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Symbolbild zum Bericht Soziale Gleichheit erhöht das Gefühl der Verantwortlichkeit zwischen den Menschen, was tendenziell auch zu mehr Umweltbewusstsein führt.
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Umweltschädling Ungleichheit

Schwerpunkt

Gleichheit ist besser für die Umwelt. Ungleichheit wiederum kann zu Verzicht zwingen, der zwar ressourcenschonender ist, aber auch ins soziale Aus führen kann.

Bewusst konsumieren, Müll vermeiden, Ressourcen schonen – all das fällt unter den Begriff Nachhaltigkeit. Eine wachsende Zahl an KonsumentInnen will diese Ziele in ihren Lebensalltag integrieren und achtet beim Einkauf auf regionale Produkte oder kauft lieber auf lokalen Märkten statt in großen Lebensmittelketten.
Viele lassen sich allerdings von vermeintlich höheren Ausgaben abschrecken: Bio da, Fairtrade dort – auf den ersten Blick scheint nachhaltiger Konsum teuer und damit unerschwinglich. „Es stimmt schon, dass Bio- oder Fairtrade-Produkte in den meisten Fällen mehr kosten“, sagt Ludger Heidbrink, deutscher Philosoph mit Forschungsschwerpunkt Klimawandel und Nachhaltigkeit. Er gibt jedoch zu bedenken: „Durch bewussten Konsum lässt sich auch wieder Geld einsparen – etwa indem ich mir immer wieder die Frage stelle: ‚Brauche ich das wirklich?‘“

Nachhaltigkeit versus Konsum

Heidbrink bringt es auf den Punkt: Nachhaltiger Konsum muss nicht zwangsläufig teuer sein. Hochwertige Produkte lassen sich durch den Verzicht auf andere ausgleichen. Wer sich etwa dafür entscheidet, weniger Fleisch zu essen, kann sich dafür das eine oder andere Stück in Bio-Qualität leisten. Auch durch den Kauf von hochwertigen, langlebigen Produkten lässt sich langfristig Geld einsparen. Und die sogenannte Sharing Economy, bei der das Tauschen und Teilen von Produkten und Dienstleistungen – Beispiel Carsharing – im Vordergrund steht, hilft gerade einkommensschwächeren Familien. Verzichten zu müssen kann in unserer konsumorientierten Gesellschaft allerdings zum Nachteil werden. Laut einer Studie der Wiener Arbeiterkammer müssen sozial benachteiligte Gruppen oft aus finanziellen Gründen ihren Konsum reduzieren. Das zieht zwar einen geringeren Ressourcenverbrauch nach sich, kann aber zu sozialem Ausschluss führen.

Belastende Alltagsfahrten

Sind also gut verdienende Bevölkerungsgruppen, die sich nachhaltigen Konsum leicht leisten können, besser für die Umwelt? Wie eine Studie des VCÖ aus dem Jahr 2009 zeigt, stimmt diese Vermutung nicht. Ein österreichischer Haushalt des obersten Einkommensviertels erzeugt demnach fast viereinhalbmal so viele CO2-Emissionen wie ein Haushalt des untersten Einkommensviertels, und zwar durch Alltagsfahrten mit Auto und öffentlichem Verkehr (Flugreisen sind in dieser Rechnung nicht berücksichtigt).
Die britischen SozialforscherInnen Richard Wilkinson und Kate Pickett kommen in ihrem Buch „Gleichheit ist Glück“ zu dem Schluss, dass Ungleichheit in ökologischer Hinsicht problematische Auswirkungen hat. Wilkinson und Pickett zufolge erhöht soziale Gleichheit das Gefühl der Verantwortlichkeit zwischen den Menschen, was tendenziell auch zu mehr Umweltbewusstsein führt. Ihre Forschungen legen nahe, dass soziale Ungleichheit die Beziehung des Menschen nicht nur zur Gesellschaft, sondern zur Welt im Allgemeinen verschlechtert. So schneiden Länder mit großer Ungleichheit etwa beim Abfallrecycling schlechter ab als Länder mit gerechterer Aufteilung. Staaten mit größerer Einkommensgerechtigkeit geben einen höheren Anteil ihres Bruttoinlandsprodukts für Entwicklungshilfe aus. Auch im Rahmen des Forschungsprojekts „Feasible Futures“ des Österreichischen Klima- und Energiefonds wurden Belege einer negativen Umweltwirkung von sozialer Ungleichheit erbracht.

Gleichheit schont Umwelt

Ein Beispiel ist der Anteil von Radfahrten gemessen in Kilometern pro Person und Jahr im Vergleich zu anderen Fahrten: je größer die Einkommensgerechtigkeit, desto höher ist die Bedeutung des Radfahrens, und zwar unabhängig vom Bruttoinlandsprodukt pro Kopf in einem Land. „Umgekehrt hängt auch die Kfz-Dichte stark von der Einkommensverteilung ab: je größer die Gleichheit, desto weniger Kfz“, heißt es in der Studie. Global gesehen herrscht ein großes Ungleichgewicht bei Umweltthemen, etwa beim weltweit wachsenden Fleischkonsum. Während Menschen in China und Indien dem westlichen Vorbild folgend immer mehr Fleisch verzehren, werden in Brasilien große Teile des Regenwaldes für den Sojaanbau gerodet – allein das kleine Österreich importiert jährlich rund 550.000 Tonnen Soja für Tierfutter. 70 Prozent der weltweit gerodeten Regenwaldflächen werden heute für Weiden und die Produktion von Nutztierfutter eingesetzt. Die Folgen für Entwicklungsländer sind schwerwiegend: Je mehr Getreide Bauern für den Futtermittelexport anbauen, desto weniger Produktionsflächen bleiben ihnen für die eigene Nahrungserzeugung.

Ungleiche Klimaerwärmung

Auch der Klimawandel zeigt die wachsende Ungerechtigkeit zwischen reichen und armen Ländern: Die Folgen der Klimaerwärmung, die in erster Linie auf das Konto von Industrieländern wie den USA oder China gehen, haben vor allem Menschen in Entwicklungsländern zu tragen. Diese Länder haben weniger Möglichkeiten als reiche Nationen, durch Schutzmaßnahmen die Folgen klimatischer Veränderungen zu bewältigen. Die afrikanischen Länder trifft der Klimawandel besonders hart: Dürreperioden nehmen zu und die Wüsten weiten sich auf bisher fruchtbare Gebiete aus. Trinkwasser wird immer knapper und die Ernten der Landwirte gehen zurück. In küstennahen Gebieten der Erde tritt das Gegenteil ein: Rund die Hälfte der Bevölkerung Asiens lebt in Küstennähe und ist daher vom Anstieg des Meeresspiegels bedroht.
Der Weltklimarat IPCC warnt in seinem neuen Sachstandsbericht vor einem Anstieg der Meeresspiegel, der um ein Drittel höher sein wird als bislang prognostiziert. „Während sich die Ozeane erwärmen und Gletscher und Eisdecken schmelzen, wird der globale Meeresspiegel weiter steigen, schneller, als wir es in den letzten 40 Jahren erlebt haben“, sagte Qin Dahe, einer der Autoren des Berichts. Bereits 2008 hat der Präsident des pazifischen Inselstaates Kiribati bei Australien und Neuseeland offiziell um die Anerkennung seiner mehr als 100.000 BürgerInnen als permanente Flüchtlinge angesucht. Der Grund: Der steigende Meeresspiegel wird bis spätestens Ende dieses Jahrhunderts den Inselstaat überflutet haben. Zwei unbewohnte Inseln des Kiribati-Archipels sind bereits im Meer versunken.
Ein voranschreitendes Abschmelzen der Himalaja-Gletscher wiederum stellt für 1,3 Milliarden Menschen in Asien eine Bedrohung dar. Denn diese Gletscher speisen sieben der großen Flüsse Asiens mit Süßwasser und sind damit überlebenswichtig für die Menschen. Hier gilt es zwei Fragen zu beantworten: Wie geht man zunächst mit zu viel Wasser und in weiterer Folge mit zu wenig davon um?

Nachhaltige Entwicklungsziele

Im Jahr 2015 laufen die im Jahr 2000 beschlossenen Millennium Development Goals der Vereinten Nationen aus. Aufbauend auf diesen Entwicklungszielen arbeitet eine Arbeitsgruppe der UNO zurzeit an den Sustainable Development Goals (Nachhaltige Entwicklungsziele). Stand bei den Millenniums-Zielen die soziale Entwicklung im Mittelpunkt, so soll es nunmehr das Thema Nachhaltigkeit sein. Ein wesentlicher Punkt in der Ausgestaltung der Ziele ist die Wahrung von Menschenrechten. Um die Menschen mit den Zielen besser ansprechen zu können, sollen die neuen Ziele zudem eine starke regionale Dimension bekommen.
Zu den Nachhaltigkeitszielen gehören: Sicherung und nachhaltiges Management von Wasser, sanitären Einrichtungen und Abwassersystemen, Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels und seiner Auswirkungen, der Schutz der Ökosysteme, nachhaltige Nutzung der Forste, Wiederbelebung von unfruchtbarem Land und die Rettung der Artenvielfalt sowie die Sicherung von nachhaltigen Konsum- und Produktionsstrukturen. Insgesamt wurden 17 Ziele formuliert, die auf einem UN-Gipfel in New York kommenden September fixiert werden sollen.

Internet:
AK-Studie „Nachhaltiger Konsum und soziale Ungleichheit“:
tinyurl.com/nuybkcw

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