen Euro von den Ländern eingebracht und mehr Kostenwahrheit bedeutet. Doch wie schon ihre Vorgängerin Claudia Schmied ist auch Heinisch-Hosek am Widerstand der Länderchefs gescheitert.

„Initiative Erwachsenenbildung“

Was es heißt, in der Verwaltung, bei Projekten und Förderungen zu sparen, steht zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht fest. Es könnte aber durchaus bedeuten, dass auch Beihilfen wie Studienbeihilfe oder Schülerfreifahrten gekürzt werden oder in der Erwachsenenbildung gespart wird. Damit könnte auch die Finanzierung der „Initiative Erwachsenenbildung“ wackeln.

Dieses Förderprogramm von Bund und Ländern wurde 2012 gestartet und ermöglicht das kostenlose Nachholen von Basisbildung und Hauptschulabschlüssen. Seither haben mehr als 12.000 Personen an kostenlosen Maßnahmen der Basisbildung teilgenommen, rund 4.000 Personen holen dank dieser Initiative den Pflichtschulabschluss nach. Ob die bis Ende 2014 befristete Initiative nun unbefristet verlängert wird, wie es Arbeiterkammer und ÖGB fordern, wird sich erst entscheiden.

Laut Bildungsforscher Hopmann wären Einsparungen in diesem Bereich jedenfalls fatal: „Österreichs Bildungssystem hat auch viele Stärken, die keineswegs geschwächt werden dürfen. Bei den Absolventinnen und Absolventen der Sekundarausbildung liegt Österreich im Spitzenfeld. Auch die Erwachsenenbildung ist eine Stärke des österreichischen Bildungssystems. Das, was gut funktioniert, darf nicht gekürzt werden.“

Strukturreformen notwendig

Gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) gibt Österreich zwar nur 3,6 Prozent für Bildung aus und liegt somit unter dem OECD-Durchschnitt von knapp vier Prozent. „Betrachtet man jedoch die Kosten pro SchülerIn, sind wir laut UNESCO das drittteuerste System der Welt“, so der Bildungsforscher Hopmann. Wir leisten uns kleinere Klassen, Kleinschulen mit weniger als 15 SchülerInnen und verhältnismäßig hohe Gehälter für LehrerInnen. Das Geld komme aber bei den Schülerinnen und Schülern nicht an. Warum?

„Österreich hat ein massives Strukturproblem“, so Hopmann. „Von den acht Milliarden Euro Bildungsbudget sind über 92 Prozent in Fixausgaben, vor allem Personalkosten und Schulerhaltung, gebunden. Und da Gehälter und Mieten jährlich steigen, ist der politische Spielraum für Sparmaßnahmen äußerst gering.“ Die Herausforderung liege nun darin, von diesen extrem hohen Fixkosten herunterzukommen. Andere Länder hätten dies mittels Strukturreformen bereits in den 1980er- und 1990er-Jahren geschafft, wo Bildungsreformen noch relativ schmerzfrei möglich waren. Österreich ging es damals zu gut, um aus dem Dornröschenschlaf aufzuwachen. Das rächt sich jetzt.

Laut Hopmann ist das Bildungssystem so nicht länger finanzierbar. Ein Großteil der LehrerInnen werde für Tätigkeiten eingesetzt, die nichts mit ihrer Kernkompetenz zu tun haben. Das sei weder sinnvoll noch finanzierbar. Dass auch im Bildungsbereich gespart werden muss, war also längst absehbar – unabhängig davon, wer gerade für das Bildungsministerium zuständig ist.

Anfang Juni trifft Bildungsministerin Heinisch-Hosek die Bildungslandesräte sowie einige Landeshauptleute, um Themen wie Kostenwahrheit, Doppelgleisigkeiten und Möglichkeiten für eine effiziente Verwaltung gemeinsam zu diskutieren. Diese Gipfel, die nun regelmäßig stattfinden sollen, sind laut Hopmann ein guter Schritt, greifen aber viel zu kurz. Grundlegende Strukturreformen seien bisher nicht erkennbar. Anstatt mit einem Taschentuch einen Elefanten abdecken zu wollen, sei es nun höchste Zeit für strukturelle Reformen.

Tacheles reden

Hopmann plädiert dafür, dass sich alle Beteiligten an einen Tisch setzen und Tacheles reden. Wie sind die Kompetenzen derzeit zwischen Schulen, Ländern und Bund verteilt und macht diese Aufteilung Sinn? Welchen Personalmix benötigen die Schulen? Wie viel Schulautonomie ist notwendig? Nur wenn die Beteiligten auch den Mut haben, sich den unangenehmen Fragen zu stellen und sich an den Elefanten der Fixkosten heranwagen, kann das Bildungsbudget langfristig und relativ schmerzfrei reformiert werden. Auch das pfeifen die Spatzen schon lange und laut von den Dächern.

Institut für Bildungswissenschaft: bildungswissenschaft.univie.ac.at

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