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Plakat aus den 1880er-Jahren, als fast alle ArbeiterInnenvereine verboten waren, und es zu spontanen Streiks kam. Im Jahr 1885 etwa wehrten sich TextilarbeiterInnen in Brünn/Bruno gegen brutale Arbeitsbedingungen. Sie wurden von illegal weiter aktiven "Agitatoren" unterstützt.

Historie: Agitatoren und Agitatorinnen

Abgesandte der frühen ArbeiterInnenorganisationen reisten durch die Lande, um die ArbeiterInnen für das Einfordern ihrer Rechte zu gewinnen.

Sie hungerten und froren mit ihren „Zielgruppen“, sie mussten ständig mit Verhaftung rechnen. Sie, das waren die Männer und Frauen, die als AktivistInnen der frühen ArbeiterInnenbewegung durch die Länder der Habsburgermonarchie reisten, um die ArbeiterInnen für die Sache des Sozialismus und den Kampf für ihre Gleichberechtigung zu gewinnen und um sie bei Streiks zu unterstützen.

Josef Hannich, ein sozialdemokratischer Reichsratsabgeordneter aus Böhmen, zeichnete das „Profil“ eines solchen Agitators am Beispiel des 1840 geborenen Josef Krosch: Dieser Tuchmachergeselle … sprach klar, kurz und feurig … Er war groß von Wuchs und hatte überhaupt ein sehr einnehmendes Äußeres. Rücksichten kannte er im Kampfe um die Interessen der Arbeiterschaft keine, und er nahm auch keinerlei Rücksicht, weder auf sich noch auf Andere. Dass er, als die Bewegung ernst wurde, aus der Arbeit entlassen wurde, ist schon erwähnt worden ... Überdies ging es mit seinem Kehlkopf- und Lungenleiden … rasch bergab. Er hätte sich schonen mögen und sollen, doch er tat es nicht. Er hatte sich dem harten Kampfe für die Erlösung der Arbeiterschaft … gewidmet und er hat in diesem Kampfe ausgehalten!

Die sozialdemokratische Frauenorganisatorin Adelheid Popp ordnete den aus ihrem Arbeiterinnen-Bildungsverein hervorgegangenen Agitatorinnen ganz ähnliche Eigenschaften zu:
Die wichtigste Voraussetzung für die Tätigkeit der Partei in den Anfangsjahren war ein heißes Herz für die Leiden der anderen und ein halbwegs klarer Kopf, um die Umwelt beurteilen zu können.
Diese Aktivistinnen kamen alle selbst aus der Arbeiterschaft. Sie sprachen die Sprache ihrer ZuhörerInnen auf Marktplätzen und in Versammlungslokalen, aber sie redeten ihnen im Gegensatz zu den PopulistInnen des 21. Jahrhunderts nicht nach dem Mund. Ganz im Gegenteil, ihnen ging es darum, dass die ArbeiterInnen die Mechanismen zu durchschauen lernten, die sie zu Menschen zweiter Klasse degradierten, um sich gegen sie auflehnen zu können.
Im Interesse ihrer Aufklärungstätigkeit bildeten sie, die im besten Fall acht Klassen Volksschule besucht hatten, sich im Selbststudium laufend weiter. Über den Agitator Krosch schrieb Josef Hannich, er hatte sich eine literarische Bildung und politische Schulung angeeignet, um die ihn mancher Bourgeois, dem die Tore der Mittel- und Hochschule offen waren, beneidet hätte.

Und Adelheid Popp betonte die Bedeutung der ersten ArbeiterInnenbüchereien:  wertvoll war für die Redner die Bibliothek des Arbeiter-Bildungsvereines in Gumpendorf. Auch der Arbeiterinnen-Bildungsverein richtete sich eine Bücherei ein mit den wichtigsten Broschüren, die für die Agitation notwendig waren.
Einsatzbereitschaft und Fähigkeiten waren also reichlich vorhanden, nicht aber finanzielle Mittel. Anna Boschek, die Vertreterin der Frauen in der Gewerkschaftskommission, musste es zum Beispiel auf sich nehmen, vier Wochen lang ununterbrochen Versammlungen abzuhalten, um die Spesen, die entstanden, für die einzelnen Gebiete zu verringern.

Ausgewählt und kommentiert von Brigitte Pellar 
brigitte.pellar@aon.at

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