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Symbolbild zum Bericht Als in Europa zum ersten Mal etwas gedruckt wurde, kannte man diese Technik im Reich der Mitte schon längst. Abklatschen nennt man die erste Drucktechnik der Chinesen. Von dieser Methode stammt im Übrigen auch die Redewendung "billiger Abklatsch" ...
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ErfindungsReich

Schwerpunkt

Für Seide, Reis und Porzellan ist China berühmt. Weniger bekannt ist, dass dort so manch andere Erfindung gemacht wurde, die den Lauf der Geschichte verändert hat.

Lesen Sie gerade die „Arbeit&Wirtschaft“ in der gedruckten Ausgabe? Genehmigen Sie sich dazu eventuell auch einen leichten Tee? Aus einer Porzellantasse? Oder ist es doch ein Glaserl Wein? Wenn zumindest eine der Annahmen stimmt, dann genießen Sie eine der zahlreichen Erfindungen, die aus China stammen. China ist nicht nur das Land der Mitte oder das Land der aufgehenden Sonne. Es ist vor allem das Land der Erfindungen: Die vier großen Inventionen Papier, Druckkunst, Schießpulver und Magnetkompass revolutionierten das Leben der Menschen nachhaltig. Ohne diese Erfindungen wäre unser Alltag, so wie wir ihn kennen, höchstwahrscheinlich undenkbar.

Papier: Von China nach Ägypten

Gemeinhin wird die Erfindung des Papiers den alten Ägyptern zugeschrieben, die aus dem Mark der Papyrusstaude Schriftträger herstellten. Tatsächlich gilt jedoch 105 n. Chr. als das Jahr, in dem das Papier erfunden wurde. Tsai Lun, Beamter der Behörde für Fertigung von Instrumenten und Waffen am chinesischen Kaiserhof, dokumentierte erstmals die Papierherstellung, wie wir sie heute kennen. Dabei wurden verschiedene Pflanzenfasern wie Bambus, Maulbeerbast, Hanf und alte Lumpen mit Wasser vermischt und zu einer breiartigen Masse zerstoßen. Noch einmal mit Wasser verdünnt, wurde danach ein Bogen aus diesem Faserbrei geschöpft und getrocknet. Es dauerte mehr als 1.000 Jahre, bis das Wissen über die Papierherstellung von China über Mittelasien nach Ägypten und schließlich nach Italien gelangte. Erst 1390 wurde in Nürnberg die erste deutsche Papiermühle in Betrieb genommen. Die Herstellung des Papiers in den heutigen Papierfabriken entspricht nach wie vor dem Vorgang, der der ursprünglichen Erfindung zugrunde lag. Zwischen der handwerklichen und der maschinellen Produktion gibt es nur noch einen bedeutenden Unterschied: Während im manuellen Verfahren einzelne Bögen geschöpft wurden, wird in der maschinellen Produktion eine Papierbahn erzeugt.

Nach der Erfindung des Papiers erscheint es fast schon logisch, dass auch das Papiergeld von den Chinesen stammt. Dieses entstand im 11. Jahrhundert – allerdings nicht als Ergänzung zum Münzgeld, sondern als Ersatz bei einem Mangel an Münzen. Das Konzept, Geldnoten aus Papier zu kreieren, die mit einer Geldreserve als Garantie ausgegeben wurden, konnte sich in Europa jedoch jahrhundertelang nicht durchsetzen. Das erste europäische Papiergeld wurde erst im Jahr 1661 in Schweden in Umlauf gebracht.

Vom Feuerwerkskörper zur Waffe

Kaum eine andere Erfindung hat die Kriegsführung mehr verändert als das Schießpulver. Das sogenannte Schwarzpulver, eine Mischung aus Salpeter, Schwefel und Holzkohle, wird gemeinhin dem Freiburger Mönch Berthold Schwarz um 1300 zugeschrieben. Tatsächlich aber entdeckten die Chinesen rund 250 n. Chr. das Schwarzpulver als Sprengstoff, indem sie die Grundzutaten von Schwarzpulver vermischten, erhitzten und dadurch Explosionen verursachen konnten. Später füllten sie eine Pulvermischung in Bambusrohre und entzündeten sie. Anfangs verwendeten die Chinesen die Bambuskracher ausschließlich für rituelle Zwecke, etwa um böse Geister auszutreiben – und für ihre Feuerwerke. Erst viel später wurde das Schießpulver für militärische Zwecke eingesetzt. In Europa wurde das Schwarzpulver Anfang des 14. Jahrhunderts entwickelt und veränderte somit die Kriegsführung.

Den größten Einfluss auf die Seeschifffahrt hatte die Erfindung des Kompasses. Jahrhundertelang orientierten sich Seefahrer an Sonne und Sternen. Das Problem dabei: Bei Schlechtwetter verlor man die Orientierung. Die Chinesen waren die ersten, die die Bedeutung des Magneten entdeckten. Bereits im 4. Jahrhundert v. Chr. erkannten sie, wie sie den Magneten nutzen konnten, um Himmelsrichtungen zu deuten. Danach entwickelten sie den Magnetkompass, dessen wörtliche Übersetzung „Si’nan“ so viel bedeutet wie „die Südrichtung anzeigen“. Erst im 13. Jahrhundert fand der Magnetkompass seinen Weg nach Europa und schrieb in den Händen von Seefahrern und Entdeckern wie Marco Polo, Kolumbus und Cook (Kolonial-)Geschichte.

Johannes Gutenberg gilt zwar als Erfinder der Druckkunst, als Vorform gelten jedoch sogenannte chinesische Abklatsche von Steininschriften. Nach der Erfindung des Papiers stellte sich die Frage nach der Reproduzierbarkeit der Schriftzeichen. Seit dem Jahr 175 wurden in China Hauptwerke der klassischen, chinesischen Literatur in Steinplatten geschnitten. Befeuchtetes Papier wurde so auf die Steine gepresst, dass sich die eingeschnittenen Schriftzeichen beim Bürsten des Papiers mit Tusche in weißer Farbe vom geschwärzten Papier abhoben. Diese Methode des „Abklatschens“ ermöglichte eine Verbreitung von Texten und wurde im 7. Jahrhundert vom Holztafeldruck abgelöst. Wie bei einem Stempel wurde das Zeichen seitenverkehrt in einen Holzstock geschnitten, indem das umgebende Holz entfernt wurde. Diese Zeichen wurden eingefärbt und auf Papier abgerieben. Nicht nur Bücher, sondern ganze Enzyklopädien und Literatursammlungen wurden mit dieser Drucktechnik hergestellt, ebenso Spielkarten, Kalender und nicht zuletzt das Papiergeld. Dieses Verfahren wurde teilweise bis zum Ende des 19. Jahrhunderts angewandt. Um 1040 ordnete der Chinese Bi Sheng einzeln hergestellte und bewegliche Keramikdruckstempel auf einer Eisenform zu ganzen Texten. Diese wurden mit Wachs und Harz fixiert und auf Papier gedruckt. 300 Jahre später wurden die ersten Lettern aus Holz hergestellt, später aus Messing, Blei oder Kupfer. Bewegliche Lettern konnten sich in China jedoch nicht durchsetzen, und zwar aus einem einfachen Grund: Die enorme Zahl chinesischer Schriftzeichen verhinderte eine einfache und schnelle Zusammenstellung von Druckplatten aus beweglichen Lettern. Mit dem lateinischen Alphabet hatte es Johannes Gutenberg um einiges einfacher.

Nicht umsonst heißt Porzellan auf Englisch „China“. Denn dort wurde im Jahr 630 eine der wichtigsten chinesischen Errungenschaften für die Kunst und Kultur erfunden. Das feine Essgeschirr gilt als Vorbild der europäischen Porzellanerzeugung. Da sich das Porzellan einer hohen Beliebtheit erfreute und sehr teuer war, wurden die Zusammensetzung und die Herstellungsverfahren lange Zeit geheim gehalten. Niemand geringerer als Marco Polo brachte um 1300 das Porzellan nach Europa.

Kulinarische Premieren

Chinas berühmteste kulinarische Aushängeschilder sind Reis und Tee. Aber dass auch Nudeln, Alkohol und Salz aus dem Land der Mitte stammen, sorgt oft für Erstaunen. Immerhin werden Nudeln heute eher mit Italien assoziiert. In Wirklichkeit jedoch währt ein ewiger Konkurrenzkampf zwischen den Italienern, Arabern und Chinesen, wer nun wirklich die Nudeln erfunden hat. Im Jahr 2005 hat ein Forscherteam der Chinese Academy of Sciences in der Nähe des Gelben Flusses rund 4.000 Jahre alte Nudel-Relikte gefunden. Sie sind dünn, 50 Zentimeter lang und bestanden – im Unterschied zu heutigen italienischen und chinesischen Nudeln, die aus Weizenmehl hergestellt werden – aus Hirse. Auch beim Alkohol kamen die Chinesen den Europäern zuvor. Bereits um 2000 v. Chr. wurde Bier mit einem Alkoholgehalt von rund vier Prozent konsumiert. Die Chinesen entdeckten, dass der Alkoholgehalt während der Fermentation durch verstärkten Zusatz von gekochtem Getreide sogar gesteigert werden konnte.

Kopiermacht?

Heute wird China oftmals als „Kopiermacht“ kritisiert. Auf dem Gebiet der Wissenschaft war und ist China der Welt schon seit Jahrtausenden in vielen Bereichen um einiges voraus. Dass die Chinesen sich nach wie vor erfinderisch zeigen, darauf deutet die stetig wachsende Zahl der Patentanmeldungen hin. So erreichte China 2012 Platz drei, hinter Japan und den USA. Aber wer weiß, wie fortschrittlich die Amerikaner heute wären, hätten die Chinesen erst Jahrhunderte später den Magnetkompass entdeckt? Und wer weiß, ob Sie heute die druckfrische Ausgabe der „Arbeit&Wirtschaft“ in der Hand halten könnten?

Web-Tipp:
Mehr Infos unter: german.china.org.cn

Schreiben Sie Ihre Meinung an die Autorin maja.nizamov@gmx.net oder die Redaktion aw@oegb.at

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