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Symbolbild zum Bericht: Die Zukunft wird von uns geschrieben Eine Kernaufgabe der Gewerkschaftsbewegung ist es, immer wieder konsequent die Verteilungsfrage zu stellen: Wer profitiert vom erwirtschafteten Reichtum und wie kann dieser Profit fair verteilt werden? Dies gilt auch in der digitalen Wirtschaft.

Die Zukunft wird von uns geschrieben

Schwerpunkt: Ein guter Grund

Von der Digitalisierung über die Pensions- und Bildungsreform bis hin zur Flüchtlings- und Migrationsfrage: Wir haben die wichtigen Themen am Radar!

Vor allem die letzten zwei Dekaden waren geprägt von großen technologischen und gesellschaftlichen Veränderungen. Mit dem Aufkommen der Informationstechnologie hat die rasante Digitalisierung der Wirtschaft und Arbeitswelt eingesetzt. Wir befinden uns inmitten dieses Umbruchs. Doch die Gewerkschaft ist eine Bewegung, die es seit Beginn an mit wandelnden gesellschaftlichen Bedingungen zu tun hatte beziehungsweise den Wandel mit gestaltet hat.

Konstruktiver Dialog

Die digitale Arbeitswelt hat bereits Einzug gehalten, wird uns aber in den nächsten Jahren noch massiv beschäftigen. ÖGB, Gewerkschaften und Arbeiterkammer beschäftigen sich schon intensiv mit den potenziellen Auswirkungen auf ArbeitnehmerInnen. Unter Einbindung von nationalen wie internationalen ExpertInnen aus den Bereichen Wissenschaft, Wirtschaft und Politik wollen wir ein gemeinsames Bild zeichnen, welche Folgen der technologische Wandel für ArbeitnehmerInnen hat.
Dabei suchen wir auch den konstruktiven Dialog mit den Sozialpartnern auf nationaler wie europäischer und internationaler Ebene. In diesem Zusammenhang ist insbesondere der jährlich stattfindende Sozialpartner-Dialog in Bad Ischl hervorzuheben, der sich im vergangenen Jahr dem Thema „Digitale Wirtschaft und Arbeitswelt“ widmete. Dieser Austausch der Sozialpartner mit internationalen ExpertInnen hilft, gemeinsame Sichtweisen und Strategien zu entwickeln.
Eine Kernaufgabe der Gewerkschaftsbewegung ist es, immer wieder konsequent die Verteilungsfrage zu stellen: Wer profitiert vom erwirtschafteten Reichtum und wie kann dieser Profit fair verteilt werden? Diese Frage wird sich in Zukunft noch dringlicher stellen und sicherlich zu intensiven politischen Auseinandersetzungen führen. Die Verteilungsdebatte betrifft aber nicht nur den gerechten Anteil am Produktivitätsfortschritt, sie beinhaltet auch eine Machtfrage: Wer wird die neuen Technologien besitzen und diese für welche Zwecke nützen?
Die Digitalisierung der Wirtschaft und Arbeitswelt unterscheidet sich in einem zentralen Punkt von vorherigen technologischen Entwicklungen: Die erhöhte Produktivität führt nicht zwangsweise zu mehr Beschäftigung. Es werden vermutlich verstärkt Arbeitsplätze im Dienstleistungssektor verschwinden. Roboter mit künstlicher Intelligenz, neue Generationen von Algorithmen und die unendlichen Möglichkeiten des Internets ersetzen die menschliche Arbeitskraft also nicht mehr nur in der Landwirtschaft und im industriellen Sektor. Das führt uns auch wieder zu Fragen der gerechten Verteilung von Arbeit(szeit).
Wir wollen als Gewerkschaft in Zeiten dieser großen Veränderungen jene Bewegung sein, die technologische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklungen frühzeitig erkennt und aktiv mitgestaltet. Ziel ist, die technologischen Entwicklungen zu nutzen – nicht zur Profitmaximierung, sondern für ein nachhaltiges Wirtschaftssystem, in dem sowohl auf Mensch wie Umwelt Rücksicht genommen und dementsprechend ressourcenschonend produziert und konsumiert wird.
Ein wesentliches Element ist der Erhalt und Ausbau der sozialen Sicherheit. Diese wurden bisher über die Besteuerung kollektivvertraglich geregelter Erwerbsarbeit finanziert. Wenn aber im Zuge der Digitalisierung der klassische Arbeitsvertrag an Bedeutung verlieren sollte, dann müssen wir für die neuen Arbeitsformen (z. B. Crowdworking) und Produktionsformen (z. B. Roboterisierung) alternative Regelungsmodelle entwickeln. Ebenso wird es notwendig sein, über andere Finanzierungsmodelle unserer sozialen Sicherheitsnetze nachzudenken. Und es braucht arbeitsrechtliche Regelungen für diese neuen Beschäftigungsarten, um der zunehmenden Prekarisierung von Erwerbsarbeit entgegenzuwirken.

Zukunft mitbestimmen

Ein weiteres wichtiges Feld wird in Zukunft auch die Frage der Mitbestimmung sein. ArbeitnehmerInnen können ihre Interessen nicht ohne ausreichende Partizipationsmöglichkeiten durchsetzen. Wo wir funktionierende Mitbestimmungsmechanismen haben, müssen wir diese weiter ausbauen. Aber neue Formen von Arbeit werden auch neue Partizipationsformen brauchen. Digitale Medien können dabei von Gewerkschaften kreativ für neue Mitbestimmungstools genutzt werden. Ein Beispiel dafür ist etwa die Organisierung von CrowdworkerInnen, die von der deutschen Gewerkschaft IG Metall gerade versuchsweise angegangen wird.
Mit Big Data müssen wir die Mitbestimmung über die Verwendung von Daten neu regeln. Die auf europäischer Ebene nun beschlossene Datenschutzverordnung ist schon ein erster Schritt in die richtige Richtung. Für Gewerkschaften entscheidend und leider auf europäischer Ebene zu kurz gekommen ist aber der Umgang mit personenbezogenen Daten von ArbeitnehmerInnen. Dabei ist vor allem entscheidend, welche Daten während der Arbeit aufgezeichnet und wie diese ausgewertet werden.

Schlüssel = Qualifikationen

Es wird davon ausgegangen, dass durch die Digitalisierung vor allem Routinearbeiten aller Art (manuelle und kognitive) von intelligenten Systemen übernommen werden können. Wir müssen uns jetzt schon darüber Gedanken machen, welche Fähigkeiten wichtig sind, um sich am Arbeitsmarkt der Zukunft zurechtzufinden. Die Frage wird sein, welcher Bildungsauftrag vor uns liegt und wie wir möglichst allen Menschen im Sinne der Chancengleichheit den Zugang zu Bildung gewährleisten können. Dabei darf die Bildungsfrage natürlich nicht auf Fragen des Schulwesens beschränkt bleiben. Auch der dualen Ausbildung und jeglicher Form der lebensbegleitenden Aus- und Weiterbildung wird eine große Bedeutung zukommen.
Der demografische Wandel ist gewissermaßen bereits ein „alter Hut“. Die Gewerkschaften und Sozialpartner befassen sich mit diesem Thema schon viele Jahre. Für den ÖGB ist zentral, dass wir auch in Zukunft älteren Menschen eine finanzielle Sicherheit bieten können. Wir sehen dies im umlagebasierten und solidarischen Pensionssystem gesichert, solange Menschen eine ordentliche Beschäftigung auf Basis eines gut bezahlten Arbeitsvertrags oder selbstständiger Arbeit haben. Sollte im Zuge der Digitalisierung diese solide Basis wanken, müssen auch andere Quellen der Finanzierung angedacht werden (siehe oben). Das Ziel bleibt: Die Pensionsleistung muss stimmen (lebensstandardsicherndes, leistungsorientiertes System) und darf sich nicht nur an den eingezahlten Beiträgen orientieren (beitragsorientiertes System). Denn die „Verliererin“ eines rein beitragsorientierten Systems wäre die junge Generation. Sie wäre massiv von Altersarmut betroffen. Ob und wie wir Pensionen finanzieren, ist in erster Linie eine gesellschaftspolitische Entscheidung. Dasselbe gilt für den zu erwartenden, steigenden Bedarf im Pflegebereich – auch hier werden wir nachhaltige, politische Lösungen brauchen.

Zuwanderung gestalten

Zu- und Abwanderung gehören ebenfalls zur demografischen Entwicklung. Österreich war schon immer ein Zuwanderungsland und wird es in den nächsten Jahren auch bleiben – sei es im Zuge der ArbeitnehmerInnenfreizügigkeit innerhalb der EU, sei es über die aktuelle Flüchtlingsbewegung, sei es über reguläre Zuwanderung aus Drittstaaten. Doch Zuwanderung in einem Land bedeutet Abwanderung in einem anderen Land. Migration ist ein globales Phänomen und bedarf internationaler Lösungen.
Zur aktuellen Flüchtlingsbewegung hat der ÖGB-Bundesvorstand in seiner Resolution vom 29. Oktober 2015 eine eindeutige Position bezogen. Asyl ist ein unteilbares Menschenrecht. Wir brauchen aber europäische Lösungen, um rasche und faire Asylverfahren zu gewähren, eine faire Verteilung der Flüchtlinge in der EU sicherzustellen und eine gute Integration zustande zu bringen. In Österreich müssen wir dafür sorgen, dass AsylwerberInnen menschenwürdig versorgt und untergebracht werden. Gleichzeitig brauchen wir flächendeckende Deutschkurse, rasche Anerkennungsverfahren der Qualifikationen und rasche Asylverfahren.
Digitalisierung der Wirtschaft und Arbeitswelt, demografischer Wandel und Migration: Egal um welches Zukunftsthema es sich handelt, die Gewerkschaft ist dafür da, den gesellschaftlichen Wandel mitzugestalten. Damit müssen wir jetzt beginnen, indem wir die entscheidenden Fragen stellen und gemeinsam Lösungen entwickeln. Für eine gerechte Verteilung des Wohlstands, gleiche Chancen für alle, soziale Sicherheit und demokratische Strukturen, die allen Menschen Mitbestimmung ermöglichen.

Schreiben Sie Ihre Meinung an die AutorInnen karin.zimmermann@oegb.at, Jakob.Luger@oegb.at oder die Redaktion aw@oegb.at

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